Lewis Hamilton hat in Austin einen WM-Matchball, der kaum zu vergeben ist. Ferrari-Pilot Sebastian Vettel blickt schon weiter voraus.
Auch 2019 wird der Formel-1-Weltmeister nicht Sebastian Vettel heißen. Die schöne Dopplung deutscher Motorsport-Historie bleibt aus. Anstatt wie Rekordchampion Michael Schumacher im fünften Jahr für Ferrari den Titel zu holen und die Durststrecke der Scuderia zu beenden, kämpft Vettel nur noch um den versöhnlichen Abschluss einer insgesamt frustrierenden Saison.
"Ich glaube noch immer an meinen Traum. Ich glaube noch immer, dass es funktioniert", sagte der 32-Jährige vor dem Großen Preis der USA (Sonntag, 20:10 Uhr MEZ). Dass es in diesem Jahr nichts mehr wird, steht im Grunde schon seit dem Frühjahr fest. Vettel kann maximal noch den dritten Platz in der Fahrer-Weltmeisterschaft erreichen. Zu wenig für die Ansprüche eines viermaligen Champions.
"Wir hatten gute Jahre und gute Rennen, aber insgesamt war es nicht genug. Wir waren nicht nah genug dran. Wir haben nicht genug Punkte geholt", analysierte Vettel im Interview mit "motorsport.com". Aber: "Ich bereue nichts." Das Team mache "noch immer Fortschritte, und es geht in die richtige Richtung. Es liegt an uns, den finalen Schritt zu machen, den wir seit zwei, drei Jahren versuchen."
Austin als Stresstest für 2020
Der drittletzte Saisonlauf in Austin/Texas dient der Scuderia dabei als Stresstest für 2020. "Wir müssen die letzten Rennen nutzen, um uns als Gruppe weiterzuentwickeln und auf schärfste Weise agieren, um besser auf das nächste Jahr vorbereitet zu sein", forderte Ferrari-Teamchef Mattia Binotto.
Im Hier und Jetzt bedeutet das, die Qualifying-Dominanz der letzten zwei Monate ins Rennen zu transportieren. "Wir sind sechsmal von der Pole Position gestartet, haben aber nur drei Rennen davon gewonnen und wollen es auf jeden Fall besser machen", erklärte Binotto. Die Hauptrolle in Austin dürfte dem italienischen Traditionsrennstall, der seit 2007 auf den Fahrertitel wartet, aber selbst im Falle des Sieges nicht zufallen.
Alles blickt vielmehr auf Lewis Hamilton und seine erwartete sechste WM-Krönung. Platz acht reicht dem Mercedes-Star, um aus eigener Kraft das halbe Dutzend vollzumachen. Wenn sein Teamkollege Valtteri Bottas nicht gewinnt, muss der Brite für den Titelgewinn nicht einmal ins Ziel kommen. Doch eine Spazierfahrt oder das Köpfen einer Champagnerflasche als Zuschauer genügt nicht Hamiltons Ansprüchen.
"Ehrlich gesagt, ich bevorzuge die Art und Weise, wie es in Mexiko passiert ist", sagte der 34-Jährige. Gewinnen musste Hamilton in der Höhe von 2285 Metern nicht, um der WM ein weiteres Stück näherzukommen - aber sich zum Titel "verwalten", das ist eben nicht der Hamilton-Style.
Vettel adelt Hamilton: "Direkt nach Michael"
Dabei machte er lediglich zwei seiner bislang fünf WM-Titel mit Siegen perfekt, 2014 in Abu Dhabi und 2015 in Austin. 2008, 2017 und 2018 genügten Hamilton in turbulenten Rennen Platzierungen fernab des Podiums, um sich die Krone aufzusetzen.
Das wurmt den ehrgeizigen Briten, der bis auf einen Titel an Rekordchampion Michael Schumacher heranrücken kann. "Man sieht jemanden auf dem Podium, der einen Sieg feiert. Ich aber habe eine Meisterschaft gewonnen. Das bringt dich ein bisschen in Konflikt, weil du im Rennen besser abschneiden wolltest. Aber letztlich hast du das ganz große Ziel erreicht", schilderte er seine Gefühle.
Für Vettel ist sein langjähriger Kontrahent bereits im Olymp der Formel 1 angekommen: "Für mich ist das ziemlich klar. Er ist schon lange dabei, und er ist einer der erfolgreichsten Piloten. Ich denke, dass man ihn direkt nach Michael nennen muss."

