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Ninja Warrior Germany: Der lange Weg zum ersten Sieg

René Casselly: "Ich wollte immer der Allererste sein"

René Casselly im Moment des Triumphs: Er wird erster Ninja Warrior Germany
René Casselly im Moment des Triumphs: Er wird erster Ninja Warrior Germany
Foto: © RTL/Markus Hertrich
19. Dezember 2021, 18:25
sport.de
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Nach sechs Staffeln hat Deutschland seinen ersten Ninja Warrior: René Casselly hat in seinem fünften Anlauf den Titel geholt, für den er jahrelang im eigenen Parcours trainiert hat. In einem dramatischen Finale ließ er nicht nur sämtliche Stages, sondern am Mount Midoriyama auch Moritz Hans hinter sich.

Im exklusiven sport.de-Interview blickt der 25-Jährige auf seinen langen Weg zum Mount und erklärt, warum er sich dafür ein Schweißgerät kaufen musste und inwiefern ihm seine Karriere als Zirkus-Artist geholfen hat. Außerdem verrät der erste Ninja Warrior Germany, wofür er das Preisgeld braucht und ob er nach dem großen Erfolg ein Motivationsproblem hat.

René, beschreib uns mal bitte den Moment, in dem du dein großes Ziel erreicht hast!

René Casselly: Als ich am Mount auf den Buzzer gehauen habe, wusste ich erst gar nicht, ob ich gewonnen habe. Ich durfte Moritz ja nicht sehen und wusste nicht mal, ob er es geschafft hat. Also habe ich nur auf die Reaktion der Anderen unten geschaut. Da gingen die Daumen hoch, aber ich konnte es erst gar nicht fassen. Als unten Laura und Buschi direkt auf mich zukamen, habe ich es langsam gecheckt, dass ich es wirklich als Erster geschafft habe. Ich habe es ja schon seit fünf Jahren probiert, so lange habe ich es mir vorgenommen und bin immer wieder knapp vorm Ziel gescheitert. Jetzt ist das Gefühl, es geschafft zu haben, natürlich umso schöner.

In Stage 2 hattest du einen Wackler am Drachenrücken. Hast du kurz befürchtet, dass du wieder kurz vor dem Mount scheitern könntest?

Mir war klar, dass ich nicht wegen der Kraft scheitere, sondern nur, wenn ich einen blöden Fehler mache. Beim Drachenrücken habe ich mich verhakt und kam nicht direkt wieder hoch. Aber da hat mir die Erfahrung geholfen. Ich habe mir gesagt: einfach ruhig bleiben und konzentriert weiter machen, die Zeit ist da. Wenn man die Erfahrung nicht hat, wird man vielleicht hektisch. Dann verhaspelt man sich und das war’s dann.

Du hattest keine Sorge, dass dein Traum wieder kurz vorm Ziel platzen könnte?

Ich glaube, wenn man in dem Moment die Angst spürt, dass man runterfallen könnte, ist es eigentlich schon vorbei. Man muss es einfach durchziehen und nicht dran denken, dass es schiefgehen könnte! Mir war klar, dass ich dieses Jahr das Zeug habe, das Ding zu gewinnen. Ich wusste aber auch, dass das auch für andere gilt und ein Anderer den Titel holen wird, wenn ich in Stage 2 oder 3 ins Wasser falle. Deswegen bin ich nicht so viel Risiko eingegangen – ich wollte ja nicht in einem Jahr der Nächste sein, der den Titel holt, sondern der Erste. Ich wollte immer der Allererste sein.

Was hast du gedacht, als du erfahren hast, dass du nicht allein am Mount Midoriyama stehen wirst?

Ich war heiß darauf, an den Mount zu gehen. Es war ein guter Tag und ich wollte es so schnell wie möglich hinter mich bringen. Ich wusste, dass sich wohl niemand so gut auf den Mount vorbereitet hat wie ich. Als ich erfahren habe, dass es Moritz ist, wusste ich, er kann es packen, aber eigentlich bin ich schneller. Er hat nicht so viel Seil trainiert wie zum Beispiel Sladi Djulabic oder Alex Wurm. Die hätten meine Zeit vielleicht noch mal getoppt. Es war geil für die Show, dass zwei am Mount waren und auch, dass der Erste es schafft und der Zweite noch ein bisschen schneller war. Besser geht’s nicht. Aber für mich wäre es natürlich entspannter gewesen, wenn ich der Einzige gewesen wäre.

Das Seil bist du im Training schon unzählige Male hochgegangen. Hast du daran gezweifelt, dass du das nach dem Drehtag noch schaffst?

Mir war klar, dass ich das in der vorgegebenen Zeit schaffe. Mein Mount zuhause ist einen Meter höher und meine Topzeit war 23,3 Sekunden. Als ich die ersten Züge gemacht habe, habe ich mich gefühlt wie im Training. Ich habe die anderen Athleten zwar wahrgenommen, die unten geschrien haben. Aber gleichzeitig war ich im Tunnel und mein einziger Gedanke war: "Mach es einfach genauso wie immer!" Es war perfekt, auf diesen Moment habe ich mich vorbereitet.

