Die deutsche Fecht-Hoffnung Leonie Ebert kommt aus einer echten Sportlerfamilie: Bruder Constantin spielt Basketball, Schwester Amelie war Synchronschwimmerin. Doch der Sport tritt in ihrer Familie derzeit in den Hintergrund.
Die Coronakrise erwischt Leonie Ebert und ihre Liebsten derzeit mit voller Wucht. Denn einer ganzen Sportlerfamilie wurde der Sport genommen - auch Deutschlands bester Fechterin. Hinter ihr liegt ein Jahr unter Hochspannung, ein Jahr mit dem Fokus auf den großen Traum, doch der weltweite Ausnahmezustand bremste die 20-Jährige plötzlich aus. "Ich war kurz davor, im Sommer bei den Olympischen Spielen zu stehen. Und jetzt ist alles in weite Ferne gerückt", sagte sie im "SID"-Interview.
Doch das ist für Ebert in diesen Tagen zweitrangig. So schmerzhaft die Verschiebung der Sommerspiele für die deutsche Medaillenhoffnung ist, ihre Gedanken kreisen um ein anderes Thema - ein Thema, das den Sport in den Hintergrund drängt. Ihre Schwester Amelie steht beim Kampf gegen das Coronavirus an vorderster Front.
Das sei für die ganze Familie schwierig, sagte Leonie Ebert, "weil wir uns große Sorgen um ihre Gesundheit und die Infektionsgefahr machen." Auf der Oberhausener Intensivstation unterstützt die 25 Jahre alte Medizinstudentin die Ärzte bei der Versorgung der Patienten.
"Man sieht, wie man einen Teil seiner Stärke verliert"
Für die gesamte Familie sind es einschneidende Erlebnisse. Für Amelie, Athletenvertreterin und frühere Synchronschwimmerin, die nach Ausbruch der Krise umgehend das heimische Würzburg verließ, um zu helfen. Und für Bruder Constantin, Basketballer mit Bundesliga-Erfahrung, der sich nach langer Verletzungspause erst zurückgekämpft hatte und mit dem BBC Coburg in der dritthöchsten Spielklasse auf Playoff-Kurs lag - doch dann wurde die Saison vorzeitig abgebrochen.
"Die Situation war für ihn natürlich auch problematisch", sagte Leonie Ebert, die sich nun gemeinsam mit ihrem Bruder in den eigenen vier Wänden fit hält: "Das macht wesentlich mehr Spaß, als alleine zu trainieren." Wann es für die beiden weitergeht, ist allerdings völlig offen, Wettkämpfe sind vorerst nicht in Sicht. "So sieht man dabei zu, wie man einen Teil seiner Stärke und seiner Muskeln verliert. Das ist natürlich sehr beunruhigend", sagte sie.
Ungewöhnliche Familientreffen
Doch all die Sorgen um den verschobenen Olympia-Traum, die finanzielle Sicherheit und die sportliche Zukunft verblassen beim Gedanken an die Arbeit ihrer Schwester. "Ich habe den Eindruck, dass zurzeit die Lage in Deutschland relativ kontrolliert ist und das medizinische Personal einen guten Job leistet", erklärte Leonie Ebert: "Amelie berichtete, dass alles sehr gut organisiert ist. Ich kann nur hoffen, dass es so bleibt."
Die sonst so eng verbundenen Geschwister müssen dieser Tage Abstand halten. So wurden Familientreffen zuletzt kurzerhand nach draußen verlegt, sodass Amelie "sich in den Garten setzt und wir von der Terrasse aus zusammen Ostern feiern", sagte Leonie Ebert: "Wenn man die Schwester nicht oft sieht und sie sich im Krankenhaus um die Corona-Patienten kümmert, würde man sie am liebsten erst einmal umarmen. Aber das geht leider nicht." Die Sportlerfamilie muss sich anpassen - in jeglicher Hinsicht.