Der Große Preis der USA hat in der Formel-1-Geschichte einige denkwürdige Rennen hervorgebracht. Bis heute unvergessen ist die Ausgabe im Jahr 1984, die aus zahlreichen Gründen ihren festen Platz im Kuriositätenkabinett hat.
Der Große Preis der USA hat im Laufe der letzten Jahrzehnte auf vielen verschiedenen Rennstrecken stattgefunden. Eine davon war der Dallas Fair Park Grand Prix Circuit. 1984 war die Formel 1 in "Big D" zu Gast - doch noch bevor das Rennen startete, war klar, dass sie niemals wiederkommen würde.
25.000 Tonnen Asphalt hatten die Veranstalter rangekarrt, um einen tauglichen Straßenkurs für die Formel 1 aus dem Boden zu stampfen. Bei ihren Planungen hatten sie vieles bedacht. Dass in Texas im Juli bis zu 40 Grad Celcius herrschen und der Bodenbelag womöglich unter den Temperaturen leiden könnte, rutschte ihnen aber durch. Das hatte Folgen.
Keke Rosberg: "Das ist das Schlimmste, was ich je gesehen habe"
Schon nach den ersten Trainingsläufen platzte der Asphalt an unzähligen Stellen auf. Die Strecke wurde immer wieder notdürftig geflickt - und riss immer wieder auf. "Es ist widerlich schlecht. Das ist das Schlimmste, das ich je gesehen habe", fällte nicht nur Keke Rosberg ein vernichtendes Urteil über den Zustand des Grand Prix Circuit.
Um das Rennen nicht absagen zu müssen, wurde der Start am Sonntag aufgrund der hohen Temperaturen auf 11 Uhr vormittags vorverlegt. Doch auch zur frühen Stunde zeigte das Thermometer in Dallas bereits 38 Grad Celcius. Der Asphalt war zwar wieder einmal notdürftig repariert worden. Nur wenig Gedanken machte man sich allerdings darüber, was die Bedingungen mit Material und Fahrern anstellen würde.
Senna und die Mauer: "Dachte, er redet Blödsinn"
Als die Ampeln auf Grün schalteten, dauerte es nicht lange, bis die ersten Fahrer an ihre Grenzen kamen. Einer nach dem anderen rammte die engen Streckenbegrenzungen. Am Ende des Tages sollten 18 von 26 Fahrern ausfallen. 14 Piloten beendeten das Rennen in der Mauer. Einer von ihnen war der junge Ayrton Senna.

Sennas Ausfall sorgte nach dem Rennen für Schlagzeilen. Der Brasilianer war sich sicher, die Mauer nicht berührt zu haben. Stattdessen behauptete er, die Mauer habe sich bewegt. "Er bestand darauf", sagte sein Ex-Teamchef Pat Symonds.
"Ich dachte, er redet Blödsinn, aber wir mussten uns die Stelle ansehen. Also sind wir zur Unfallstelle gegangen. Und was haben wir entdeckt? Die Mauer hatte sich wirklich bewegt", erinnerte sich der Brite.
Später kam heraus: Die Mauer wurde zeitgleich noch von einem anderen Fahrer touchiert. Diese Berührung sorgte für eine Verschiebung des gesamten Blocks. "Senna ist mit so einer Präzision gefahren, dass diese paar Millimeter ausreichten, um die Berührung hervorzurufen", analysierte Symonds.
Rosbergs Trick und ein kühler Kopf
Während rund drei Viertel des Feldes das Rennen vorzeitig beendete, drehte an der Spitze Keke Rosberg seine Runden. Der Weltmeister von 1982 hatte sich mit einem simplen Trick einen Vorteil erarbeitet, der in der Hitzeschlacht von Dallas entscheidend war: Rosberg startete als einziger Pilot mit einem Wasser-Kühlsystem in seinem Helm, das damals bereits in der NASCAR-Serie genutzt wurde.
Bei Asphalt-Temperaturen von 66 Grad Celcius, über 40 Grad an der Luft und unvorstellbarer Hitze im Cockpit war Rosberg wortwörtlich der coolste Fahrer im Feld. Der Finne gewann der Großen Preis der USA vor René Arnoux (Ferrari) und Elio de Angelis (Lotus-Renault), der als Drittplatzierter über eine Runde Rückstand hatte.
>>> Das Ergebnis des Dallas-GP 1984 in der Übersicht
Als die Top Drei die Tortour bereits hinter sich hatten, sollte das größte Drama des Rennens noch gar nicht begonnen haben. Unfreiwillig in der Hauptrolle: Lotus-Fahrer Nigel Mansell.
Zusammenbruch! Drama um Nigel Mansell
Mansell hatte die Ziellinie schon vor Augen, als das Getriebe seines Boliden streikte. Aufgeben kam für den Briten nicht infrage, also stieg er kurzerhand aus seinem Wagen aus und begann damit, das Auto Richtung Zielflagge zu schieben.
Meter für Meter brachte der damals 30-Jährige hinter sich. Dann traf ihn plötzlich der Schlag. Mansell brach neben seinem Lotus zusammen und blieb liegen. Ausgelaugt, dehydriert, mit den Kräften am Ende. Alles vor den Augen der Zuschauer und TV-Kameras.
"Ich war so wütend und habe einfach immer weitergeschoben. Dann sind die Lichter ausgegangen und ich bin im Krankenhaus aufgewacht, am Tropf in einem Bett vollgepackt mit Eis", erinnerte sich der spätere Weltmeister nach dem Rennen.
Kurios: Schon zwei Tage vor dem Rennen sagte Mansell in Dallas: "Das ist der härteste Kurs, auf dem ich je gewesen bin. Ohne Zweifel." Dass er 48 Stunden später zu Fuß über die Ziellinie gehen, auf dem Asphalt zusammenbrechen und im Krankenhaus aufwachen sollte, ahnte da noch niemand. Dass Dallas keine zweite Chance mehr bekommen würde, war hingegen allen klar.