Die Geschichte der Tour de France ist geprägt von großen Duellen. Tadej Pogacar und Jonas Vingegaard machen in diesem Jahr Hoffnung auf das nächste.
Armstrong gegen Ullrich, LeMond gegen Fignon, Anquetil gegen Poulidor - die 119-jährige Geschichte der Tour de France ist geprägt von großen Duellen. Auch wenn einige der genannten in einer unrühmlichen Ära des Radsports ausgetragen wurden, faszinieren sie bis heute. Im Jahr 2022 läuft es auf ein neues Duell hinaus: Pogacar gegen Vingegaard.
"Er ist der vielleicht beste Kletterer im Feld", sagt Tadej Pogacar über seinen wohl größten Konkurrenten in den kommenden knapp zwei Tour-Wochen. Auch wenn der Mann im Gelben Trikot in diesen Tagen einen auffällig entspannten Eindruck hinterlässt: Der Respekt vor Jonas Vingegaard ist groß.
In der ersten Tourwoche hatte der Däne dem Titelverteidiger immer wieder Paroli geboten. "Meine Beine sind sehr gut, ich bin in Topform", sagte Vingegaard. Während andere Favoriten wie Primoz Roglic oder Geraint Thomas bereits zurückfielen, klemmte sich der 25-Jährige meistens an Pogacars Hinterrad, verlor insgesamt nur wenig Zeit: "Es ist nicht viel. Da reicht ein schlechter Tag."
Und Vingegaard hat gegenüber Pogacar einen vielleicht entscheidenden Vorteil im Kampf ums Gelbe Trikot. Sein Team Jumbo-Visma um Super-Allrounder Wout van Aert, starke Bergfahrer wie Sepp Kuss und Steven Kruijswijk sowie Roglic sind Pogacars UAE Team Emirates, das zudem zwei coronabedingte Ausfälle zu verkraften hat, weit überlegen. "Ich habe die besten Helfer der Welt", schwärmt Vingegaard.
"Bei der Tour de France kann alles passieren"
Ob das reicht, um dem bislang so unantastbar wirkenden Pogacar wirklich gefährlich zu werden, wird sich erstmals auf den schweren Alpenetappen zeigen. Am Mittwoch und Donnerstag stehen bei angekündigter großer Hitze insgesamt fünf Bergwertungen der höchsten Kategorie auf dem Programm - darunter die legendären Anstiege auf den Col du Galibier und nach Alpe d'Huez.
Pogacar könnte an diesen Tagen trotz seines zarten Alters von 23 Jahren von seiner Erfahrung profitieren. 2020 war der Slowene Teil des bislang letzten großen Tour-Duells, als Landsmann Roglic lange wie der sichere Sieger aussah, ehe Pogacars Stern endgültig aufging: Beim abschließenden Zeitfahren hinauf auf die Planche des Belles Filles nahm er seinem Widersacher fast zwei Minuten und das Gelbe Trikot ab - einen Tag vor der Champagner-Fahrt nach Paris.
Ein Jahr später feierte das Radsport-Wunderkind dann seinen zweiten Tour-Sieg, als ihm - bis auf seine Helfer - niemand das Wasser reichen konnte. Vingegaard hatte damals als Zweiter über fünf Minuten Rückstand auf den Sieger, scheint in diesem Jahr aber deutlich näher dran zu sein.
"Bei der Tour de France kann alles passieren, und auf den langen Bergen bin ich noch stärker", sagte Vingegaard angriffslustig. Die zahlreichen Fans in den Alpen dürften sich über solche Aussagen freuen - sie sind bereit für das nächste große Tour-Duell.