Weißt du, wie Moritz das weggesteckt hat?

Wir verstehen uns sehr gut und haben auch schon gemeinsam trainiert. Ich habe ihm direkt nach der Aufzeichnung gesagt: "Sorry, ich hätte es dir auch gegönnt!" Aber er meinte, dass ich mich nicht entschuldigen muss. Das sind halt die Regeln. Aber natürlich ist das sehr, sehr bitter für ihn, dass er eigentlich schon die 300.000 Euro in der Tasche hatte und dann nur noch hoffen konnte, dass ich es nicht schaffe.

Hattest du selbst die 300.000 Euro im Kopf oder ging es dir nie darum?

Die meisten Athleten sagen wahrscheinlich, dass das Geld keine Rolle spielt. Natürlich willst du den Titel holen. Aber natürlich ist das Geld immer im Hinterkopf, für mich spielt es eine wichtige Rolle. Ich habe gerade erst einen Tierpark eröffnet und das ist wegen Corona gerade eine schlechte Zeit. Wir haben wenig Einnahmen. Ich wollte und musste das Geld für meine Tiere und den Park gewinnen.

Hat dir das keinen Druck gemacht?

Ich kann mit Druck gut umgehen. Das ist auch so, wenn Zuschauer da sind. Andere werden da noch nervöser, aber ich bin ja ein Zirkuskind: Ich bin mit Publikum aufgewachsen und mich motiviert das noch ein bisschen mehr.

Du erwähnst deinen Zirkus-Background, der auch in der Show immer wieder thematisiert wird. Bist du stolz auf diese Familientradition?

Oh ja, ich bin Zirkusartist in der siebten Generation. Ich bin im Wohnwagen aufgewachsen. Als ich letztes Jahr mein Grundstück gekauft habe, war das für mich der erste feste Wohnsitz. Ich war 24 Jahre lang nur im Wohnwagen unterwegs; mein Zuhause war immer da, wo die Familie ist und der Wohnwagen steht – egal ob in Spanien oder Russland.

Dieser Background hat mir sehr geholfen, diesen Titel zu holen. Als Zirkuskind machst du ja alles: Du kletterst aufs Zelt, trainierst mit Jongleuren, trainierst Fliegen-Trapez. Du verlierst die Angst, dir weh zu tun, und hast einfach Bock auf alles.

Wie lange standst du selbst in der Manege?

Das erste Mal war ich mit vier Jahren in der Manege, damals mit einem Pony. Mein letzter Auftritt war 2019. Ich habe zwei Jahre nichts mehr gemacht, dann kam ja auch noch Corona dazwischen. Und jetzt habe ich meinen Tierpark. Ich wollte mit dem Zirkus aufhören und meinen Tieren ein festes Zuhause mit viel Auslauf bieten. Jetzt nehme ich Tiere auf, die im Zirkus nicht mehr arbeiten können, und hoffe, dass sie es noch ein paar Jahre guthaben. Das ist mein neues Leben nach dem Zirkus.

Blicken wir auf die Zeit nach der Aufzeichnung. Hattest du Probleme, dich zum Training zu motivieren?

Ich habe nach der Show schon gedacht: Was jetzt? Natürlich habe ich mich gefragt, was ich jetzt mache, nachdem ich das erreicht habe, wofür ich fünf Jahre trainiert habe. Da fällt man schon in ein Loch und fragt sich, wofür man weiter trainieren soll. Ich könnte ja auch einfach aufhören, wenn es am schönsten ist, bevor ich nächstes Mal in der Vorrunde ausscheide. Das ist erstmal eine komische Situation. Aber im Endeffekt mache ich Ninja ja, weil ich es liebe.

Hast du dir schon ein neues Ziel gesetzt?

Ich habe ja zweimal Ninja Warrior Team gewonnen und jetzt die reguläre Show, aber Allstars noch nicht. Das Triple würde ich schon gerne klarmachen, dann könnte ich vielleicht in Ninja-Rente gehen. Aber ich wurde ja auch in Japan schon öfter eingeladen, da wurde ich 2019 auch Last Man Standing – aber eben nicht Ninja Warrior. Das würde ich gern probieren, wenn es Corona wieder erlaubt, in den letzten beiden Staffeln durften die internationalen Athleten nicht teilnehmen. Ich habe also schon noch einiges vor.

Wie kam es überhaupt dazu, dass du erster Ninja Warrior Germany werden wolltest?

Ich habe die amerikanische Version immer gerne geschaut. Dann kam die erste Staffel in Deutschland und ich fand, dass das so leicht aussah. Ich dachte, dass ich da locker gewinne und habe mich dann für die zweite Staffel beworben, ohne mich wirklich vorzubereiten. Ich habe jeden Tag ein paar Klimmzüge gemacht und war mir sicher, dass ich als Zirkusartist die besten Voraussetzungen schon habe.

