Stefan Bötticher verpasste die Krönung eines nahezu perfekten Keirin-Turniers, Kristina Vogel verschlug es in der Kommentatoren-Box wegen ihrer potenziellen Nachfolgerin fast die Sprache. Angeführt von Europameister Bötticher haben die deutschen Sprinter am zweiten Wettkampftag der Bahnrad-WM im polnischen Pruszkow für Aufsehen gesorgt. Einzig der Auftritt des früheren Titelträgers Joachim Eilers sorgte für Verärgerung.
Ganz im Gegenteil zu Bötticher. Der 27 Jahre alte Chemnitzer fuhr ein herausragendes Turnier, in dem er mit Ausnahme des Finals alle Rennen gewann. Dort musste sich Bötticher, 2013 Weltmeister im Sprint und Teamsprint, aber dem Niederländer Matthijs Buchli und Yudai Nitta aus Japan geschlagen geben.
"Klar ist man enttäuscht, wenn man die ersten drei Läufe für sich entscheidet. Man geht mit einer gewissen Erwartung ins Finale. Ich wollte eine Medaille, dieses Ziel habe ich erreicht", sagte Bötticher dem SID, "aktuell überwiegt die Enttäuschung. Ich denke aber, dass, wenn ich ein bisschen runtergekommen bin, die Freude überwiegen wird."
Bötticher war der einzige BDR-Athlet, der im Keirin die Endrunde erreichte. Enttäuschend verlief der Wettkampf vor allem für Ex-Weltmeister Eilers. Der Titelträger von 2016 belegte in seinem Hoffnungslauf den letzten Platz und verpasste den Sprung ins Viertelfinale. "Das war ein Debakel, indiskutabel", sagte Bundestrainer Detlef Uibel. Im Viertelfinale war für Marc Jurczyk Endstation.
Ein starkes Sprintturnier fährt WM-Debütantin Lea Sophie Friedrich. Die 19-Jährige zog gegen die Spanierin Tania Calvo Barbero mit 2:0 Läufen souverän ins Halbfinale ein. Dort trifft sie am Freitag auf Vize-Weltmeisterin Stephanie Morton aus Australien, die im Vorjahr gegen Kristina Vogel den Kürzeren gezogen hatte. Die Teamsprint-Dritte Emma Hinze war im Achtelfinale an Anastassija Woinowa aus Russland knapp gescheitert.
Vor dem Viertelfinale hatte Friedrich von der Disqualifikation der Russin Darja Schmeljewa profitiert, Barbero war das klar bessere Los. "Das war natürlich gut für mich, Darja wäre eine harte Gegnerin gewesen. Tania war ein gefundenes Fressen für mich", sagte Friedrich.
Begeistert war Friedrichs großes Vorbild Kristina Vogel. Die elfmalige Weltmeisterin, die nach ihrem folgenreichen Trainingsunfall im Sommer 2018 ihre Karriere beenden musste, war am Donnerstag als Co-Kommentatorin für den Weltverband UCI tätig - und sparte nicht mit Lob.
Kristina Vogel erkennt ihre Nachfolgerin
"Wahnsinn. Wenn sie so weiter macht, steht ihr die Welt offen. Ich erkenne mich ein bisschen in ihr wieder. Es macht einfach Spaß, ihr zuzusehen", sagte Vogel. Friedrich war die große Überraschung des Abends. Das Halbfinale, sagte sie, könne sie nun mit "ruhigem Gewissen" angehen: "Ich hätte niemals gedacht, dass ich im Sprint so weit komme. Das harte Training hat sich gelohnt."
In der Teamverfolgung der Frauen landeten Franziska Brauße, Lisa Brennauer, Lisa Klein und Gudrun Stock in 4:21,252 Minuten auf dem sechsten Rang.
Auch die Männer hatten sich nicht für die Medaillenläufe qualifiziert, am Mittwoch als Fünfte aber hinsichtlich der Olympia-Qualifikation für Tokio 2020 ihr Soll erfüllt. Zum Titel raste am Donnerstag Australien, das in 3:48,012 Minuten den ein Jahr alten Weltrekord um fast zwei Sekunden verbesserte. Silber ging an Großbritannien (3:50,810), das Podest komplettierte Dänemark (3:51,804).




