Am 3. September 2006 bestritt Andre Agassi sein letztes Tennis-Match. Mit Benjamin Becker sorgte ausgerechnet ein deutscher Qualifikant dafür, dass die große Karriere des US-Amerikaners in der 3. Runde der US Open nach 1144 Profispielen mit acht Grand-Slam-Titeln, 60 Turniersiegen, drei Daviscup-Erfolgen und Olympia-Gold vor heimischem Publikum ein Ende fand.
"Die Anzeigetafel sagt, dass ich heute verloren habe, aber was die Anzeigetafel nicht verdeutlicht ist, was ich in den letzten 21 Jahren alles gewonnen habe: Loyalität, Inspiration, die Zuneigung dieses Publikums, auf dessen Schultern ich erst zu diesem Spieler wachsen konnte. Danke!", sagte ein seit Langem von Rückenproblemen geplagter Agassi unter Tränen nach dem 5:7, 7:6, 4:6 und 5:7 gegen Becker.
Acht Minuten Applaus hatten die Zuschauer im Arthur-Ashe-Stadion dem Tennis-Weltstar zuvor geschenkt, unter ihnen auch Agassis Ehefrau Steffi Graf. "Du weißt ja zu keinem Zeitpunkt, dass es dein letztes Spiel in 21 Jahren sein wird. Aber schon physisch wurde es damals für mich immer anstrengender", erklärte der US-Amerikaner später gegenüber "Welt": "Es hat keiner großen Anstrengungen mehr bedurft, mich zu schlagen – so wie ich mich körperlich fühlte."

Benjamin Becker, zu dieser Zeit 112. der Tennis-Weltrangliste, nutzte die Gunst der Stunde und schickte sein großes Idol in Tennis-Rente. "Es war auch für mich ein schwerer, ein emotionaler Moment. Ich habe mich gefreut und war traurig zugleich. Es war wie im Film", erklärte der damals 25-jährige Sieger des Drittrunden-Matches und trat in den Hintergrund, um die Bühne Agassi zu überlassen.
Beckers nächster Gegner, Andy Roddick, war froh, dass er nicht er in die Verlegenheit gekommen war, seinen Landsmann aus dem Turnier zu werfen. "Man will nicht der Kerl sein, der Bambi erschießt", erklärte Roddick, langjähriger Schüler Agassis.
Agassi selbst blickte derweil voller Erleichterung in die Zukunft. "Ich werde aufwachen und mich nicht darum kümmern, wie es mir geht. Das wird toll sein", sagte der damals 36-Jährige, der heute mit Graf und seinen zwei Kindern, Jadil Gil und Jaz Elle, in Las Vegas lebt und sich um verschiedene gemeinnützige Stiftungen kümmert.
Chris Rohdenburg