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Emotionales Brandt-Bekenntnis: "Ich liebe diese Truppe"

Julian Brandt freut sich auf die neue Saison beim BVB
Julian Brandt freut sich auf die neue Saison beim BVB
Foto: © IMAGO/Revierfoto
21. Juli 2022, 11:05

Julian Brandt galt beim BVB schon als möglicher Streichkandidat, wies zuletzt aber derartige Gerüchte vehement zurück. Im Interview mit dem "SID" legte der Mittelfeldspieler nun nach und betonte seine Vorfreude auf die neue Saison.

Julian Brandt, Sie werden auch Jule genannt. Wie gefällt Ihnen Jule Brand - ohne t?

Julian Brandt: "Sie meinen unsere Fußball-Nationalspielerin? Viele aus meinem Umkreis fragen mich schon im Scherz, seit wann ich in der Frauen-Nationalmannschaft spiele. Im Ernst: Sie scheint es richtig gut zu machen."

Verfolgen Sie die EM?

"Nein. Das hat aber überhaupt nichts mit der Frauen-Nationalmannschaft zu tun. Ich verfolge generell sehr wenig Fußball in meiner Freizeit. In meinem Leben dreht sich auch so schon genug um dieses Thema."

Werden wir denn Jule Brandt - mit t - bei der WM in Katar sehen?

"Das müssen Sie den Bundestrainer fragen. Es sind noch ein paar Monate bis zur WM, da kann viel passieren. Aber ich bin froh, dass ich mich in den vergangenen sechs bis zwölf Monaten wieder an das Team herangearbeitet habe. Ich bin optimistisch."

Beim Nations-League-Viererpack hatten Sie einen Kurzeinsatz gegen Ungarn. Ist das zu wenig für Ihre Ansprüche - und für einen Platz im WM-Kader?

"Für jeden Spieler, der nicht viel spielt, ist das zu wenig. Wir sind alle ehrgeizig, jeder hat Bock, auf seine Minuten zu kommen. Die Lösung besteht aus Geduld und Hartnäckigkeit. Es ist nicht so einfach, weil wir sensationelle Spieler im Kader haben. Aber ich kämpfe um meinen Platz."

Ihre vergangene BVB-Saison war ordentlich. Würden Sie zustimmen?

"Das kann man schon so nennen - denke ich."

Dennoch wurde berichtet, Ihnen sei ein Wechsel nahegelegt worden. Edin Terzic plane mit Ihnen nicht in tragender Rolle. Stimmt das?

"Ich habe von der Geschichte natürlich gehört. Aber nicht alles, was man hört, stimmt auch. Mit mir hat über solche Themen definitiv niemand gesprochen. Und der Klub hat diese Meldung ja auch deutlich dementiert. Ich habe ein super Gefühl beim Verein, ich liebe diese Truppe über alles."

Wenn Sie auf Ihre BVB-Zeit blicken: Hatten Sie sich mehr erhofft?

"Eines der drei Jahre war zugegeben sehr schlecht. Das habe ich mir selbst zuzuschreiben, da habe ich eine Menge gelernt. Das war genau in dem ersten Coronajahr, das für viele Menschen ziemlich daneben war. Mein erstes BVB-Jahr war in Ordnung, die vergangene Saison war einen Tick besser. Aber ich erwarte von mir natürlich noch mehr."

Wie würden Sie die Formulierung 'sehr schlecht' auflösen?

"Ich muss gestehen: Mich hat das Jahr richtig mitgenommen. Es war für mich total schwierig, in leeren Stadien zu spielen, in denen man jede Stimme hört. Das hat keinen Spaß gemacht, das hat mich in meiner Art, Fußball zu spielen, sehr belastet und mir ein Stück weit jene Emotionen genommen, die ich für mein Spiel benötige. Erst in der vergangenen Saison habe ich wieder zu meinem Selbstverständnis gefunden."

Glauben Sie, Sie sind ein Edin-Terzic-Typ?

"Was ist denn ein Edin-Terzic-Typ? Ich glaube: Edin achtet momentan sehr darauf, wer Vollgas gibt und in einer Top-Verfassung ist und wer nicht. Meine einzige Aufgabe besteht darin, die Erwartungen an mich zu erfüllen. Ich glaube nicht, dass der Trainer sich schon vor einem Monat im stillen Kämmerlein seine Startelf gebastelt hat."

Der BVB wurde sehr für seine Zugänge gelobt. Da kam Euphorie auf. Dann aber kamen die Bayern mit Sadio Mane und Mathijs de Ligt raus. Haben Sie mal kurz geschluckt?

"Ich glaube, dass die Neuen uns extrem weiterhelfen. Alle Jungs sind wirklich top, von Sebastien Haller war ich letztes Jahr schon ein kleiner Fan. Nun haben wir durch seine Erkrankung natürlich eine Situation, in der der Fußball nebensächlich ist. Die Neuzugänge anderer Vereine sind mir nicht wichtig."

Sind Sie bereit für den Titelkampf?

"Jeder Deutsche wünscht sich einen Titelkampf bis zum 34. Spieltag, das merkt man seit Jahren. Wenn der BVB dann in den ersten Wochen solche Transfers raushaut, kommt die Presse, kommt bei den Fans diese elektrisierende Euphorie. Aber wir behalten Bodenhaftung. Über die Rollen kann man frühestens reden, wenn die ersten Spieltage gelaufen sind."

Zurück zu Katar. Welche Informationen haben Sie vom Deutschen Fußball-Bund über die Missstände bekommen? Fühlen Sie sich ausreichend informiert?

"Wir hatten Veranstaltungen mit verschiedenen Experten, in denen es beispielsweise um den Umgang mit Homosexualität in Katar ging, aber auch um die Arbeiter vor Ort, um die Menschen generell. Ich fühle mich sehr gut informiert vom DFB. Der DFB wird vor Ort in einen Dialog eintreten und sich für Fortschritte einsetzen. Ich weiß nicht, ob die Chance auf Verbesserungen größer wäre, wenn man den Dialog verweigert. Dann würden nur noch ziemlich wenige Demokratien auf der Welt miteinander sprechen..."

Gibt es einen Leitfaden oder eine Argumentationshilfe?

"Es ist nicht ganz einfach. Egal, auf welches Thema du als Spieler eingehst - du wirst sowieso kritisiert. Manche Menschen sagen, die Mannschaft sollte gar nicht hinfahren. Aber ich glaube nicht, dass der DFB das vorhat. Und für uns Sportler ist so eine WM natürlich ein Lebenstraum. Wir können uns also auch nur immer wieder mit diesen Dingen beschäftigen und unsere Meinung beisteuern."

Deswegen die Frage, ob Sie sich aus einem Argumentationsbaukasten bedienen können, ob es Hilfestellung gibt

"Ich brauche keinen Baukasten, den mir jemand zur Verfügung stellt. Ich habe meine eigenen Überzeugungen. Manche Regeln, wie es sie in diesem Land gibt, gibt es in meiner Welt nicht. Grundsätzlich gilt für mich: Ich habe kein Problem mit sexuellen Orientierungen anderer Menschen. Ich bewerte Menschen weder nach ihrer Hautfarbe noch nach ihrer Religion. Für mich sind wir alle gleich, ich lebe das so vor."

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