Arche-Pressesprecher Wolfgang Büscher freut sich richtig auf den Arche-Cup 2021, den die beiden ehemaligen Bundesliga-Stars Maik Franz und Sami Allagui ins Leben gerufen und dafür die Crème de la Crème des Fußballs aktiviert haben.
Im Interview mit sport.de blickt Pressechef Büscher auf die schwierige Lage der Kinder, die sich durch die Corona-Pandemie noch einmal zugespitzt hat. Außerdem spricht der langjährige Arche-Mitarbeiter über das bevorstehende Online-Event sowie seine ganz eigene Verbindung zum Fußball.
Herr Büscher, wie schwer hat die Corona-Pandemie die Arbeit der Arche getroffen?
Wolfgang Büscher: Wir haben in Deutschland 27 Einrichtungen, betreuen zu normalen Zeiten 4000 bis 4500 Kinder am Tag. Für die Kinder ist es eine Katastrophe in allen Bereichen. Mit Blick auf den Sport ist zum Beispiel massive Gewichtszunahme zu beobachten mangels Bewegung. Es sind einfach unheimlich viele Aktivitäten weggefallen. Die Kinder aus Berlin sind zum Beispiel am Wochenende zu Hertha ins Stadion gegangen, da wurden Aktionen mit ihnen gemacht. Das gab es zuletzt alles nicht mehr.
Für die Arche selbst war es sehr positiv. Wir haben viele neue Spender dazu bekommen. Es gab eine hohe Solidarität, wie ja auch der Arche-Cup zeigt, der jetzt ansteht. Diese Aufmerksamkeit ist entscheidend für uns, weil es wichtig ist, Druck auf die Politik auszuüben.
Wie wichtig ist der Fußball für die Kinder?
Der Sport und insbesondere der Fußball ist für uns ein ganz wichtiger Faktor. Die Kinder müssen sich bewegen, sie definieren sich über das, was sie können. Ein Beispiel: Wir haben uns mit Hertha BSC einen Sozialarbeiter geteilt, haben dabei einen Jungen gefördert, der gut Fußball spielen konnte und der wurde dadurch auch plötzlich besser in der Schule, weil sein Selbstbewusstsein stieg.
Finanziell sind wir in der Krise aus dem Sport-Bereich sehr gut unterstützt worden. Allein von Eintracht Frankfurt haben wir 320.000 Euro bekommen. Das lag daran, dass die Fans im Zuge der Dauerkartenrückgabe gefragt wurden, ob sie das Geld erstattet haben oder für soziale Einrichtungen spenden wollen. Und die meisten haben für soziale Einrichtungen wie uns votiert.
Wir haben auch finanzielle Unterstützung von RB Leipzig bekommen, es gab Geld von Trainern, Funktionären und Spielern.
Sport ist gerade im sozial schwierigen Bereich einfach enorm wichtig.
Dann waren die letzten Monate sicherlich extrem schwierig …
Ja, es ist ein Desaster. Sie müssen überlegen, dass die Eltern oft vier, fünf Kinder haben und dabei in sehr kleinen Wohnungen hocken. Ich habe zuletzt einen Film gedreht über eine tolle Familie, die mit vier Personen in einer Zwei-Zimmer-Wohnung wohnt. Und jetzt stellen Sie sich mal vor, sie hängen in der Krise in dieser kleinen Wohnung. Das kann man kaum nachvollziehen. Dazu kommt mangelndes Selbstbewusstsein. Viele geflüchtete Familien hingen wochenlang nur in ihrer kleinen Box im Flüchtlingsheim. Deshalb haben wir durchgesetzt, dass wir zumindest eine Notbetreuung für geflüchtete Kinder haben. Zum Beispiel in Berlin-Hellersdorf waren das immer 25 Kinder.
Welche Schwierigkeiten gibt es noch?
Ich habe in der Krise gelernt, wie wichtig Sport ist und wichtig Fußball ist. Man sieht es allein an der körperlichen Verfassung der Kinder. Wir haben hier in Berlin zusammen mit dem DFB eine Fußball-Box, die wir sehr intensiv mit den Kindern nutzen. Und das konnte wir nicht machen, denn man guckt von Hochhäusern auf die Box. Und sobald wir mit Kindern drin waren, stand sofort das Ordnungsamt auf der Matte oder die Polizei. Dabei brauchen die Kinder die Bewegung so sehr, um psychisch nicht kaputt zu gehen.
Umso wichtiger sind dann die Kooperationen mit den Vereinen …
Richtig. Wir haben wie erwähnt in Frankfurt einen guten Kontakt mit der Eintracht, in Leipzig mit RB und in Berlin haben wir mit Hertha schon viele Aktionen gemacht, zum Beispiel den erwähnten geteilten Sozialarbeiter, den wir zu Beginn gemeinsam hatten und der von der Arche bezahlt wurde. Denn Hertha hatte dafür kein Budget, aber im Jugendbereich ähnliche Probleme. Das ist nun mal so, wenn Kinder aus vielen sozialen Schichten aufeinandertreffen. Mittlerweile zahlt Hertha den Sozialarbeiter selbst.
Und es zeigt sich außerdem: Alle Kinder wollen genauso werden, wie die Jungs aus den Hertha-Internaten. Deshalb ist der Sport und deshalb sind diese Kooperationen für unsere Kinder noch wichtiger als für Kinder aus dem so genannten Bildungsbürgertum.
Mehr dazu: So läuft der Arche-Cup 2021
Wie ist der Kontakt zu Maik Franz, Sami Allagui und der Initiative My Jersey 4 Kids entstanden?
