Im Interview mit dem "kicker" hat Trainer-Ikone Arsène Wenger über einen Wechsel zum FC Bayern, BVB-Stürmer Erling Haaland und Deutschlands frühes Aus bei der EM 2021 gesprochen.
"Als ich erfuhr, dass die WM 1930 auch deshalb zum ersten Mal stattfand, weil das Fußballturnier bei den Olympischen Spielen 1932 gestrichen worden war, habe ich realisiert: Dieser Vier-Jahres-Zyklus muss nicht in Stein gemeißelt sein", sagte der 71-Jährige dem Fachmagazin": "Warum sollte er?"
Laut Wenger gehören inzwischen 211 Länder zur FIFA, von denen 133 noch nie eine WM gespielt haben. "Diese Länder schauen alle vier Jahre zu ohne jede Chance, selbst daran teilzunehmen", so Wenger, der als Direktor Global Football Development beim Weltverband FIFA tätig ist.
Zudem sei ihm aufgefallen, "dass bei den meisten Weltmeister-Mannschaften die Spieler zwischen 26 und 30 Jahre alt sind, weil es Erfahrung für ein so großes Turnier braucht. Es wird also schwierig, dieses Kunststück zu wiederholen, weil man mit 34 dann doch meist zu alt ist", betonte Wenger.
Darüber hinaus setzt sich Wenger, von 1996 bis 2018 Teammanager des englischen Traditionsklubs FC Arsenal, für eine verringerte Anzahl der Abstellungsperioden ein - ein oder zwei, statt fünf pro Jahr sind sein Vorschlag. "Dass sich die Nationalmannschaft im Oktober trifft, für einen Monat, sieben Qualifikationsspiele bestreitet und dann im Juni die Endrunde eines Turniers. Das bedeutet insgesamt weniger Reisen für die Spieler, bringt mehr Klarheit und Kontinuität für alle Beteiligten und weniger Verletzungsrisiko", sagte Wenger.
"Das hat Bayerns komplette Champions-League-Saison kaputtgemacht"
Beim Thema Verletzungsrisiko brauche man nur auf die abgelaufene Saison zu blicken. "Robert Lewandowski verletzte sich während der wichtigsten Phase im Klubfußball bei einem Länderspiel, fehlte damit im Viertelfinale gegen Paris Saint-Germain", so Wenger: "Das hat Bayerns komplette Champions-League-Saison kaputtgemacht."
In dem Interview äußerte sich Wenger auch zur deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Das Ausscheiden im Achtelfinale der EM 2021 kam für die Trainerlegende nicht überraschend.
"Deutschland hatte vor dem Turnier einige negative Ergebnisse, das ändert so manches im Kopf. Denn normalerweise war Deutschland immer ein Team, das zu einem Turnier gefahren ist mit dem Glauben, wir können es gewinnen", so der 71-Jährige: "Das war dieses Jahr anders. Sie stimmen mir sicherlich zu, dass diese Mannschaft vor Turnierstart nicht von sich überzeugt war, die EM zu gewinnen."
Wenger kritisiert Nachwuchsarbeit beim DFB
Gerade das Fehlen eines echten Stürmers habe sich bei der EM mehr als bemerkbar gemacht. "Die Nationalmannschaft hatte in der Vergangenheit immer großartige Stürmer wie Gerd Müller, Uwe Seeler, Horst Hrubesch, Klaus Fischer, Rudi Völler, Jürgen Klinsmann, Oliver Bierhoff. Das ist heute nicht mehr der Fall. Wer spielt denn bei den beiden großen deutschen Klubs im Sturm? Erling Haaland und Robert Lewandowski", merkte Wenger kritisch an. Daher müsse der DFB die Nachwuchsarbeit hinterfragen.
Den scheidenden Bundestrainer Joachim Löw machte Wenger zwar nicht verantwortlich für das frühe WM-Aus, die Entscheidung mit einem Coach ins Turnier zu gehen, der danach aufhört, hält er aber für falsch.
"Ich mag Joachim Löw sehr. Er hat Klasse, Stil, ein exzellentes Benehmen. Aber er war in einer unmöglichen Situation, diese Europameisterschaft zu gewinnen - unabhängig davon, dass seine Mannschaft auch nicht gut genug war", betonte die Arsenal-Ikone: "Aber ich habe noch nie ein Turnier gesehen, das ein Team gewonnen hat, bei dem feststand, dass der Trainer danach aufhört."
FC Bayern und Werder Bremen wollten Wenger
Bevor Wenger den FC Arsenal übernahm, stand der Coach vor einem Wechsel zum FC Bayern. "Ich mag die Bundesliga, ich bin damit aufgewachsen. 1995, als Franz Beckenbauer noch Präsident war, war ich kurz davor, zum FC Bayern zu gehen", verriet er.
Auch Werder Bremen hat die Fühler in der Vergangenheit nach Wenger ausgestreckt: "Willi Lemke nahm Kontakt auf, da war ich gerade drei Monate in Japan. Er hätte mich gerne in die Bundesliga geholt, aber ich konnte nach so kurzer Zeit nicht gehen."
Wenger adelt BVB-Star Haaland
Ein Sonderlob verteilte Wenger außerdem an Stürmerstar Erling Haaland von Borussia Dortmund.
Auf die Frage, wer die Ära nach Lionel Messi und Cristiano Ronaldo prägen könnte, antwortete der 71-Jährige: "Kylian Mbappé wird eine Ära prägen. Und, ich kenne ihn nicht gut genug, vielleicht Erling Haaland."



























