Nach den schockierenden Bildern von den Olympischen Spielen in Tokio steht dem Modernen Fünfkampf eine Revolution ins Haus. Statt Reiten will der Weltverband UIPM künftig auf einen Hindernislauf setzen. Doch innerhalb der Szene regt sich schon jetzt großer Widerstand.
In dieser Woche kündigte der Fünfkampf-Weltverband UIPM mit einem gewissen Stolz einen ersten Testlauf für den "neuen Fünfkampf" an. Stattfinden soll dieser am 27. und 28. Juni in Ankara. Dort wird Reiten erstmals durch einen Hindernislauf ersetzt, der an den Parcours aus der "RTL"-Sendung "Ninja Warriors" erinnert. Der Fünfkampf-Parcours wird 100 Meter lang und beinhaltet zehn verschiedene Hindernisse.
Der Verband verspricht in seiner Ankündigung "weniger Kosten und Komplexität" und ist überzeugt, der Sport werde durch die Änderung "noch aufregender und global zugänglicher".
60 verschiedene Vorschläge waren für eine Ersatz-Sportart beim Weltverband eingegangen, der Hinderniskurs erhielt letztlich den Zuschlag. So zumindest stellt es der Verband dar. Sollte das Test-Event großen Anklang finden und gut angenommen werden, könnte die UIPM-Spitze die offizielle Einführung nach den Olympischen Spielen in Paris 2024 endgültig beschließen.
Ohne Nebengeräusche läuft die geplante Revolution aber schon jetzt nicht ab, denn der Weltverband sieht sich schweren Vorwürfen ausgesetzt
"Dieser Vorfall hat unserem Sport leider extrem geschadet"
"Wenn solche Änderungen beschlossen werden, ist es angemessen, dass Verbände, Aktive und Trainer in den Prozess eingebunden sind. Aber sie [der Verband] haben einfach über alle hinweggesehen und bei einem Vorstandstreffern entschieden, das Reiten zu streichen", warf der schwedische Verbandsboss Bengt Jönsson der UIPM einen Alleingang vor. Diverse Verbände haben beim internationalen Sportgerichtshof bereits Beschwerde gegen die Änderung eingelegt.
Dass die Vorfälle in Tokio, wo der Deutschen Annika Schleu im Umgang mit ihrem Pferd Tierquälerei vorgeworfen wurde, für die geplante Revolution verantwortlich sind, liegt auf der Hand. Der schwedische Sportdirektor Svante Rasmuson hätte sich aber, wie viele andere in der Fünfkampf-Szene auch, eine andere Lösung gewünscht.
"Dieser Vorfall hat unserem Sport leider extrem geschadet. [...] In diesem Jahr haben wir neue Regeln, nach denen ein Kampfrichter einen Ritt canceln kann, wann immer die Paarung nicht zusammenpasst. Wenn wir das in Tokio gehabt hätten, wäre das alles nicht passiert", sagte Rasmuson gegenüber "Aftonbladet".
Im Modernen Fünfkampf bekommen die Athletinnen und Athleten ein Pferd zugelost. In Tokio wurde Annika Schleu dieses Glücksspiel zum Verhängnis, da das Pferd bockte und von der Deutschen nicht unter Kontrolle zu bringen war. Später wurde ein Video veröffentlicht, das zeigt, wie Schleus Trainerin die Reiterin animierte, das Pferd zu schlagen, um es gefügig zu machen.
"Alles deutet auf Betrug hin!"
Dass der Weltverband nun so reagierte und auch aufgrund des großen öffentlichen Drucks im Alleingang eine Revolution beschloss, ärgert Rasmuson. "Alles deutet darauf hin, dass es Betrug ist! Das ist alles eine Scharade."
Hat es wie vom Verband behauptet 60 verschiedene Vorschläge gegeben? "Nein, absolut nicht. Nichts stützt diese Aussage. Alle noch lebenden Medaillengewinner haben Protestbriefe geschrieben. Es gibt einen vereinten Widerstand", erklärte der Schwede, der sich sicher ist, dass das Event in Ankara von den Sportlerinnen und Sportlern boykottiert wird: "Ich habe große Zweifel, dass überhaupt jemand dorthin geht. Wir müssen dieses Elend stoppen!"
