Nach seinen bislang nicht durch Beweise untermauerten Betrugsvorwürfen gegen Hans Niemann schlägt Superstar Magnus Carlsen in der Schach-Szene auch Kritik entgegen.
"Vielleicht sollte Magnus Carlsen zurücktreten und in einer FIDE-Kommission gegen Betrug arbeiten. Ich bin gespannt, gegen welche Spieler er als nächstes vorgeht, weil sie ja betrügen könnten", schrieb der US-amerikanische Großmeister Ben Finegold auf Twitter. "Ich hätte niemals gedacht, dass der Tag kommt, an dem sich der Weltmeister als ein weinerliches Baby herausstellt. Ihm ist der Erfolg zu Kopf gestiegen."
Carlsen hatte am Montag in einem Twitter-Post erstmals konkrete Betrugsvorwürfe gegen Niemann geäußert.
"Ich glaube, dass Niemann mehr - auch in letzter Zeit - betrogen hat, als er öffentlich zugegeben hat", schrieb der Norweger. Die Fortschritte des 19 Jahre alten US-Amerikaners seien "ungewöhnlich".
Keine Beweise für Betrugsvorwürfe
Bei einem der letzten Duelle habe er den Eindruck gehabt, Niemann sei "nicht angespannt und noch nicht einmal voll konzentriert auf das Spiel in kritischen Positionen" gewesen, "während er mich mit Schwarz auf eine Weise ausspielte, wie es meiner Meinung nach nur eine Handvoll Spieler können".
Beweise für seine schweren Anschuldigungen legte Carlsen, der die Vorwürfe gegen Niemann zuvor mehrfach angedeutet und eine Partie gegen ihn beim Julius Bär Generation Cup nach wenigen Sekunden kommentarlos aufgegeben hatte, bis heute aber nicht vor.
Verhalten von Schach-Superstar Magnus Carlsen "idiotisch"
Das monierte auch der dänische Großmeister Sune Berg Hansen. Carlsens Umgang mit der Angelegenheit sei "idiotisch", er habe "nicht den geringsten Respekt" gegenüber Niemann gezeigt, so der Schach-Experte gegenüber "B.T.".
Hansen ergänzte, Carlsen sei zwar "überzeugt davon, dass Hans ein Betrüger ist, weiß aber nicht genau, ob er ihn betrogen hat. Und er hat natürlich ein bisschen Angst vor den rechtlichen Auswirkungen, die das Ganze haben kann." Insgesamt sei das Verhalten des Superstars "nicht in Ordnung".
Die Schach-Szene werde Carlsen aber vergeben, "weil er der beste Spieler der Welt ist", sagte Hansen. "Auf lange Sicht wird es für ihn kein Problem sein, dass er mit diesem Thema so schlecht umgegangen ist."
Kritik auch vom Weltschachverband FIDE
Auch der Weltverband FIDE war schon vor Carlsens jüngstem Statement auf Konfrontationskurs mit dem 31-Jährigen gegangen.
"Wir glauben stark daran, dass der Weltmeister eine moralische Verantwortung trägt, weil er als weltweiter Botschafter betrachtet wird", teilte die FIDE mit.
Man sei "fest davon überzeugt, dass es bessere Wege gegeben hätte, mit dieser Situation umzugehen".

