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Tour-Sieg 1997

Als Jan Ullrich Radsport-Geschichte schrieb

Ganz oben angekommen: Jan Ullrich (M.) gewann im Jahr 1997 die Tour de France
Ganz oben angekommen: Jan Ullrich (M.) gewann im Jahr 1997 die Tour de France
Foto: © unknown
27. Juli 2025, 12:16
sport.de
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Am 27. Juli 1997 brachte er es nach Hause! Jan Ullrich beendete an diesem Sommertag die Frankreich-Rundfahrt gesichert im Peloton und stand damit als erster und bis heute einziger Deutscher als Gesamtsieger der Tour de France fest.

Der größte Erfolg der deutschen Radsportgeschichte war damit perfekt. Vorangegangen waren drei Wochen Tour der Leiden, in denen sich Jan Ullrich zum neuen Superstar seiner Sportart aufschwang.

Zunächst loyal dem eigentlichen Team-Telekom-Kapitän Bjarne Riis gegenüber, dann unwiderstehlich beim legendären "Sturm nach Andorra" während der zehnten Etappe und ebenso kompromisslos wie unaufhaltsam beim Zeitfahren.

Der 23-jährige Senkrechtstarter stellte die versammelte Favoritenriege um Vorjahressieger Riis und die Kletterspezialisten Richard Virenque und Marco Pantani in den Schatten und rauschte mit über neun Minuten Vorsprung zum Gesamtsieg.

Der leuchtende Stern Ullrichs ging in Andorra auf, als er im großen Gang die Solo-Attacke ansetzte. Niemand konnte diesem Antritt folgen, das Gelbe Trikot war der verdiente Lohn. 

Drei Tage später folgte die Machtdemonstration im Zeitfahren. Während der 55,5 Kilometer nach Saint-Étienne kassierte der gebürtige Rostocker auf seiner Zeitfahrmaschine sogar den drei Minuten vor ihm gestarteten Gesamtzweiten Richard Virenque. Spätestens hier war allen Beteiligten klar: Der Mann im Maillot Jaune ist in diesem Jahr nicht zu schlagen!

Elf Etappen im Gelben Trikot

Sowohl Marco Pantani als auch Richard Virenque entschieden in den Alpen zwar noch einzelne Tagesabschnitte für sich, doch gefährlich werden konnte dem späteren Wahl-Schweizer niemand mehr.

Weder hoch ins legendäre L'Alpe d'Huez, wo Pantani sogar eine Minute aufholen konnte, noch beim letzten Einzelzeitfahren, welches am Tag vor dem großen Finale der Spanier Abraham Olano für sich entschied. 

Sie prägten die Tour '97: Jan Ullrich, Marco Pantani und Richard Virenque (v.l.)

Die Triumphfahrt über den Champs-Élysées in Paris war für den als Edelhelfer gestarteten Ullrich der verdiente Lohn einer Rundfahrt, die bis heute unvergessen bleibt.

Nachdem die erste Woche noch weitestgehend den Sprintern um den ebenfalls entfesselt fahrenden Erik Zabel gehörte, prägte der damals amtierende Deutsche Meister ab der zweiten Woche das Bild. Elf Mal startete der neue Superstar des deutschen Sports im Trikot des Gesamtführenden, ehe er es am 27. Juli in die französische Hauptstadt trug. 

Nur einmal drohte "Ulle" zu straucheln: Unvergessen bis heute ist der Tag in den Vogesen, als Teamkollege Udo Bölts Ullrich anstacheln musste. Mit dem berühmten Satz "Quäl dich, du Sau" motivierte der Routinier seinen jungen Teamkollegen.

Sich quälen – damit hatte Ullrich in den Jahren danach häufig Probleme. Doch 1997 funktionierte es. Auch dank seiner Leistungs- und Leidensfähigkeit, die ihm mit auf den Weg gegeben wurde, wie Ullrich Jahr später selbst gegenüber der "Kleinen Zeitung" ausführte: "Mir wurde einiges an Talent in die Wiege gelegt. Viele sprechen sogar von Jahrhunderttalent."

War Ullrich auch 1997 gedopt?

Es ist bis heute der einzige Triumph eines deutschen Fahrers beim wichtigsten Radrennen der Welt. Und umstritten ist der Sieg dazu. Schließlich wird Ullrich später des Dopings überführt. Für das Jahr 1997 werden ihm aber offiziell keine Verfehlungen nachgewiesen, deswegen hält er den Titel nach wie vor.

Jahrelang wies Ullrich die Vorwürfe in der Öffentlichkeit zurück. Er habe "nie jemanden betrogen", sagte er 2013 in einem "Focus"-Interview. "Betrug fängt für mich dann an, wenn ich mir einen Vorteil verschaffe. Dem war nicht so. Ich wollte für Chancengleichheit sorgen", führte er Jahre später aus. Das komplette Dopinggeständnis folgte erst nach den Corona-Jahren samt eigener TV-Dokumentation.

In der im Herbst 2023 veröffentlichten Doku über seine Vergangenheit wich Ullrich von früheren Statements klar ab, revidierte frühere Aussagen: "Dass ich niemanden betrogen habe, war falsch. Für mich war das auf meine Gegner getrimmt, aber die Fans gehören natürlich auch dazu", so der gebürtige Rostocker in der Amazon-Doku "Jan Ullrich - Der Gejagte", in der er grundlegend mit seiner Doping-Vergangenheit aufräumte.

Dass er Millionen von Fans betrog, die an seinen ehrlichen Sieg glaubten, war ihm zuvor jahrelang egal. Die jahrelang mangelhafte Aufklärung über seine Dopingvergangenheit hatte dazu beigetragen, dass Ullrichs Image in der Öffentlichkeit bis heute arg gelitten hat.

Die Bilder von 1997 lösen immer noch Gänsehaut aus, auch wenn der wahre Wert von Ullrichs erstem und einzigem Tour-de-France-Sieg ungewiss bleibt. 

Mats-Yannick Roth

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