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Es sollte der größte Moment seiner Karriere werden! Mehrere Jahre Vorbereitung hatte 400-Meter-Läufer Derek Redmond in die Olympischen Spiele 1992 in Barcelona investiert. Er träumte von Gold, es endete im Drama. Und am 3. August 1992 in einem der emotionalsten Momente der jüngeren olympischen Geschichte.
Der damals 26-Jährige galt als heißer Anwärter auf olympisches Edelmetall für die Spiele in Barcelona. Vier Jahre zuvor endete Olympia in Seoul bereits in einer sportlichen Tragödie, als Redmond nur 90 Sekunden vor Beginn seines Vorlaufes über die 400 Meter mit einer Verletzung der Achillessehne zur vorzeitigen Aufgabe gezwungen wurde.
Doch der olympische Traum im ehrgeizigen Sprinter lebt weiter. Einmal ein olympisches Finale, einmal aufs Siegerpodest laufen. Es blieben die großen Ziele Redmonds, der sich in den Folgejahren aufgrund der Achillessehnenprobleme und weiterer Rückschläge acht Operationen unterziehen musste.
Das olympische Feuer loderte dennoch immer weiter im Spezialisten über die 400 Meter, dessen Bestzeit das Weltklasseniveau von 44,50 Sekunden erreicht hatte. Ein Jahr vor den Spielen in der katalanischen Metropole hatte Redmond mit der 4x400-Meter-Staffel seines Landes sensationell die Goldmedaille bei der Leichtathletik-WM in Tokio gewonnen. Großbritannien schlug die hochfavorisierten US-Amerikaner, auch dank eines Fabellaufs von Derek Redmond, mit der zweitschnellsten je gelaufenen Zeit über diese Staffeldistanz.
Als Schnellster ins Halbfinale
In Topform reiste der Brite in Barcelona an, und die ersten Resultate gaben ihm Recht. Bestzeit im Vorlauf, Sieger in der zweiten Runde. Es folgte das letzte olympische Rennen Redmonds, welches ihn trotz des bittersten sportlichen Rückschlages seiner Karriere zum Idol einer gesamten Leichtathletik-Generation werden ließ.
Das Halbfinale über die 400 Meter sollte nur noch Formsache sein, schließlich träumte Redmond längst vom Endlauf und einer möglichen Medaille. Er schien seiner Favoritenstellung auch vollends gerecht zu werden. Mit großer Entschlossenheit und einem furiosen Start sprintete der Staffelweltmeister los, setzte sich nach etwas mehr als der Hälfte des Rennens an die Spitze. Was dann passierte, bleibt unvergessen.
Nach 250 Metern war das Rennen für Redmond gelaufen. Er fasste sich an den hinteren Oberschenkel - mit schmerzverzerrtem Gesicht und der Gewissheit: Muskelfaserriss!
Doch Redmond gab nicht auf. Er wollte dieses Rennen zu Ende laufen, egal in welcher Zeit und egal mit welchen Schmerzen. Als dann auch noch Vater Jim Redmond in den Innenraum gelang und Arm in Arm mit seinem Sohn über die Ziellinie humpelte, hatte die Dramaturgie ihren Höhepunkt erreicht.
"Du kannst Courage nicht messen!"
Redmond senior meinte im Anschluss: "Wir haben diese Karriere zusammen begonnen und ich dachte, wir sollten sie auch zusammen beenden". Auch Ordner und Stewards hindern die Redmonds nicht daran, ihren persönlichen Kampf zu gewinnen und die Stadionrunde abzuschließen.
Das 400-Meter-Halbfinale von Barcelona steht bis heute stellvertretend für all das, was den Olympischen Geist ausmacht. Über 65.000 Zuschauer im Stadion jubelten Redmond mit stehenden Ovationen zu, als dieser unter Tränen aufgelöst und vom Vater gestützt die Ziellinie überquerte.
Für das Olympischen Komitee wurde der Kampf Derek Redmonds, der trotz seiner Verletzung und des aussichtslosen letzten Platzes für seinen großen Traum fightete und getragen vom Publikum die Ziellinie erreichte, sinnbildlich für die Initiative "Celebrate Humanity". Über das Rennen hieß es vom IOC: "Kraft wird in Kilogramm gemessen. Geschwindigkeit wird in Sekunden gemessen. Aber Courage? Du kannst Courage nicht messen!"
