Im "Party-Modus" zur Rekord-Pole: Weltmeister Lewis Hamilton bleibt der unangefochtene Qualifying-König von Australien - und demoralisiert seine Herausforderer um Sebastian Vettel schon vor dem ersten Saisonrennen
Der Mercedes-Star aus England sicherte sich in der Streckenrekordzeit von 1:21,164 Minuten bereits seine siebte Pole Position im Albert Park von Melbourne. Ferrari-Star Vettel musste sich seinem Dauerrivalen mit seiner "Loria" als Dritter um die kleine Galaxie von fast sieben Zehntelsekunden geschlagen geben.
Dennoch sprach sich Vettel für seinen 200. Grand Prix am Sonntag (7:10 Uhr MESZ/RTL) Mut zu: "Gestern war ich nicht zufrieden. Ich habe das Auto nicht gefühlt. Aber wir haben es verbessert. Vielleicht gelingt uns ja noch einmal so ein Sprung."
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Hamilton, der den Qualifying-Trimm seines Silberpfeils zuletzt euphorisch als "Party-Modus" gepriesen hatte, war überglücklich: "So eine Runde ist nicht normal. Es ist immer noch sehr intensiv, mein Herz rast." Allerdings habe "Ferrari einen Schritt nach vorn gemacht. Es wird eng im Rennen", fügte der 33-Jährige an.
Mit seiner 73. Pole setzt sich Hamilton in dieser Wertung immer weiter von der Konkurrenz ab, auch in der Australien-Statistik liegt er nun eine Pole vor dem legendären Brasilianer Ayrton Senna (sechs). Allerdings hat Hamilton lediglich 2008 und 2015 den ersten Startplatz im Albert Park in einen Sieg verwandelt.
Hamilton baut den Vorsprung aus - Die Rekord-Polesetter
Im Vorjahr hatte Hamilton sich nach einem taktisch schlechten Boxenstopp Vettel geschlagen geben müssen - damals war der Abstand zwischen den beiden viermaligen Weltmeistern im Qualifying aber deutlich geringer. Zudem muss Vettel am Sonntag auch nach hinten schauen: Der hochgewettete Red-Bull-Pilot Max Verstappen war auf seiner besten Qualifying-Runde nur 0,041 Sekunden langsamer als der Heppenheimer.
Der zweite Mercedes fehlt dagegen in den vorderen Reihen: Hamiltons Teamkollege Valtteri Bottas flog im Q3 nach einem Fahrfehler böse ab. Der zerstörte Silberpfeil des Finnen blockierte die Strecke, das Qualifying wurde für zehn Minuten unterbrochen.
Bottas konnte seinen havarierten Boliden zwar aus eigener Kraft verlassen, allerdings muss das Getriebe gewechselt werden. Damit wird der WM-Dritte der Vorsaison vom zehnten auf den 15. Startplatz zurückversetzt.
Renault-Pilot Nico Hülkenberg sicherte sich den guten siebten Startplatz - auch weil Lokalmatador Daniel Ricciardo (Red Bull) als Fünfter des Qualifyings eine Drei-Plätze-Strafe wegen überhöhter Geschwindigkeit unter Roter Flagge im Freitagstraining verbüßen muss. Damit sind schon vor dem Start die Chancen gering, dass in der 34. Auflage des Großen Preises von Australien erstmals ein Fahrer aus Down Under das Podium erreicht.
Die Startaufstellung beim Großen Preis von Australien
Im wenig aussagekräftigen Abschlusstraining am Samstagmittag hatte Vettel noch mit weitem Abstand die Bestzeit gesetzt. Viele Fahrer, darunter Weltmeister Hamilton, verzichteten im Gegensatz zum Ferrari-Star allerdings darauf, sich mit Trockenreifen ans Limit heranzutasten.
Die allgemeine Zurückhaltung hatte Gründe: Nachdem es am Vormittag in Melbourne zunächst stundenlang stark geregnet hatte, trocknete die Strecke bis zum Beginn des Qualifyings komplett ab. Damit waren die Erkenntnisse aus dem dritten freien Training bei Mischverhältnissen ziemlich überschaubar.
Auch am Sonntag soll es nach aktuellen Prognosen allenfalls am Vormittag regnen, zum Rennstart um 16.10 Uhr Ortszeit sollten die Piloten ebenfalls trockene Bedingungen vorfinden.
Das Qualifying in der Chronologie:
Im Gegensatz zum dritten Training am Vormittag wurde das Qualifying am Nachmittag auf komplett trockener Strecke ausgetragen. Die Piloten gingen daher gleich mit Slicks auf ihre schnellen Runden.
Carlos Sainz (Renault) ging auf Ultrasoft-Reifen mit 1:24.655 Minuten schon früh in Führung, allerdings griffen einige Piloten nicht sofort in die Zeitenjagd ein. Unter anderem die Red-Bull-Piloten ließen bis zu ihrer ersten Ausfahrt einige Minuten ungenutzt verstreiten.
Es folgte ein Ferrari-Doppelschlag: Kimi Räikkönen setzt sich mit 1:23.616 Minuten an die Spitze, Teamkollege Sebastian Vettel folgte mit 1:23.921 Minuten auf Rang zwei. Lewis Hamilton (Mercedes) schob sich mit 1:23.802 Minuten zwischen die Ferrari-Piloten - wie die Konkurrenz auf Ultrasoft-Reifen.
