Tyron Zeuge ist der einzige Box-Weltmeister Deutschlands. Am Samstag (23:20 Uhr/Sat.1) verteidigt der 25-Jährige seinen Titel im Supermittelgewicht gegen den Engländer Paul Smith. Im exklusiven Interview mit sport.de spricht Zeuge über den damit verbundenen Druck, die Zusammenarbeit mit seinem Trainer Jürgen Brähmer und über ein mögliches Duell mit Arthur Abraham.
Herr Zeuge, wie groß ist der Druck, der einzige deutsche Weltmeister zu sein und den Titel dadurch nicht verlieren zu dürfen?
Für mich ist das kein besonderer Druck. Ich boxe für mich, nicht für jemanden anders.
Sie verteidigen am Samstag Ihren Titel gegen Paul Smith, der 38 seiner 44 Profikämpfe gewonnen hat, allerdings die beiden Duelle gegen Ihren Boxstall-Kollegen Arthur Abraham nach Punkten verlor. Was ist das für ein Gegner?
Er ist eben ein Engländer. Und Engländer sind Kämpfer. Er ist ein offensiver Boxer, der viel nach vorne geht, manchmal auch ein Foul macht. Aber es ist immer schwer zu sagen, wie er gegen mich boxen wird. Er wird sich sicherlich auf meinen Boxstil eingestellt haben und dementsprechend kämpfen.
Paul Smith tönt, er wolle Deutschland den letzten WM-Titel abnehmen. Großbritannien hat momentan zehn Box-Weltmeister, Deutschland mit Ihnen nur einen. Was machen die Briten besser?
Keine Ahnung. Ich finde aber, England hatte schon immer viele gute Boxer. Momentan erlebt das britische Boxen eben eine besonders gute Zeit.
Ihre erste erfolgreiche Titelverteidigung fand Ende März statt. Ihr damaliger Gegner Isaac Ekpo fiel durch einen dreckigen Boxstil auf. Sie zogen sich einen Cut zu und siegten nach fünf Runden durch einen technischen Punktsieg. Wie denken Sie rückblickend über den Kampf?
Solche Kämpfe machen natürlich keinen Spaß. Das hatte mit Boxen kaum noch etwas zu tun. Er hat nur gerangelt, Kopfstöße gemacht, mich festgehalten oder gezogen, manchmal hat er mich sogar gekniffen. Für so ein Verhalten habe ich kein Verständnis. Letztendlich ist Boxen immer noch ein Sport. Und für mich gehören Sport und Fairness einfach zusammen. Hass hat dort nichts verloren. Ich sehe meinen Gegner zum ersten Mal. Wie kann ich jemanden hassen, den ich zum ersten Mal gesehen habe?
Ihr Trainer Jürgen Brähmer sagte, der Kampf sei nicht schön, aber lehrreich gewesen.
Das stimmt. Mich hat sein ganzes Verhalten einfach wütend gemacht. Das war mein Fehler.
Der Kampf gegen Smith findet in Wetzlar statt. Also genau dort, wo Arthur Abraham zum Superstar wurde, als er im September 2006 trotz eines Kieferbruches den WM-Titel gegen Edison Miranda verteidigte. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen Mega-Fight?
Ich habe den Kampf damals nicht gesehen. Ich schaue ohnehin nicht viel Boxen im Fernsehen. Ich schalte nur ein, wenn jemand boxt, den ich persönlich gut kenne. Ansonsten bin ich kein großer Box-Fan. Ich trainiere, gehe nach Hause und verbringe dann lieber Zeit mit meiner Freundin oder spiele Playstation. Ich habe keine Lust, mir nach dem Training noch andere Kämpfe anzusehen. Ich könnte ihnen jetzt auch gar nicht sagen, welche Boxer momentan die besten sind.
Hatten Sie nie Vorbilder im Boxen?
Mein Vater fand immer Henry Maske toll. Daher habe ich mir einige seiner Kämpfe auch angeguckt.
Ihr Promoter Kalle Sauerland hat angekündigt, zukünftig auch stallinterne Duelle zu forcieren. Wie wäre es mit einem Kampf gegen Arthur Abraham?
Das kann ich mir durchaus vorstellen. Wir boxen in der selben Gewichtsklasse. Ich würde mich vor so einem Kampf sicherlich nicht drücken. Deutsche Duelle wären für den deutschen Boxsport sicherlich gut. Viele Menschen würden so einen Kampf gerne sehen.
Würden Sie Abraham besiegen?
Auf einem gewissen Level kann jeder gegen jeden gewinnen.
Im Juli wird verkündet, welche Boxer an dem 50-Millionen-Dollar-Turnier um die Muhammad Ali Trophy teilnehmen dürfen. Würde Sie der Modus reizen?
Ich konzentriere mich erst einmal auf den Kampf gegen Paul Smith. Über andere Themen möchte ich jetzt gar nicht nachdenken. Grundsätzlich aber ist so ein Wettbewerb eine gute Methode, um unseren Sport bekannter zu machen. Für viele Außenstehende ist der Boxsport undurchsichtig. So ein Turnier ist daher eine gute Idee.
Sie haben als Vierjähriger mit Karate begonnen und zwei Jahre später mit dem Boxen angefangen. Woher entsprang die frühe Verbindung zum Kampfsport?
Mein Papa hat damals in einem Fitness-Studio trainiert. Dort war ein Karate-Studio dabei. Das hat mir Spaß gemacht. Aber mit sechs Jahren wollte ich eben boxen. Das hat mir noch mehr Spaß gemacht.
Sie wurden lange von Karsten Röwer trainiert. Seit dem vergangenen Jahr trainiert Sie der noch immer aktive Jürgen Brähmer. Mit Brähmer in der Ringecke wurden Sie im November 2016 Weltmeister. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Es war einfach Zeit für einen Wechsel. Mir hat zuvor einfach die Lust gefehlt. Ich kannte Jürgen bereits gut, weil wir beide zusammen in Berlin trainiert haben. Wir haben es miteinander probiert und es hat einfach gut gepasst. Wir haben ein sehr kumpelhaftes Verhältnis. Weil er selber noch aktiv ist, kann er sich gut in mich hineinversetzen.
Ihren wurde zuvor mangelnde Disziplin vorgeworfen. Brähmer soll deshalb zu Ihnen gesagt haben, er hätte schon zwei Kinder und bräuchte kein drittes. Sind Sie unter Brähmer disziplinierter geworden?
Ich war schon immer voll diszipliniert...
Wirklich?
Vielleicht nicht immer (lacht). Früher war ich etwas faul. Ich bin heute sicherlich pünktlicher, habe ein besseres Trainingsverhalten und achte auch mehr auf die Ernährung.
Also keine Süßigkeiten mehr?
Süßigkeiten waren nie mein Problem. Ich esse gerne deftig – allerdings sehr viel. Heute lege ich Gabel und Messer früher beiseite.
Das Gespräch führte Oliver Jensen
