Nach seiner unter dem Strich nur "befriedigenden" Saison hatte Sebastian Vettel ganz konkrete Vorstellungen, wie es weitergehen soll. "Ich besorge mir was zu trinken, dann werde ich am Montag ausnüchtern, dann den Test fahren - und dann mache ich eine ganz kurze Pause", sagte der Vize-Weltmeister nach dem Formel-1-Saisonfinale in Abu Dhabi.
Platz drei zum Abschluss war nicht das, was sich der Heppenheimer erhofft hatte. Das alkoholische Getränk diente wohl eher der Frustbewältigung als der Feier seiner ersten Vizeweltmeisterschaft für Ferrari. Auf dem Yas Marina Circuit kämpfte Vettel gegen die Mercedes von Rennsieger Valtteri Bottas und Weltmeister Lewis Hamilton jedenfalls mit äußerst stumpfen Waffen.
In Italien schrillen deswegen die Alarmglocken. Statt Aufbruchstimmung nach der besten Ferrari-Saison seit fünf Jahren herrscht große Sorge vor einem früh platzenden Titeltraum im kommenden Jahr. "Ferrari verliert das Lachen", titelte der "Corriere dello Sport". Die "Gazzetta dello Sport" sprach gar von einem "psychologischen Zusammenbruch" des Deutschen, legte dem Team die Anstellung eines "Mentalcoachs" nahe und urteilte harsch: "Von außen hat man den Eindruck, dass bei Ferrari eine konstante, übertriebene und nutzlose Spannung herrscht." "La Repubblica" sah Vettel schlicht als "Schatten seiner selbst".
Vettel unter dem Strich nicht zufrieden
Vettel, der am Sonntag auf Nachfrage seiner Saison die Note "befriedigend" gab, will gleich nach Weihnachten sein Fitnessprogramm wieder voll aufnehmen und der Ferrari-Crew ein gutes Vorbild geben - denn Verbesserungsbedarf sieht der 30-Jährige in allen Bereichen. "Wir haben nicht die Fahrer- und die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft gewonnen, deswegen können wir unter dem Strich nicht zufrieden sein", zählte er die Defizite auf, um sogleich Optimismus zu verbreiten: "Wir haben viele Schritte gemacht. Ich hoffe, dass wir im nächsten Jahr dann noch einen Schritt nach vorne machen können."
Nach den Eindrücken von Abu Dhabi sind das aber nicht mehr als Durchhalteparolen, denn in der Wüste wurde es nichts mit dem Vorhaben, das Weltmeisterteam Mercedes mit zwei Niederlagen in Folge in die Saisonpause zu schicken - und womöglich den in seinem Selbstvertrauen eigentlich unerschütterlichen Hamilton ins Grübeln zu bringen.
Hamilton wie Schumacher und Fangio
Stattdessen machte Abu Dhabi deutlich, dass Vettel auch 2018 ein harter Kampf bevorsteht, wenn es mit seiner ersten Weltmeisterschaft für Ferrari klappen soll. Der technologische Vorsprung insbesondere der ersten Saisonphase, als Ferrari aus der Regelreform zu Jahresbeginn am meisten Kapital schlagen konnte, scheint aufgebraucht.
Mercedes wird wohl für 2018 ein kürzeres Auto bauen, um auch auf verwinkelten Kursen wie Monaco oder Budapest vorne mitzumischen. Konstant sind die Silberpfeile sowieso: Hamilton ist nach Juan Manuel Fangio 1954 und Michael Schumacher 2002 erst der dritte Weltmeister, der auf dem Weg zum Titelgewinn in allen Rennen punkten konnte.
Hamilton wie auch Vettel können 2018 nach Titeln zum fünfmaligen Champion Fangio aufschließen. Der Engländer erwartet entgegen der silbernen Machtdemonstration von Abu Dhabi wieder einen heißen Kampf mit den Roten: "Wir testen ab Dienstag schon für nächstes Jahr. Die Formel 1 schläft einfach nicht, es ist verrückt. Aber das wird auch nötig sein, um vorne zu bleiben."