In der Show war ich dann nach drei, vier Hindernissen platt. Ich kam weit, aber ich bin dann an den Fingerleisten runtergefallen, weil ich keine Power mehr in den Händen hatte. In dem Moment war mir klar, dass ich nächstes Jahr wiederkomme und das Ding gewinnen will. Und da habe ich angefangen, richtig zu trainieren.

Erkläre doch mal, wie du dich vorbereitest. Wie sieht dein Training aus?

Ich fange drei bis fünf Monate vor der Show schon an, mich komplett gesund zu ernähren. Und da habe ich tatsächlich auch Angst, manche Sachen zu machen, weil ich mich nicht verletzen will. Ich würde da jetzt zum Beispiel kein Zirkuszelt aufbauen, weil mir eine Eisenstange auf die Finger fallen könnte. Da bin ich schon ein bisschen vorsichtiger, weil mir Ninja sehr viel bedeutet. In der Phase trainiere ich zwei- oder dreimal am Tag. Aber ich habe keinen festen Trainingsplan, ich mache das, was mein Körper für richtig hält.

Trainierst du ausschließlich an den Hindernissen?

Diesmal bin ich tatsächlich nur im Parcours gewesen. In den anderen Jahren bin ich viel Klettern und Bouldern gegangen. Aber ich habe gemerkt, dass mir das für Ninja nicht viel hilft. Ich habe mir lieber Stages gebaut, die ich so schnell wie möglich mache. Das waren immer sechs bis zehn Hindernisse. Für mich ist es die beste Vorbereitung auf die Show, wenn ich das vorher so ähnlich wie möglich trainiere.

Hast du die Hindernisse selbst zusammengezimmert und geschweißt?

Genau, ich habe mir Hindernisse angeschaut, die es in Amerika gibt oder die ich einfach cool finde. Dann habe ich mich mit Stift und Papier hingesetzt und erstmal Zeichnungen gemacht. Ich habe mir ein Schweißgerät gekauft und mit Youtube gelernt, wie man schweißt. Ich habe es einfach probiert und dadurch konnte ich mir die Hindernisse bauen, auf die ich wirklich Bock hatte. Zum Glück hat’s am Ende funktioniert. Aber ich würde auch nicht jeden daran trainieren lassen. Wenn da jemand schwerer ist als ich, könnte schon einiges kaputtgehen.

Du bist wahnsinnig ehrgeizig. Woher kommt das?

Meine ganze Familie ist so ehrgeizig! Wir lieben Wettkämpfe, sei es im Fußball oder im Tischtennis. Auch wenn es um nichts geht, will jeder besser sein als der Andere und einfach gewinnen. Irgendwie bin ich so groß geworden.

Buschi thematisiert oft, dass dich viele Leute für arrogant halten. Erlebst du das im Alltag?

Es passiert schon, dass Leute auf mich zukommen und ein Foto wollen und dann sagen: "Ach, du bist ja doch voll nett!" Ich finde ich es selbst ein bisschen komisch, dass ich so wirke. Aber ich glaube, das kommt daher, dass ich sage, was ich denke. Es gibt viele Athleten, die sich das nicht trauen, weil sie nicht blöd rüberkommen wollen. Aber wenn ich gewinnen will, dann sage ich das halt schon.

Ich glaube, dass Leute oft Arroganz mit Selbstbewusstsein verwechseln. Wenn mich jemand für arrogant hält, ist das meist jemand, der mich nicht persönlich kennt. Mir haben aber auch schon ein paar Ninjas gesagt, die gute Freunde von mir sind, dass ich im TV echt arrogant wirke. Aber jeder, der mich kennt, weiß, dass ich eigentlich ganz okay bin. Und was fremde Leute denken, interessiert mich dann auch nicht so sehr.

Blicken wir abschließend auf die Off-Season: Wie sieht das nach der Show bei dir aus? Hast du deine Ernährungspläne und dein Training über Bord geworfen?

Ich bin ein Vielfraß, ich liebe es zu essen – vor allem Süßes. Ich esse erstmal alles, worauf ich Lust habe und mache zwei, drei Monate keinen einzigen Klimmzug. Ich bin dann also wirklich off. Allerdings merke ich dann auch, dass ich viel Kraft verliere. Ich schaffe dann noch zehn Klimmzüge und bin fertig. Aber nach einer Woche geht das Level sehr schnell wieder hoch, wenn du Profi-Sportler bist.

Das Gespräch führte Maike Falkenberg

Einzel 2021

1ÖsterreichSimon Brunner1:31.18m
2DeutschlandKarim El Azzazy1:36.51m
3DeutschlandRené Casselly1:47.54m
4DeutschlandGiovanni Ertl1:47.72m
5DeutschlandPhilipp Göthert1:51.04m

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