Er hätte die Poleposition holen können, doch dann wurde Lando Norris das nächste Opfer der tückischen Bedingungen in Eau Rouge und Raidillon. Der McLaren-Pilot verunfallte im dritten Qualifying-Abschnitt in Spa schwer, konnte aber aus eigener Kraft aus dem Formel-1-Auto aussteigen.
Noch kurz zuvor hatte der Brite gewarnt, dass er Aquaplaning auf der Strecke habe, die nach einem Regenschauer vor Q3 noch einmal zusätzlich unter Wasser gesetzt wurde. Auch Sebastian Vettel forderte: "Ich finde, sie sollten die rote Flagge zeigen. Da steht zu viel Wasser".
Was dann kam, war fast abzusehen: Norris verlor in der Eau Rouge sein Auto aus der Kontrolle und schlug heftig auf der linken Seite ein. Der McLaren schleuderte wieder über die Strecke und kam in der Auslaufzone zum Stehen.
Vettel hält neben Norris' Wrack an
"Was zur Hölle habe ich gesagt? Rote Flagge. Unnötig", sagte Vettel sauer am Funk und fragte sein Team, ob Norris okay sei.
Anschließend sorgte Vettel noch für eine bemerkenswerte Szene: Der Deutsche hielt neben dem Wrack von Norris an und erkundigte sich persönlich nach dessen Wohlbefinden.
Der stieg aus eigener Kraft aus, musste aber zu weiteren Untersuchungen ins Medical-Center und später ins örtliche Krankenhaus. Dort wurde er laut Teamchef Andreas Seidl noch einmal geröntgt, um sicherzustellen, dass mit dem Arm alles in Ordnung ist, den er sich nach dem Unfall gehalten hatte. "Das Wichtigste ist, dass er grundsätzlich okay ist und auch wieder einigermaßen guter Stimmung."
Grünes Licht: Entwarnung bei Norris
Wenige Stunden nach der Qualifikation gab der Teamchef Entwarnung: Norris hat von der FIA und den Ärzten Grünes Licht, um im Rennen am Sonntag an den Start gehen zu können. "Die Untersuchungen wurden im Krankenhaus durchgeführt, auch an seinem Ellbogen, der ein wenig schmerzte", bestätigt Seidl. "Alles ist gut, und er ist bereit, morgen wieder Rennen zu fahren."
Dort steht er aktuell auf Startplatz neun, allerdings erscheint durchaus wahrscheinlich, dass er nach seinem Unfall aus der Boxengasse starten muss.
Dass die Rennleitung erst spät die Rote Flagge gezückt hatte, verärgerte viele Beobachter. Doch Ex-Pilot Alexander Wurz zeigt im "ORF" Verständnis: "Es ist eine ganz schwierige Entscheidung, die der Renndirektor treffen muss. Also ich beneide keinen Renndirektor rund um die Welt, das sind immer diese prekären Situationen, die da kommen, die dich testen und wo du dann auch mit deinem eigenen Risikomanagement leben musst", sagt er.
"Und er hat sich entschieden, hier im Zeittraining nicht Rot zu geben. Er wird sagen, es war kein Aquaplaning auf der Geraden, wo sich das Auto einfach mir nichts dir nichts wegdreht. Das war vom Fahrer vielleicht um zwei, drei km/h falsch eingeschätzt. Und in dieser Passage ist das Risiko einfach da."
Norris verpasste damit die Chance auf die Poleposition, denn zuvor hatte er sein Können im Regen unter Beweis gestellt: Sowohl in Q1 als auch in Q2 setzte der Brite die schnellste Runde und hatte somit gute Chancen auf eine gute Platzierung.
"Sorry, Jungs, ich hätte einfach eine Runde setzen sollen", sagte Norris nach dem Crash am Funk. "Meine Schuld."
Es ist der zweite schwere Unfall in dieser Kurve an diesem Wochenende. Schon am Freitag hatte es im Qualifying der W-Serie einen Massencrash mit sechs Autos gegeben. Zwei Fahrerinnen mussten zur Untersuchung ins Krankenhaus, wurden mittlerweile aber wieder entlassen.

