Die Gewissheit, dass Georginio Wijnaldum den FC Liverpool verlassen wird, hat die Spekulationen um einen möglichen Wechsel des Mittelfeldstrategen zum FC Bayern weiter angefacht. Doch kann der Niederländer dem Rekordmeister wirklich helfen und passt er überhaupt nach München?
sport.de beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das mögliche Engagement des 30-Jährigen beim FCB:
Wie ist der Stand im Transferpoker?
Da das Vertragsende des Routiniers im Juni immer näher kommt, intensivierten sich zuletzt auch die medialen Überlegungen rund um die Zukunft von Georginio Wijnaldum. Und immer wieder fiel der Name FC Bayern.
Was lediglich als Gerücht begann, wurde schon bald deutlich greifbarer. Anfang Mai deutete Wijnaldums Berater an, dass es zwischen seinem Klienten und den Münchnern passen könnte: "Der FC Bayern ist ein großartiger Verein. Wenn sie an ihm interessiert sein sollten, können sie gerne mit uns sprechen", so Humphry Nijma im Gespräch mit "Sport1".
Vergangene Woche hieß es beim TV-Sender dann, erste Gespräche hätten stattgefunden und seien erfolgversprechend gelaufen.
Zuvor hatten Wijnaldum und der FC Liverpool lange Zeit um eine Verlängerung des auslaufenden Vertrages gebuhlt. Doch eine Einigung zwischen dem Zentrumsspielers, der aktuell knapp sechs Millionen Euro an der Anfield Road verdienen soll, und den Reds kam letztlich nicht zustande.
Sehr zum Leidwesen von Jürgen Klopp, der den verlässlichen Niederländer als echten "Freund" schätzen gelernt hat. "Er war nicht nur immer verfügbar, er hat auch noch zu 90 Prozent sehr, sehr gut gespielt", würdigte der ehemalige BVB-Coach seinen Schützling.
Da Wijnaldums Abschied inzwischen feststeht und der Mittelfeldmann am letzten Spieltag der englischen Liga offiziell verabschiedet wurde, ist der Bieterkampf um den ablösefreien Champions-League-Sieger von 2019 offiziell eröffnet. Neben dem FC Bayern gilt auch der FC Barcelona noch als möglicher Abnehmer.
Inwiefern könnte Wijnaldum dem FC Bayern helfen?
In den letzten Jahren hat sich im zentralen Mittelfeld der Bayern ein großer Wandel vollzogen. Zwar entwickelte sich mit Joshua Kimmich und Leon Goretzka ein Mittelfeldduo zu Weltklasse-Spielern, dahinter verlor der Verein allerdings an Substanz.
Bereits im Juli 2020 zog es Thiago zum FC Liverpool, in diesem Sommer verabschieden sich mit Javi Martínez und David Alaba weitere gestandene Größen im Zentrum.
Adäquater Ersatz fehlt indes bislang. Der erhoffte Ersatzspieler Marc Roca blieb den Beweis, dass er dem Verein helfen kann, bislang schuldig. Corentin Tolisso verpasste in dieser Spielzeit wegen seiner Verletzungsanfälligkeit erneut viele wichtige Partien und gilt als Verkaufskandidat.
Gerade kurz- und mittelfristig könnte Wijnaldum für den Rekordmeister deshalb eine echte Bereicherung darstellen. In Liverpool reifte der 73-fache Nationalspieler in den fünf Jahren seit seinem Wechsel von Newcastle United zu einem Weltklasse-Spieler.
"Er ist ein sehr freundlicher, sehr intelligenter, sehr offener Mensch, und das hat sich nie geändert, das hat sich nur verbessert", so Klopp über den Akteur, der in jeder Spielzeit in Liverpool mindestens 33 Ligaspiele absolvierte.
Mit seiner hohen Spielintelligenz und Laufbereitschaft war er ein entscheidender Schlüssel für den Erfolg des dortigen Gegenpressing-Systems. Klopp schätzt am ehemaligen PSV-Star zudem dessen Führungsqualitäten und machte ihn im Saisonfinale zum Kapitän.
Zwar ist Wijnaldum kein Spielmacher im klassischen Sinn. Dennoch findet er sehr verlässlich die richtigen Zuspiele und kann einer Mannschaft Struktur verleihen. Da der gebürtige Rotterdamer seine Profi-Karriere ursprünglich als Flügelstürmer begann, bringt er zudem Grundathletik, Schnelligkeit und Torgefahr mit.
Die Vielseitigkeit des Box-to-Box-Spielers dürfte auch beim neuen Bayern-Trainer Julian Nagelsmann auf Gegenliebe stoßen.
Was wären die Risiken einer Wijnaldum-Verpflichtung?
Ganz ohne Restrisiko wäre ein Transfer für die Bayern aber nicht. Zwar würde für Wijnaldum keine Ablöse fällig, kostengünstig wäre ein Engagement des Rechtsfußes in der bayrischen Landeshauptstadt aber trotzdem nicht.
Dass es in Liverpool trotz seiner Stellung in der Mannschaft nicht zu einer Verlängerung kam, ist ein klares Indiz, dass Wijnaldums Gehaltsvorstellungen üppig sind. Laut der "tz" will der Mittelfeld-Akteur sein Gehalt von derzeit etwa sechs Millionen Euro bei einem Wechsel mindestens verdoppelt sehen. Vermutlich unterschreibt er im Sommer schließlich den letzten großen Vertrag seiner Karriere.
Gleichzeitig ist fraglich, welche Rolle der 30-Jährige genau beim FC Bayern einnehmen würde. Nachdem er in Liverpool Stammkraft war, würde er gewiss mit ähnlichen Ambitionen nach München wechseln. Dort dürfte die Mittelfeldachse aus Kimmich und Goretzka jedoch allein schon wegen der besseren Altersperspektive weiterhin gesetzt sein.
Ob sich Wijnaldum in diesem Fall langfristig klaglos auf die Bank setzt, ist ungewiss. Zwar gilt er als großer Teamplayer, für den Job als reiner Backup bringt er aber unzweifelhaft zu viel Qualität mit. Qualität, die anderswo womöglich eher zum Tragen käme.
Jonas Hofmann