John Degenkolb sprintete hauchdünn an einem deutschen Happy End vorbei, Triumphator Geraint Thomas war bei seiner "Tour d'Honneur" in bester Champagnerlaune: Während sich die erfolgsverwöhnten deutschen Radstars bei der 105. Tour de France mit einem Etappensieg Degenkolbs begnügen mussten, holte das britische Team Sky zum sechsten Mal in sieben Jahren den Tour-Sieg.
Diesmal jedoch trug der Waliser Thomas auf den Champs Elysees in Paris das Gelbe Trikot, er entthronte Titelverteidiger und Teamkollege Chris Froome.
Zwei Wochen nach seiner Sternstunde in Roubaix hatte Degenkolb im prestigeträchtigen Sprint auf dem Pariser Prachtboulevard beinahe die größten Reserven. Der nahe Frankfurt lebende Thüringer wurde nach den letzten 116 km des wichtigsten und größten Radrennens der Welt nur vom Norweger Alexander Kristoff auf den letzten Metern überspurtet.
"Es war ein guter Sprint von mir, die Vorbereitung durch die Mannschaft hat wie gewünscht geklappt. Ich habe alles rausgelassen, aber ein anderer war stärker", sagte Degenkolb in der "ARD": "Es hat nicht viel gefehlt, aber eben ein bisschen."
Deutscher Nils Politt zeigt sich
Die Sieger der vergangenen Jahre hatten Paris diesmal gar nicht erreicht, die deutschen Top-Sprinter Marcel Kittel (2013, 2014) und Andre Greipel (2015, 2016) waren ebenso in den Alpen ausgeschieden wie Dylan Groenewegen (2017) und auch Mark Cavendish (2009 bis 2012).
Nach der traditionellen Einrollphase auf dem Weg ins Zentrum der französischen Hauptstadt entbrannte auf den verbleibenden der insgesamt 3351 Kilometer seit dem Tour-Start vor drei Wochen eine verbissene Hatz um den letzten Tagessieg. Ausreißer rechneten sich größere Chancen als in den Vorjahren aus, weil die Phalanx der starken Sprinter diesmal doch merklich ausgedünnt war.
Thomas hielt sich stets im Windschatten seiner Sky-Teamgefährten auf, um jeder Gefahr aus dem Weg zu gehen. Attackiert wurde sein Gelbes Trikot wie üblich nicht mehr. Der Kölner Nils Politt versuchte für das gebeutelte Team Katusha-Alpecin der längst ausgeschiedenen Kittel und Tony Martin noch einmal Akzente zu setzen, aber nicht zuletzt die deutsche Equipe Bora-hansgrohe des Slowaken Peter Sagan investierte viel Energie in den erhofften Massensprint.
Froome stellt sich in den Dienst des Teams
Der geschlagene Froome ertrug mit Stil den misslungen Versuch, als Erster seit dem unglückseligen Marco Pantani (1998) den Giro d'Italia und die Tour in einem Jahr zu gewinnen. Ohne Murren akzeptierte er Thomas' Überlegenheit und fügte sich in seine Rolle. Diesmal trug er auf dem Schlussabschnitt nur die schon zur Gewohnheit gewordenen gelben Applikationen am Sky-Rennoutfit, im begehrenswerten Maillot jaune strahlte sein einstiger Edelhelfer. "Ich muss auch Froomey einen großen Dank aussprechen. Er hat sich am Ende meinem Sieg verschrieben", sagte Thomas.
Den letzten Hauch eines Zweifels an seinem Sieg hatte er beim Einzelzeitfahren nach Espelette im französischen Baskenland zerstreut. Der Souverän dieser Tour hatte jederzeit alles im Griff und Rang drei hinter dem Niederländer Tom Dumoulin und Froome reichte am Samstag locker, um seinen Vorsprung zu behaupten. Einer innigen Umarmung mit seiner Frau folgte eine ebensolche mit dem umstrittenen Sky-Teamchef Dave Brailsford, bei der Thomas die Tränen kamen.
Weder durch das Tohuwabohu um die Salbutamol-Affäre von Froome, noch durch die permanenten Buhrufe und teils gar körperlichen Angriffe in Frankreich ließ sich die oft skeptisch beäugte, aber beherrschende Equipe dieses Jahrzehnts aus dem Tritt bringen. Sky und Thomas waren nicht zu gefährden, Brailsford prostete aus dem Auto mit einem triumphierendem Lächeln und erhobenem Daumen seinen Stars zu.








