Eric Frenzel ist als Sieger des Gesamtweltcups 2013 bis 2016 der erfolgreichste Nordische Kombinierer der letzten Jahre. In seiner sport.de-Kolumne schreibt Frenzel dieses Mal exklusiv über das Gold-Drama im Teamsprint bei der Nordischen Ski-WM in Lahti.
Ja, es war zum Schluss nochmal Drama pur, was im abschließenden Teamsprint passierte. Johannes [Rydzek Anm. d. Red.] und ich erwischten wieder mal nicht die besten Bedingungen beim Springen und konnten dementsprechend auch nicht mit den besten Weiten aufwarten. 16 Sekunden Rückstand in der Loipe auf Frankreich waren dabei nicht das ernsthafteste Problem, das es nun in der Loipe zu lösen galt.
Taktieren in der Loipe
Viel besorgniserregener waren die Szenarien, in denen wir durchspielten, was geschehen muss, wenn es im Rennen zu Zusammenschlüssen mit laufstarken Nationen komm t- und es kam so. In der Loipe fand sich recht schnell eine Fünfergruppe zusammen, die stabil blieb und die vom taktischen Laufen bestimmt war. Keiner wollte vorschnell attackieren und so wechselte man sich bei ordentlicher Laufgeschwindigkeit brav mit der Führungsarbeit ab.
Moan im Blick
Ich hatte stets Magnus Moan dabei im Blick, der mir mit als der laufstärkste Athlet galt, aber auch als der angriffslustigste. Magnus kann ein Kannibale in der Loipe sein und so heftete ich mich im Pulk genau an seine Skier, um sofort reagieren zu können, wenn der Angriff kommen sollte…
Angriff!
…und dieser Angriff kam. Anstieg auf der vorletzten Runde. Magnus schaut sich kurz um, um offensichtlich die Kräfte der anderen einzuschätzen: ein Alarmsignal für mich. Im gleichen Moment kommt auch schon die Attacke. Wenn wir Gold wollen, müssen wir jetzt dranbleiben. Moan sprengt die Gruppe, die anderen Läufer müssen abreißen lassen und ich, ja ich kann dranbleiben. Das Tempo wird wieder kontrollierter und wir haben eine Phase des ruhigen Zweikampfs. Ich beschäftige mich in Gedanken mit dem letzten Wechsel auf Johannes: Cool bleiben, richtig abschlagen und meinen Teamkollegen auf die letzte Runde schicken.
Drama beim Zielsprint
Beim Wechsel sind Norwegen und Deutschland gleichauf. Ich habe ehrlich gesagt ein gutes Gefühl, weil ich vor allem um die Sprintfähigkeiten meines weltmeisterlichen Kollegen weiß
Doch manchmal passieren ungeahnte Dinge. In der letzen Kurve, bei der alle schon gedanklich beim Zielsprint waren, stellt sich ein überrundeter Athlet als Hindernis dar. Für die beiden Führenden muss dieser Läufer wie aus dem Nichts aufgetaucht sein, nachdem sie die letzte Kurve durchlaufen hatten. Johannes reagierte mit einem gewagten Überholmanöver. Der Norweger Krog reizte den Zweikampf nicht aus, der wohl zu einem Sturz des Führungs-Duos geführt hätte. Ab da zog Johannes bis zum Ziel kraftvoll durch und konnte mit einem Schrei in den finnischen Abendhimmel den Sieg für uns bejubeln.
Vierter Wettbewerb, viertes Gold
Gold für Deutschland- und das zum vierten Mal im vierten Wettbewerb. Das Team hat bei dieser Weltmeisterschaft Historisches geleistet. Wir werden ein paar Tage brauchen, um das, was in Finnland passiert ist, zu verinnerlichen.
Herzlichst,
Eric Frenzel
Die Kolumne wird präsentiert von "eins energie in sachsen"

