Im dritten Gruppenspiel der Champions League 2020/2021 gastiert der FC Bayern beim österreichischen Serienmeister RB Salzburg. Europaweit hat sich der Klub aus der Mozartstadt mit seiner hervorragenden Scoutingarbeit einen Namen gemacht. Vor dem mit Spannung erwarteten Nachbarschaftsduell am Dienstagabend (ab 21 Uhr im LIVE-Ticker) hat sport.de einen Salzburg-Kenner zum exklusiven Experten-Gespräch gebeten.
Wenn einer weiß, was die Fußballnation Österreich gerade bewegt, dann ist es David Mayr vom Fachportal weltfussball.at. Wir haben mit ihm über Stars, Stärken und Schwächen von RB Salzburg gesprochen.
David, in der österreichischen Bundesliga ist RB Salzburg noch verlustpunktfrei, in der Champions League steht nach zwei Partien jedoch nur ein Zähler auf der Habenseite. Ist das Team noch nicht auf dem Level der starken Vorsaison?
Zum einen zeigt das natürlich den enormen Qualitätsunterschied, der in der Champions League im Vergleich zur heimischen Liga vorherrscht. Trotz der Bilanz von sechs Siegen in den ersten sechs Runden ist es richtig, dass Salzburg auch in der Bundesliga noch nicht die Souveränität und Dominanz ausstrahlt, die man von der Mannschaft gewohnt ist. Die individuelle Klasse der Einzelspieler reicht in der Meisterschaft aus, um vereinzelte Schwächephasen in den Spielen zu kaschieren.
Gerade gegen Atlético hat man aber auch gesehen, dass Salzburg vor allem im Spiel nach vorne bereits jetzt wieder auf einem sehr hohen Level mitspielen kann. Dennoch - RB hat sicher noch Luft nach oben.
Wo sind derzeit am ehesten Schwächen zu erkennen?
Der wunde Punkt ist ganz klar die Defensive. Auch Trainer Jesse Marsch hat vor allem in Hinblick auf die Champions League darauf hingewiesen, dass sich die Mannschaft in diesem Bereich verbessern muss, um auf internationalem Niveau bestehen zu können.
Es ist natürlich auch der Spielweise geschuldet, dass man in gewissen Situationen, sollte es zum Ballverlust kommen, nicht ganz kompakt steht. André Ramalho, den man in Deutschland noch aus seiner Zeit in Leverkusen kennt, ist stark im Zweikampf, im Stellungsspiel und in der Spielöffnung, hat aber gegen flinke Stürmer ganz klar einen Schnelligkeits-Nachteil.
RB ist als ideales Karriere-Sprungbrett bekannt. Die Schattenseite ist allerdings, dass regelmäßig die besten Spieler verkauft werden. Ist der jüngste personelle Aderlass in Salzburg zu spüren?
Eigentlich nicht. Das liegt daran, dass der große Aderlass bereits vergangenen Winter passiert ist, als Erling Haaland (zum BVB) und Takumi Minamino (zum FC Liverpool) wechselten. Diese Abgänge konnten allerdings hervorragend kompensiert werden, Patson Daka ist in Haalands Fußstapfen getreten und traf bis zu seiner Verletzung nach Belieben.
Mehr dazu: Wie sich RB Salzburg zum Karriere-Sprungbrett entwickelt hat
Diesen Sommer war es zum ersten Mal so, dass Salzburg keinen einzigen Stammspieler abgegeben hat. Das ist ein Faktor, der ganz klar für die Mozartstädter spricht, da Trainer Jesse Marsch mit seinem gesamten Erfolgsteam weiterarbeiten kann.
Auf welche(n) Salzburger Spieler muss der FC Bayern am Dienstag besonders aufpassen?
Der herausragende Spieler ist ohne Zweifel Dominik Szoboszlai. Der Spielmacher ist gerade erst 20 Jahre alt geworden, agiert aber ungemein abgezockt, ist taktisch hervorragend ausgebildet, kennt die Salzburger Spielweise in- und auswendig und ist technisch ohnehin überragend. Seine Schusstechnik erinnert unweigerlich an Cristiano Ronaldo, wie man auch bei seinem Traumtor gegen Lok Moskau sehen konnte. Er wird, vielleicht schon kommenden Winter, Salzburgs nächster großer Verkauf werden, der sich einem internationalen Top-Klub anschließt. Auch der FC Bayern und der BVB wurden in der Vergangenheit schon mit ihm in Verbindung gebracht.
Torjäger Patson Daka ist aktuell leider verletzt, dafür ist Sékou Koïta ebenfalls ein sehr interessanter Mann in der Offensive. Der Linksfuß ist extrem quirlig, stark am Ball und blitzschnell. Und dann ist da natürlich noch Routinier Zlatko Junuzovic. Der ehemalige Bremer Kapitän ist der Chef im Mittelfeld und erlebt im Herbst seiner Karriere seinen zweiten Frühling.
Zum Abschluss noch die Frage aller Fragen: Wie geht das Duell zwischen RB Salzburg und dem FC Bayern aus?
Ich denke, dass es eine flotte, unterhaltsame Partie wird. Die Salzburger wissen, dass sie international den Fokus mehr auf die Defensive legen müssen, aber sie können auch nicht aus ihrer Haut heraus. Das intensive Pressing liegt in der Klub-DNA. Ich denke, sie werden die Bayern fordern, ein Punktgewinn wäre dennoch eine Überraschung. Ich würde auf einen knappen Sieg der Münchner tippen.
Das Gespräch führte Heiko Lütkehus





























