Beim Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring ereignete sich am 1. August 1976 einer der schlimmsten Unfälle der Formel-1-Geschichte. Niki Lauda verlor die Kontrolle über seinen Ferrari und verunglückte schwer. Nur dank der Hilfe seiner Kontrahenten überlebte der 2019 verstorbene Österreicher.
Die Spannung vor dem Großen Preis von Deutschland 1976 war förmlich mit den Händen zu greifen. Das letzte Rennen auf der legendären Nordschleife stand unter keinem guten Stern.
Der 22,8 km lange Hochrisiko-Kurs galt als veraltet, die Sicherheitsvorkehrungen für die Fahrer als nicht mehr zeitgemäß. Als dann auch noch klar war, dass es am Renntag regnen würde, nahm der damals 28-jährige Weltmeister Niki Lauda das Heft des Handelns in die Hand.
Lauda berief eine Fahrerversammlung ein, um einen Boykott des Rennens zu diskutieren. In seinen Augen war der Kurs schon bei perfekten Bedingungen kaum zu beherrschen. Bei Nässe und Regen war die Strecke schlicht unkontrollierbar. Es kam zu einer Abstimmung unter den Piloten. Mit einer denkbar knappen Mehrheit entschieden sich die Fahrer dafür, den Grand Prix trotzdem auszutragen. Das Unvermeidliche nahm seinen Lauf.

Falsche Reifen, schlechter Stopp
Am Rennsonntag zerstreuten sich zunächst viele Zweifel im Fahrerlager. Die Strecke war zwar nass, trocknete an vielen Stellen aber bereits ab. Auch Regen war nicht in Sicht. Dennoch entschieden sich 25 der 26 Fahrer für einen Start auf Regenreifen. Einzig Jochen Mass zog Slicks auf.
Lauda und Pole-Setter James Hunt erwischten einen schlechten Start und verloren direkt einige Positionen. Auf der anderen Seite pflügte Mass auf seinen Trockenreifen regelrecht durch das Feld. Noch während des ersten Umlaufs war allen klar: Regenreifen waren die falsche Wahl.
Auch Lauda bog nach den ersten 22,8 km in die Box ab. Zu diesem Zeitpunkt hatte der WM-Führende bereits zahlreiche Plätze eingebüßt. Und auch sein Stopp lief nicht nach Plan, so dass der Österreicher weiter zurückfiel. Auf frischen Gummis startete Lauda seine Aufholjagd.
Kontrollverlust im Bergwerk
Die ersten Kilometer auf den Trockenreifen liefen nach Plan. Der Österreicher steuerte seinen Ferrari 312T2 an Flugplatz, Adenauer Forst und Exmühle vorbei, bog dann im Höchsttempo in den Streckenabschnitt, der Bergwerk genannt wurde. Hier passierte das Unglück.
In einer lang gezogenen Linkskurve brach das Heck des Ferrari plötzlich unvermittelt aus. Der Wagen schlingerte kurz, zog dann scharf nach rechts und knallte in die Streckenbegrenzung. Der 312T2 durchbrach die Fangzäune, prallte gegen einen Erdwall und schleuderte zurück auf die Strecke. Das Benzin entzündete sich binnen Sekunden. Lauda hatte keine Chance.
Kurz nachdem der brennende Ferrari zum Stehen kam, rasten Harald Ertl und Brett Lunger in den havarierten Boliden. Auch sie waren nur Passagiere und nicht in der Lage, rechtzeitig auszuweichen. "Der zweite Anprall von Lunger hat meinen eh schon brennenden Ferrari dann noch in diese Feuerhölle hineingeschoben, wo der Tank gelegen ist", erinnerte sich Lauda später.
Geistesgegenwärtig realisierten Laudas Rivalen den Ernst der Lage und eilten zu Hilfe. Arturo Merzario schaffte es schließlich, den Österreicher aus seinem brennenden Fahrzeug zu ziehen. Sein Einsatz rettete Lauda das Leben.
Formel-1-Comeback nach 42 Tagen
Mit schwersten Verbrennungen wurde Lauda erst nach Adenau, dann in das Koblenzer Krankenhaus eingeliefert.
Anschließend folgte die Verlegung in das Unfallkrankenhaus Ludwigshafen, wo die Ärzte feststellten, dass nicht Laudas Verbrennungen, sondern die Verletzungen an der Lunge das weitaus größere Problem waren. Im Klinikum Mannheim ging die Behandlung weiter.
Obwohl Lauda zwischenzeitlich ins Koma fiel, erholte sich der Österreicher schnell. Nur 42 Tage nach seinem Unfall saß er beim Großen Preis von Italien schon wieder im Cockpit. Ein Wunder, das nach den Bildern von der Nordschleife niemand für möglich gehalten hatte.
"Ich habe schnell gewusst, dass es ein Materialfehler war"
Lauda selbst vermutete später, dass ein Defekt den Unfall verursacht hat. "Ich habe relativ schnell gewusst, dass es ein Materialfehler war. Mein Chefmechaniker Cuoghi hat mir erzählt, dass der Anlenkpunkt des rechten hinteren Längslenkers gebrochen war", erklärte der Österreicher. Offiziell bestätigt wurde diese Version jedoch nie.
Klar ist dagegen, warum Lauda derart schwere Verbrennungen erlitt. Der Österreicher fuhr einen Helm, der mit einem laut Reglement nicht genehmigten Schaumstoff gepolstert war. Dieser Schaumstoff zog sich in der Hitze zusammen, so dass der Helm keinen Halt mehr hatte und Lauda vom Kopf sprang.
"Ich hatte Jahr und Tag einen Bell-Helm. In der Saison hatte AGV einen neuen Helm entwickelt, und mich zu ihrem Testvehikel gemacht. Der Helm war leichter, komfortabler, aber mir eigentlich zu groß. Er saß zu locker auf meinem Kopf. Ich glaube nicht, dass mir der Bell-Helm davongeflogen wäre", so Lauda, der sagte, dass die Verbrennungen überhaupt nicht schlimm gewesen wären, hätte er seinen Helm nicht verloren.