Auch ohne Happy End war Erik Lesser selig. Mit einem Dauerstrahlen lief der 28-Jährige durch den Zielbereich, von Enttäuschung über die verpasste Medaillenchance war keine Spur. "Ich wollte ein gutes Rennen abliefern, und das ist mir gelungen", sagte Lesser nach seinem vierten Platz im Einzelrennen der Biathlon-WM: "Es hat am Ende einfach nicht sollen sein."
10,8 Sekunden fehlten dem ehemaligen Doppelweltmeister im frühlingshaften Hochfilzen nach 20 anstrengenden Kilometern zum Podest. Am Ende wurde es wegen eines Schießfehlers nur Blech statt Bronze - aber Enttäuschung? "Überhaupt nicht", sagte Lesser: "Nach meiner schlechten Verfolgung (28., Anm. d. Red.) war eine Medaille ohnehin nicht mein Ziel. Ich bin superzufrieden und kann nach so einem Rennen die Staffel viel leichter angehen."
Tatsächlich stehen die Chancen am Samstag (14:45 Uhr) deutlich besser, wenn der Thüringer mit seinen Teamkollegen in der Staffel um Edelmetall kämpfen wird. Dann sollte Lesser wieder auf dem Podest stehen und jubeln - am Donnerstag tat dies Lowell Bailey, der das erste US-Gold im Biathlon überhaupt gewann und sich vor Ondřej Moravec (Tschechien/+3,3 Sekunden) und Martin Fourcade (Frankreich/+21,2) durchsetzte.
Lesser über Bailey: "Gönne es ihm total"
Bis zum Zieleinlauf des US-Amerikaners hatte Lesser noch auf dem Bronzerang gelegen und gehofft, der sonst so coole DSV-Athlet war extrem nervös. Dass ihm Bailey noch die Medaille wegschnappte, konnte er verschmerzen. "Ich gönne es ihm total, er ist ein super Kerl", sagte Lesser über den Athletensprecher: "Wenn man viermal null schießt, hat man eine Medaille verdient."
Lesser feuerte einmal neben das Ziel, "doch darüber will ich mich jetzt nicht ärgern", versicherte er glaubwürdig. Wahrscheinlich fehlte ihm dafür auch schlichtweg die Kraft, denn auf der Schlussrunde hatte er sich noch einmal völlig verausgabt. "Ich musste ja schnell laufen, sonst fliegt einem bei der Wärme der Kopf weg", sagte Lesser und ergänzte: "Es fehlten ja nur noch die Palmen und der Strand."
Ungewöhnliches Wetter in Hochfilzen
Letzter deutscher Weltmeister im Einzel bleibt damit Sven Fischer, der 1999 in Oslo den Titel gewann. In keiner anderen Disziplin müssen die DSV-Skijäger bereits so lange auf eine Goldmedaille warten. Lesser hatte 2014 bei den Olympischen Spielen in Sotschi in der Königsdisziplin überraschend Silber gewonnen. Im Pillerseetal traf er seine ersten Schüsse, ehe er im zweiten Schießen einmal patzte und anschließend wieder alle Scheiben traf.
Bei Temperaturen von knapp zehn Grad und strahlendem Sonnenschein hatte sich Lesser die Hosenbeine seines Rennanzuges abgeschnitten, um nicht noch mehr ins Schwitzen zu kommen. Viele Kollegen taten es ihm gleich. Einen Tag zuvor war Laura Dahlmeier nach ihrem Einzelsieg kurz zusammengebrochen, die ungewöhnlich warmen Temperaturen trugen einen großen Teil dazu bei.