Das lief über Nicola Pattberg, die ich aus früheren Zeiten und gemeinsamen Events mit McFit kenne und die jetzt die Initiative der beiden Fußballer managt. Auf einem Treffen habe ich Maik Franz und Sami Allagui kennengelernt. Es sind sehr außergewöhnliche Typen. Die beiden müssen das ja alles nicht machen, sie tun es aber. Und das finde ich ganz toll.
Man darf nicht unterschätzen, dass es für unsere Kinder in der Arche sehr gut für das Selbstbewusstsein ist, wenn sie sehen, dass sich prominente Menschen für sie engagieren. Das ist sofort Thema, wenn jemand etwas für sie macht und es stärkt enorm das Selbstbewusstsein.
Letztlich geht es ja vermutlich auch darum, neben dem Geld, das zusammenkommt, auch eine Aufmerksamkeit zu schaffen, warum die Arbeit der Arche so wichtig ist …
Genau das ist das, was wir machen. Wir machen den Schritt nach draußen, wir wollen Druck auf die Politik erzeugen. Wir sagen, wie die Situation der Kinder ist und welche Unterstützung sie brauchen. Neben dem Finanziellen ist auch das ganz wichtig. Geld ist toll und entscheidend für unsere Arbeit. Denn wir bekommen keine staatlichen Gelder. Wenn also zum Beispiel durch den Arche-Cup eine große Geldsumme zusammenkommt, ist das eine tolle Sache. Aber darum geht es nicht nur. Denn wenn solche Vorbilder wie Maik Franz oder Sami Allagui - und viele andere bekannte Fußballer - sich zusammentun und sagen 'Ich baue eine Arche' und dies auch erzählen in Talkshows oder unter Freunden, dann ist das für uns eine enorme Sache. Dann entsteht auch ein indirekter Druck auf die Politik.
Und der ist zwingend nötig …
Richtig! Die Bundesregierung rechnet die Zahlen der armen Kinder in Deutschland nämlich künstlich herunter. Dort wird gesagt, wir haben zwei Millionen Kinder, die in Armut leben. Und dann steht klein drunter 'bis 15 Jahre'. Aber es wohnen auch noch die Älteren zuhause, denn die bekommen ja erst eine Wohnung ab dem 25. Lebensjahr, wenn sie keine Frau oder ein Kind haben. Die Bertelsmann-Stiftung spricht dagegen von 2,8 Millionen Kindern in Armut, der deutsche Kinderschutzbund sogar von 4,6 Millionen Kindern, die in Armut leben müssen.
Deswegen ist diese ideelle Unterstützung so wichtig und daher versuchen wir auch nicht nur über die Politik, sondern auch über den Sport Druck auf die Politik auszuüben.
Wissen Sie schon, wofür die Gelder aus dem Arche-Cup verwendet werden könnten?
Wir werden sie für sportliche Dinge verwenden. Wir werden ja auch noch Bälle bekommen und sportliche Ausrüstung für die Kinder. Wir gehen mit den Kindern auf Sportplätze, laufen mit ihnen, gehen spazieren, hauptsächlich machen wir körperliche Ertüchtigung. Für uns ist aber nicht nur die Hardware wichtig. Es fließt auch Geld in die Mitarbeiter, das sind die, die sich um die Kinder kümmern. Die Pädagoginnen und Pädagogen sind die wichtigsten. Denn immer, wenn es Rückschläge gibt, dann sind die Mitarbeiter da und steigern durch Musik und Sport wieder das Selbstbewusstsein der Kinder.
Deshalb sind auch die Besuche so wichtig. Wir hatten zum Beispiel mal das Hertha-Maskottchen Herthinho hier zusammen mit dem Arche-Botschafter Fabian Lustenberger, der ja jetzt auch mitmacht beim Arche-Cup. Das ist für die Kinder ein unvorstellbares Ereignis. Wir merken das immer bei den mittleren Kindern, die setzen sich dann auf den Schoß der Leute, die kommen, weil sie denken, dass die Besucher zur Familie gehören.
Weil Teilnahme am sozialen Leben so wichtig ist, sind unsere Mitarbeiter für die Kinder da. Wir sind eine Ergänzung zur Familie. Wir fangen da an, wo andere aufhören. Wir lassen die Kinder auch an uns heran.
Sind Sie selbst Fußball-Fan?
Ja, schon immer. Früher, bevor das Internet anfing, habe ich zum Beispiel Übertragungen für das so genannte Bayer-Fon gemacht. Ich kannte auch den damaligen Dortmund-Manager Michael Meier, habe für den BVB eine Zeit lang gearbeitet. Und ich bin regelmäßiger Stadiongänger bei Hertha. Ich lebe jetzt 18 Jahre in Berlin, davon gehe ich 16 Jahre ins Stadion. Mindestens zehn Spiele pro Saison. Und ich bin begeisterter Fußball-Fan und liebe immer noch die Fußballübertragungen im Radio. Die höre ich mir an, bevor ich die Sportschau gucke. Fußball im Radio finde ich spannend. Ich bin richtiger Bundesliga-Fan.
Das Gespräch führte Chris Rohdenburg
MJ4K – My Jersey 4 Kids – ist eine Initiative der beiden ehemaligen Fußballprofis Maik Franz und Sami Allagui für das Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen. Unterstützt wird die Initiative von Deutschlands größtem Online-Fußballausstatter 11teamsports, Alpha Sports United, der CarFactory GmbH, dem offiziellen Medienpartner sport.de und der Agentur brandmade.