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"Ich habe jede Motivation verloren"

Der Jäger steigt vom Sattel: Kittel verkündet Karriereende

Verabschiedet sich von der Radsport-Bühne: Marcel Kittel
Verabschiedet sich von der Radsport-Bühne: Marcel Kittel
Foto: © Chris Graythen, getty
23. August 2019, 16:16

Deutschlands Tour-Rekordetappenjäger Marcel Kittel hat genug von den Torturen und beendet nach 89 Profisiegen seine glanzvolle Radsport-Karriere.

Der 31-Jährige zog nach monatelangem Rätselraten in der aktuellen Ausgabe des Magazins "Spiegel" einen Schlussstrich. "Schmerzen definieren den Sport, die Welt, in der du lebst. Ich habe jede Motivation verloren, mich weiter auf dem Rad zu quälen", sagte Kittel.

Der Thüringer war 2011 Profi geworden und feierte gleich in seinem Debütjahr mit 17 Siegen nach dem Belgier Philippe Gilbert die zweitmeisten Erfolge der Saison. Mit 14 Tagessiegen bei der Tour de France ist der endschnelle Sprinter Deutschlands Rekord-Etappensieger bei der Frankreich-Rundfahrt, wo er 2013 und 2014 auch jeweils für einen Tag das Gelbe Trikot trug.

Kittel hatte im Mai aus persönlichen Gründen seinen Vertrag beim Team Katusha-Alpecin aufgelöst und seitdem seine Zukunft offen gelassen. Im Gespräch als neuer Arbeitgeber war zuletzt der niederländische Rennstall Jumbo-Visma, das Team des befreundeten Kollegen Tony Martin. Doch nun fällte Kittel eine klare Entscheidung.

Kittel blickt zurück: "Familie, Freunde, alles kam zu kurz"

"Als Radfahrer bist du 200 Tage im Jahr unterwegs. Ich möchte meinen Sohn nicht über Skype aufwachsen sehen", meinte Kittel, der gemeinsam mit seiner Freundin im November sein erstes Kind erwartet.

In den letzten Monaten sei ihm bewusst geworden, was durch seinen Sport in seinem Leben in den Hintergrund getreten sei: "Familie, Freunde, alles kam zu kurz. Dazu die permanente Müdigkeit und die Routine. Ich habe diesen Verlust an Lebensqualität immer mehr realisiert."

Den Rennanzug und das Fahrrad hatte Kittel schon im Juli gegen ein feines Kurzarmhemd und ein Mikrofon getauscht. Sichtlich gelöst gab er bei der 106. Tour de France sein Debüt als "ARD"-Experte. Im Vergleich zum Mai, als zur Trennung vom Team die Akkus leer schienen, wirkte Kittel im Sommer wieder voller Freude und mit positiver Energie geladen.

Damals war noch von einer persönlichen Auszeit die Rede. Um die Fortsetzung seiner erfolgreichen Laufbahn machte Kittel jedoch ein Geheimnis und genoss einfach seinen Besuch bei der Tour in vollen Zügen. "Es ist immer noch die gleiche Atmosphäre. Ich war sehr aufgeregt", berichtete er.

Marcel Kittel hat bei Katusha-Alpecin "kein Vertrauen gespürt"

Sportlich war Kittel in den vergangenen Jahren jedoch eine Wundertüte. In Top-Form war er von fast keinem zu schlagen, in schlechteren Zeiten wirkte er völlig außer Form.

2013, 2014 und 2017 gewann er jeweils mindestens vier Tour-Etappen, dazu gesellten sich mit 2015 und 2018 aber auch zwei echte Seuchenjahre.

Erstmals nannte Kittel nun Gründe für die Trennung von Katusha-Alpecin, wo er seit 2018 unter Vertrag stand: Er habe im Team kein Vertrauen gespürt, "sondern nur Druck. Druck. Druck."

 

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