Vor dem Rückrundenstart ist der BVB zwar noch in allen drei Wettbewerben vertreten, vollends zufrieden waren Fans, Spieler und Verantwortliche mit dem Verlauf der Hinrunde allerdings nicht. Und auch in den kommenden Wochen und Monaten drohen den Schwarz-Gelben einige Stolpersteine. Wo liegen Chancen, wo lauern Probleme? Der BVB im sport.de-Rückrundencheck:
Testspiele/Form
Testspiele eignen sich naturgemäß nur bedingt als Formbarometer. Und dennoch geben die Resultate und Leistungen, die der BVB in den Spielen gegen Lüttich (0:0), Feyenoord (4:2) und Mainz (0:2) ablieferte, einen aufschlussreichen Blick auf den Zustand der Mannschaft.
Gegen Rotterdam und Mainz offenbarten die Dortmunder altbekannte Schwächen in der Defensive. "Gefährliche Ballverluste" in den vorderen Mannschaftsteilen bereiteten Trainer Lucien Favre ebenfalls Kopfzerbrechen. Ballverluste, die sich wie ein Roter Faden durch die Saison ziehen. Auch deshalb mahnte der Schweizer ungewohnt deutlich: "Das müssen wir total vermeiden. Das müssen wir korrigieren, diese Ballverluste sind lächerlich."
So viel Gutes Favre sonst in den Auftritten seiner Elf erkannte, so sehr weiß auch der 62-Jährige: "Wir müssen Gas geben nächste Woche. Die Vorbereitung geht weiter. Es ist noch nicht fertig."
Das Personal
Der Personalsituation war einer der Gründe, warum der BVB in den Testspielen hinter den eigenen Erwartungen zurückblieb. Nahezu alles, was sich Richtung gegnerisches Tor orientiert, war in den letzten Wochen entweder krank oder verletzt.
Neuzugang Erling Haaland, Marco Reus, Paco Alcácer, Thorgan Hazard, Jacob Bruun Larsen sowie Axel Witsel und Thomas Delaney konnten in Marbella nicht das volle Programm abspulen. Sie alle gehen mit entsprechendem Trainingsrückstand in die letzte Vorbereitungswoche.
Wie viele der angeschlagenen Spieler rechtzeitig zum Rückrundenauftakt gegen den FC Augsburg fit sind, vermochte Lucien Favre am Sonntag noch nicht zu beurteilen. "Wir müssen bei mehreren Spieler abwarten. Ich kann das jetzt noch nicht sagen", erklärte der Schweizer.
Die Transfers
Mit Erling Haaland hat sich der BVB den begehrtesten Nachwuchsstürmer Europas gesichert. Europaweit wurden die Dortmunder für ihren 20-Mio.-Coup gefeiert. Der Vertrag des Norwegers soll zwar einige Klauseln beinhalten, die einen schnellen Abgang ermöglichen und Berater Mino Raiola von einem Weiterverkauf profitieren lassen. Ohne diese Zugeständnisse hatte die Borussia das Supertalent aber womöglich nie bekommen.
Mehr dazu: Zorc über Transfers, Haaland und die Champions League
Die Tür für weitere Neuzugänge im Winter ließ Sportdirektor Michael Zorc zuletzt offen. "Es ist nicht so, dass wir drei, vier Sachen auf dem Tisch haben, über die wir entscheiden müssten. Aber es kann sein, dass es noch die ein oder andere Veränderung gibt", sagte Zorc im "dpa"-Interview.
Mit besagten Veränderungen könnte Zorc aber genauso gut auch mögliche Spielerverkäufe gemeint haben. Hier gilt der unzufriedene Paco Alcácer als Kandidat. Aber auch über die Zukunft von Mario Götze gibt es weiter Diskussionen. Dahoud und Bruun Larsen sind ebenfalls Spieler, die sich umorienteren könnten.
Das bereitet Sorgen
Es ist bezeichnend, dass ausgerechnet ein 19-Jähriger, der noch keine einzige Minute in der Bundesliga gespielt hat, in Dortmund als neuer Heilsbringer gefeiert wird. Erling Haaland soll intern die Impulse setzen, die es in der Hinrunde zu selten gab. Eine große Last für den Youngster.
Die Systemfrage ist ein anderer Punkt, der die Dortmunder in den nächsten Wochen beschäftigen wird. Favre gefällt das 3-4-1-2, das seit Ende November für einen Aufschwung gesorgt hat. Persönlicher Favorit des Schweizers ist allerdings das 4-3-3. Das Problem: Mit Haaland kann Favre nicht am bewährten 3-4-1-2 festhalten.
"Wenn er auf dem Platz ist, müssen wir ein paar Korrekturen vornehmen", deutete der 62-Jährige im "kicker"-Interview weitere Veränderungen an. Veränderungen, die womöglich neue Eingewöhnungszeit brauchen. Zeit, die der BVB nicht hat.
Nicht zuletzt droht dem BVB auch in der Kabine Ärger. Zahlreiche Spieler sind mit den Status quo unzufrieden. Alcácer soll seinen Abschied regelrecht provozieren. Die Causa Götze wird den Klub ebenfalls weiter beschäftigen. Ein Thomas Delaney wird sich mit einem Bankplatz auch nicht zufrieden geben.
Das macht Hoffnung
Der BVB hat in der Hinrunde mehrfach gezeigt, dass er sich vor keinem Gegner verstecken muss. Die Spiele gegen Barcelona (0:0), Gladbach, Leverkusen oder auch die erste Halbzeit beim 3:3 gegen Tabellenführer Leipzig haben gezeigt, was die Mannschaft leisten kann.
Haaland ist ein weiterer herausragender Einzelkönner, der die eh schon stark besetzte Offensive weiter verstärkt. Mats Hummels hat sich mit seinen Leistungen sogar für ein Nationalmannschafts-Comeback empfohlen. Axel Witsel ist einer der sichersten Passgeber der Liga, Jadon Sancho einer der torgefährlichsten Spieler.
An Qualität, so viel steht fest, mangelt es dem Kader des BVB nicht.
Die Prognose
Der Spielplan meint es gut mit den Dortmundern. Augsburg, Köln, Union Berlin und Werder Bremen (Pokal) sind die ersten vier Pflichtspielgegner im neuen Kalenderjahr. Vier Siege sind Pflicht. "Bei unseren Zielen muss man die einfach gewinnen", sagte auch Julian Brandt mit Blick auf die drei Partien in der Liga.
Holt der BVB die neun Punkte und sich durch einen perfekten Rückrundenstart wieder neues Selbstbewusstsein, lebt auch der Traum vom Titel weiter.
Stolpern die Schwarz-Gelben aber schon kurz nach dem Startschuss, werden sie ihre eigene Zielsetzung in dieser Saison klar verfehlen. Die möglichen Folgen sind Stand jetzt noch nicht abzusehen, könnten aber weitreichend sein.
Christian Schenzel




