Zehn Minuten vor dem Ablauf der Zeit drückte Räikkönen seinen eigenen Bestwert auf 1:23.096 Minuten und verteidigte damit den Spitzenplatz vor Daniel Ricciardo (Red Bull) und Max Verstappen (Red Bull). Erneut verpasste Hamilton daraufhin eine Bestzeit, indem er sich in 1:23.263 Minuten auf Rang zwei schob.
Im nächsten Versuch aber brachte Hamilton eine starke Runde zustande: 1:22.824 Minuten bedeuteten Rang eins vor Räikkönen und Vettel, der sich mit 1:23.348 Minuten auf Platz drei verbesserte - vor Verstappen und Ricciardo.
In der Schlussminute rückte Nico Hülkenberg (Renault) in die Top 10 vor, während die Spitze bereits an der Box stand.
Dafür tat sich weiter hinten noch etwas: Lance Stroll (Williams) fuhr im letzten Angriff aus der "Gefahrenzone" und hinein in die Top 15. Brendon Hartley (Toro Rosso) steigerte sich ebenfalls vom letzten Platz aus kommend, kam jedoch nicht über Rang 16 hinaus. Gerade einmal 0,029 Sekunden trennten ihn von Position 15, die schließlich Esteban Ocon (Force India) ins Ziel rettete.
In Q1 schieden aus: Brendon Hartley (Toro Rosso), Marcus Ericsson (Sauber), Charles Leclerc (Sauber), Sergei Sirotkin (Williams), Pierre Gasly (Toro Rosso)
Räikkönen eröffnete Q2 mit 1:22.507 Minuten, während Hülkenberg nach einem kapitalen Verbremser vor Kurve 1 kurz durch das Kiesbett rodelte. Hamilton übernahm jedoch sogleich mit 1:22.051 Minuten die Spitze, Vettel reihte sich mit 1:22.645 Minuten auf Position drei ein.
Hülkenberg und Ocon hingegen ließen sich Zeit mit ihren ersten fliegenden Runden und schienen fünf Minuten vor dem Ende von Q2 noch nicht auf dem Klassement auf.
Vier Minuten vor Schluss nahm das Qualifying erneut Fahrt auf, weil die Piloten für ihre zweiten Attacken nacheinander auf die Strecke gingen. Ferrari wartete aber lange ab und schickte seine Fahrer erst in letzter Sekunde los.
Romain Grosjean (Haas) war einer der Ersten mit einer Verbesserung und rückte vor auf Rang acht, auch sein Teamkollege Kevin Magnussen (Haas) legte zu - Platz sieben. Hülkenberg gelang als Neunter ebenfalls der Top-10-Einzug.
Dann wurde es auch an der Spitze ernst: Bottas stellte seinen Mercedes mit 1:22.089 Minuten auf Platz zwei hinter Hamilton und vor Verstappen, Räikkönen und Vettel. Letzterer konterte jedoch in 1:21.944 Minuten und übernahm die Führung vor den beiden Silberpfeilen.
Während Hülkenberg als Zehnter gerade noch das Weiterkommen sicherstellte, schied Fernando Alonso (McLaren) als Elfter aus. Dafür fuhren sowohl Magnussen als auch Grosjean für Haas scheinbar mühelos in die Top 10.
In Q2 schieden aus: Fernando Alonso (McLaren), Stoffel Vandoorne (McLaren), Sergio Perez (Force India), Lance Stroll (Williams), Esteban Ocon (Force India)
Noch vor der ersten gezeiteten Runde in Q3 ereignete sich der erste Unfall der Formel-1-Saison 2018: Bottas crashte ausgangs Kurve 1 und schlug heftig in die Reifenstapel ein. Er stieg aus eigener Kraft aus seinem Auto, das auf der rechten Seite heftige Zerstörungen aufwies. Das Qualifying wurde mit roten Flaggen unterbrochen.
Nach der Zwangspause verblieben gut neun Minuten in Q3, weshalb die restlichen neun Fahrer keine Zeit verloren, um erneut auf die Strecke zu gehen. An der Unfallstelle wurden allerdings gelb-rote Flaggen gezeigt: Flüssigkeit auf der Bahn.
Hamilton suchte die Initiative und erreichte mit 1:22.051 Minuten die Führung in Q3 vor Verstappen und Räikkönen sowie Ricciardo. Vettel verfehlte die Bestzeit seines Mercedes-Rivalen und steuerte seinen Ferrari mit 1:22.085 Minuten knapp auf Platz zwei.
Sainz, Magnussen, Grosjean und Hülkenberg sparten sich den ersten "Schuss" in Q3, sodass vier Minuten vor dem Ablauf der Zeit nur fünf Zeiten auf den Monitoren aufschienen. Doch dann rückten alle Piloten minus Bottas noch einmal aus.
Kurios: Grosjean lief in der Boxengasse auf einen vor ihm herausfahrenden Renault auf und setzte auf der rechten Seite zum Überholen an. Dabei verließ er allerdings die sogenannte Fast-Lane.
Mit 1:21.164 Minuten setzte sich Hamilton schließlich um fast sieben Zehntel gegen Räikkönen durch. Vettel erreichte "nur" Rang drei vor Verstappen und Ricciardo. Hülkenberg erzielte Rang acht.

