25 Führungswechsel, acht verschiedene Spitzenreiter, 13 Ausfälle, actiongeladenes Racing bis zum Schluss und fünf Fahrer, die innerhalb von nur 0,61 Sekunden über die Ziellinie fahren: Wovon Formel-1-Fans heute nur träumen können, wurde am 5. September 1971 beim Großen Preis von Italien Wirklichkeit. Damals ereignete sich in Monza der (wohl) knappste Zieleinlauf der F1-Geschichte.
Wenn es eine Definition für das Wort "Fotofinish" gebraucht hätte, hätte jener Sonntagnachmittag auf dem Monza Eni Circuit im Königlichen Park als Paradebeispiel herhalten können.
Als Peter Gethin die Ziellinie in seinem B.R.M. nach nervenaufreibenden 55 Runden überquert, reckt der Brite mit einer Mischung aus purer Freude und berechnender Voraussicht den rechten Arm in die Höhe. "Es war so knapp, dass die Zielrichter Zweifel hätten haben können. Also würden sie wahrscheinlich den Piloten zum Sieger erklären, der vom Erfolg am meisten überzeugt ist", verriet der damals 31-Jährige hinterher.
Und tatsächlich: Die Rennleitung musste schon ganz genau hinschauen, um zu erkennen, dass der Brite mit lediglich einer Hundertstelsekunde Vorsprung auf den Zweitplatzierten Ronnie Peterson (March-Ford) den GP gewonnen hatte. Doch damit nicht genug: Hinter Gethin und dem Schweden kamen noch drei weitere Fahrer innerhalb von nur 0,61 Sekunden ins Ziel.

Es war ein einmaliger Coup des B.R.M.-Piloten, der eigentlich nur als Außenseiter in das Rennen gegangen war und bis zu jenem 5. September 1971 nur einen einzigen WM-Punkt (für McLaren) gesammelt hatte. Von Startplatz elf aus musste der Brite den GP von Italien - den letzten, der auf der Ultra-Highspeed-Strecke von Monza noch ohne bremsende Schikanen ausgetragen wurde - lange Zeit von hinten aus beobachten.
Der effizienteste Formel-1-Pilot aller Zeiten
Erst gegen Ende des Rennens kämpfte sich Gethin unter Missachtung aller Drehzahlvorschriften seines Teams nach vorn in die fünfköpfige Spitzengruppe rund um Peterson und Francois Cevert (Tyrrell-Ford), die fest davon überzeugt schienen, das Rennen unter sich ausmachen zu können.
Doch in der Parabolica, der allerletzten Kurve des Kurses, flog Gethin mit seinem Zwölfzylinder noch an beiden vorbei und gewann den Grand Prix schließlich mit einer halben Wagenlänge Vorsprung.
Bis heute ist Gethin der statistisch effizienteste Pilot in der Geschichte der Formel 1. Nur drei Führungsrunden waren dem damals 31-jährigen GP-Sieger vergönnt, allesamt in Monza.
Ob in Italien an jenem 5. September 1971 wirklich das engste Rennen aller Zeiten stattfand, lässt sich allerdings nicht mehr feststellen, weil damals nur bis zwei Stellen hinter dem Komma gemessen wurde. Beim GP der USA im Jahr 2002, den Rubens Barrichello mit 0,011 Sekunden Vorsprung vor Michael Schumacher gewann, war es beinahe ebenso knapp. Die Dramatik in Monza im Jahr 1971 war jedoch eine ganz andere ...