Alexander Zverev erlebte in Peking ein Wechselbad der Gefühle. Erst erfüllte sich der deutsche Tennisstar mit der Qualifikation für das ATP-Finale in London einen Traum, dann schob er nach der Halbfinalniederlage gegen Nick Kyrgios Frust.
Alexander Zverev pfefferte seinen Schläger voller Wut auf den Boden, so hatte er sich seinen Halbfinal-Auftritt in Peking nicht vorgestellt. Immerhin gehört Zverev seit Freitag offiziell zum illustren Kreis der acht weltbesten Tennisprofis im Jahr 2017 und darf als erster Deutscher seit einer gefühlten Ewigkeit am ATP-Saisonfinale teilnehmen. Eine Leistung wie beim 3:6, 5:7 gegen den Australier Nick Kyrgios passt daher nicht ins Selbstverständnis des selbstbewussten Hamburgers.
Zverev hatte sich bereits auf das Kräftemessen im Endspiel gegen den Weltranglistenersten Rafael Nadal gefreut, schlich allerdings mit hängendem Kopf und gebrochenem Schläger vom Platz. Stattdessen durfte Kyrgios den Spanier herausfordern. Allerdings erfolglos: Nadal holte mit dem 6:2, 6:1 seinen sechsten Titel der Saison und setzte sich damit auch von Zverev ab, der bislang fünfmal triumphiert hat.
Final-Teilnahme als Beweis für gute Saison
"Die Dinge sind nicht so gelaufen, wie sie hätten sollen", schrieb der 20-Jährige auf seiner Facebook-Seite: "Der bessere Spieler hat heute gewonnen." Aufmunternde Worte bekam er von seinem Kumpel Kyrgios: "Es ist immer eng gegen ihn. Er spielt ein tolles Jahr und ist jetzt einer der besten Spieler der Welt. Er hat eine fantastische Zukunft vor sich."
Die kann für Zverev jedoch gar nicht schnell genug beginnen, seine Ungeduld trübt in manchen Momenten seinen Blick für das bereits Erreichte. In Wimbledon, als er mit dem Einzug ins Achtelfinale sein bislang bestes Grand-Slam-Resultat erzielt hatte, meckerte er: "Ich habe langsam genug vom Lernen!" Mit etwas Abstand weiß Zverev seine wenigen Niederlagen besser einzuordnen, schon in Peking ließ der Weltranglistenvierte wissen: "Die Qualifikation für das ATP-Finale in London beweist, wie gut ich über die gesamte Saison gespielt habe."
Die Zeit spielt für Zverev
So gut, wie kein anderer deutscher Spieler seit 14 Jahren. Zuletzt durfte Rainer Schüttler, damals noch in Houston/Texas, beim traditionellen Abschlussturnier der ATP-Tour aufschlagen. In längst vergangenen Tennis-Zeiten, als das Event noch Masters oder ATP-Weltmeisterschaft hieß, feierte Deutschland durch seine beiden Besten, Boris Becker (1988, 1992, 1995) und Michael Stich (1993), sogar regelmäßig Titel.
Die sind auch Zverevs Anspruch, ob im November (12. bis 19.) in der Londoner O2-Arena oder bei den vier Grand-Slam-Turnieren. Das Potenzial dazu besitzt er allemal, das hat Zverev nicht nur bei seinen Masters-Siegen 2017 in Rom und Montreal unter Beweis gestellt. Die Zeit spielt für ihn, und daher verschwand auch seine Wut so schnell, wie sie gekommen war. Schon am Sonntag begann das Masters in Shanghai - mit Rafael Nadal und Roger Federer. Für Zverev die nächste Chance, sich mit den Superstars zu messen.




