Champions-League-Anwärter gegen Aufsteiger, Tabellenfünfter gegen -zwölfter, Millionen-Kader gegen Team der Nobodys: Die Vorzeichen vor dem 99. Revierderby in der Bundesliga zwischen Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 sind eigentlich klar.
Eigentlich. Denn bei genauerer Betrachtung spricht längst nicht alles für den großen Favoriten BVB. Fünf Gründe, warum Schalke in Dortmund gewinnt:
Rückenwind vs. müde Beine
Für Schalke 04 geht es in die zweite Derby-Runde. Am letzten Samstag gewannen die Knappen im "kleinen" Revierderby mit 3:1 gegen den VfL Bochum. Es war überhaupt erst der erste Saisonsieg für Königsblau. Der emotionale Erfolg gibt Rückenwind für das bislang wichtigste Match der Spielzeit.
Schalke habe sich ein Jahr lang verdient, wieder ein Derby spielen zu können, erklärte Trainer Frank Kramer im Vorfeld des BVB-Duells. Die Mannschaft werde den Rasen mit einem "Glücksgefühl" betreten.
Auswärts zeigten die Königsblauen in dieser Saison gute Leistungen. Gegen den VfB Stuttgart und den VfL Wolfsburg holte Schalke zwei Unentschieden, war dem Sieg aber jeweils näher als die Gastgeber.
Auf der anderen Seite steht der BVB gegen den Erzrivalen sicherlich mit schweren Beinen auf dem Platz. Am Dienstag unterlagen die Dortmunder in einem kräftezehrenden Champions-League-Spiel mit 1:2 bei Manchester City.
Die Schwarz-Gelben brachen in den letzten zehn Minuten ein. Die Engländer in Person von Erling Haaland nutzten das eiskalt.
Es war nicht das erste Mal in dieser Saison, dass Dortmund einen Sieg in den Schlussminuten aus der Hand gab. Am dritten Bundesliga-Spieltag verspielte der BVB in der Schlussphase eine 2:0-Führung gegen Werder Bremen und verlor noch 2:3.
Der BVB-Schreck
In der Phase, in der beim BVB die Kräfte schwinden, betritt Sebastian Polter für Schalke im Regelfall den Platz. Der Angreifer, der im Sommer vom VfL Bochum nach Gelsenkirchen wechselte, kommt derzeit nicht über den Status des Jokers hinaus.
Eine beeindruckende Polter-Statistik sollte die Schwarz-Gelben allerdings warnen: In seinen letzten drei Spielen gegen den BVB erzielte der 31-Jährige vier Tore.
In beiden Aufeinandertreffen zwischen Bochum und Dortmund in der letzten Saison traf Polter zur VfL-Führung, der BVB gewann keines der beiden Spiele.

Vor knapp vier Jahren brachte der damalige Zweitligist Union Berlin den BVB an den Rand einer blamablen Zweitrunden-Niederlage im DFB-Pokal. Polter war damals per Doppelpack erfolgreich. Erst ein Elfmeter von Marco Reus in der Verlängerung rettete die Dortmunder.
Im Revierderby agiert Polter neben Platzhirsch Simon Terodde womöglich als zweite Sturmspitze - und könnte erneut zum BVB-Schreck avancieren.
Torwart-Problem beim BVB
Gregor Kobel ist Dortmunds sicherer Rückhalt. In vier seiner sechs Einsätze behielt der Schweizer seine Weiße Weste. Doch ein Muskelfaserriss stoppt den 24-Jährigen aktuell. Er fehlt mindestens bis Anfang Oktober.
Ersatzmann Alexander Meyer feierte beim 3:0-Erfolg gegen den FC Kopenhagen zwar ein gelungenes Debüt im BVB-Dress. Doch in den beiden folgenden Spielen kassierte der aus Regensburg gekommene Keeper insgesamt fünf Gegentore.
Gerade beim Fernschuss-Treffer von ManCity-Verteidiger John Stones war die Nummer zwei des BVB nicht von jeder Schuld freizusprechen.
Bei seinen drei Einsätzen wehrte Meyer genau 50 Prozent aller Schüsse ab, die auf seinen Kasten kamen. Der Bundesliga-Bestwert liegt bei fast 88 Prozent von Yann Sommer. Selbst Schalkes Keeper Alexander Schwolow, der längst nicht immer sattelfest wirkt, kommt auf eine Quote von 65 Prozent.
Meyer ist trotz allem kein schlechter Keeper, im Vergleich zu Kobel offenbart er aber eine Schwachstelle in der BVB-Mannschaft. Schalke dürfte die Chance wittern.
Die Mentalität
... schlage "immer" die Qualität, so lautet die Formel von Dietmar Hamann vor dem Revierderby.
Der "Sky"-Experte wollte dem BVB zwar damit die Mentalität in keinem Fall absprechen. Es fehle in den entscheidenden Situationen aber schlicht die nötige Konsequenz und Konzentration bei den Dortmundern - ein weiterer Punkt, der für Schalke sprechen könnte.
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Dass im S04-Kader lediglich die beiden Ersatzkeeper Ralf Fährmann und Michael Langer über Derby-Erfahrung verfügen, kann für die Gäste im Signal Iduna Park ein Nachteil sein. Es könnte aber auch einen positiv-unbedarften Effekt haben.
Das besondere Spiel werde "nicht mit Routine" angegangen, erklärte Frank Kramer vorab. Die neu zusammengestellte Schalker Mannschaft sei "neugierig" und voller "positiver Emotionen".
Der Schiedsrichter
Im Optimalfall entscheidet zwar nicht der Schiedsrichter die Partie. Die Ansetzung des Gespanns für das Revierderby darf den Knappen dennoch etwas Mut machen.
Dr. Felix Brych wird die Partie zwischen Dortmund und Schalke leiten. Der erfahrene FIFA-Schiedsrichter pfiff bislang 321 Partien im deutschen Oberhaus, darunter auch vier Derbys.
Der positive Aspekt aus königsblauer Sicht: Die letzten beiden BVB-Duelle unter Brychs Leitung gingen nicht verloren. Schalke trotzte dem großen Rivalen jeweils ein 0:0 ab.
Tom Kühner





























