New Englands Tom Brady gegen Pittsburghs Ben Roethlisberger, Atlantas Matt Ryan gegen Green Bays Aaron Rodgers: Zwei Duelle mit den drei größten Stars unter den aktiven NFL-Quarterbacks - und dem derzeit vielleicht besten.
Vor den Conference-Finals am Wochenende nimmt jeder der vier Quarterbacks eine ganz eigene Rolle ein:
Tom Brady (39 Jahre/New England Patriots): Sunnyboy mit Imageschaden
Smarter Sonnyboy mit vier Super-Bowl-Ringen und Topmodel-Gattin - dennoch hat sich Brady, der optisch auch mit bald 40 Jahren den heldenhaften High-School-Quarterback jeder Hollywood-Schmonzette geben könnte, das Image als großer Sympathieträger der Liga gründlich ruiniert.
Die "Deflategate"-Affäre um zu seinen Gunsten zu gering aufgepumpte Bälle in der Saison 2015/16 ist an Brady haften geblieben, das Image als notorischer Betrüger nervt ihn beinahe mehr als die Vier-Spiele-Sperre, die er im Zuge der Affäre zu Beginn der laufenden Saison abbrummen musste. Schließlich waren Brady und die Patriots einschlägig vorbelastet: Beim "Spygate" der Patriots war es zuvor um illegale Videoaufnahmen des Gegners gegangen.
Schmälern kann dies die Karrierebilanz Bradys kaum. Als erster Quarterback greift er nach seinem fünften Super-Bowl-Triumph. Und damit muss noch nicht Schluss sein: Sein Vertrag läuft noch bis 2019 - Ehefrau Gisele Bündchen muss noch ein wenig auf die ungeteilte Aufmerksamkeit des Göttergatten warten.
Ben Roethlisberger (34/Pittsburgh Steelers): Polarisierender "Big Ben"
"Big Ben" nennen sie ihn, "People's Quarterback", den Spielmacher der (einfachen) Leute: Die amerikanischen Football-Fans lieben Roethlisberger, weil er wie einer von ihnen wirkt und gar nicht so wie ein glattgebügelter Modellathlet. Dieser 1,96-m-Hüne mit der Statur eines Heizkörpers, der fröhlich bejohlt wird, wenn er seine 109 nicht nur aus Muskeln bestehenden Kilogramm zum tapsigen Laufspiel in Bewegung setzt, aber soviel Rumms im Arm und einphänomenales Auge hat. Sie lieben den Haudegen - einerseits.
Sie hassen ihn aber auch, denn Roethlisberger ist vielleicht der polarisiendste US-Sportler. Zweimal wurde ihm eine Vergewaltigung vorgeworfen, 2008 und 2010, beide Fälle landeten nie vor Gericht. Häme regnete es über Roethlisberger, auch in seiner Heimatstadt Findlay/Ohio, die er prompt aus seiner Vita strich: Seitdem gibt er im Steelers-Jahrbuch als Geburtsort Cory Rawson an, den Namen seiner Highschool.
Seitdem ist "Big Ben" aber auch ein Getriebener: Seit 2008 läuft er seinem dritten Super-Bowl-Sieg hinterher, seit 2010 seiner dritten Teilnahme.
Matt Ryan (31/Atlanta Falcons): Schattenmann und Spätzünder
Er hat es schon nicht leicht, dieser Matt Ryan. Da spielt er die Saison seines Lebens, erzielt Karrierebestwert um Karrierebestwert - und doch reden sie wieder nur über alle anderen. Ryan steht da, wo er immer stand: Im Schatten der Bradys, Mannings, Wilsons. Um ins öffentliche Sonnenlicht aufzusteigen, müsste er den Super Bowl gewinnen.
Und damit wären wir beim großen Problem der Falcons. Seit Atlanta 1966 die NFL betrat, reichte es zu einer einziger Super-Bowl-Teilnahme - 1998 gab es ein ziemlich unerfreuliches 19:34 gegen Denver. Die Falken sind seit jeher graue Mäuse. Ryan, ein Spätberufener, hat die Chance, dies zu ändern.
Geduld hatten sie einige mit ihm: Seit 2008 spielt Ryan für Atlanta, seitdem ist er Starter. Potenzial deutete er immer wieder an, zeigte, dass er alles mitbringt, was ein Top-Quarterback braucht, physische und mentale Stärke - seine coolen Plays in engen Schlussphasen brachten ihm den Spitznamen "Matty Ice" ein. Als Atlanta aber unter Ryan von 13:3 Siegen im Jahr 2012 auf 4:12 abstürzte, wackelte der Spielmacher gewaltig. Die Falcons hielten an ihm fest - es könnte sich nun auszahlen.
Aaron Rodgers (33/Green Bay Packers): Das eiskalte Mentalitäts-Monster
Privat ist Rodgers mit der Schauspielerin Olivia Munn liiert, seine wahre Liebe hört aber auf den Namen Mary. Hail Mary, um genau zu sein. Jene Passvariante, der Wurf über die ganzen Weiten des Feldes in Richtung Endzone, dann gewählt, wenn auf nichts anderes mehr gehofft werden kann, hat Rodgers perfektioniert. Zuletzt zog er damit den New York Giants zum Play-off-Auftakt den Zahn, von Rodgers' 42-Yard-Geschoss in die Arme Randall Cobbs mit der letzten Aktion der ersten Halbzeit erholten sich die Giants nicht mehr.
Rodgers ist kein Übertalent, kein Überathlet. Er ist vielmehr ein Mentalitäts-Monster, ein Tüftler und Arbeiter, der auf Rückschläge nur mit noch mehr Tüftelei und Arbeit reagiert. Nach zehn Spielen stand Green Bay in der laufenden Saison bei 4:6 Siegen und Rodgers in der Kritik. Ihn ließ das so kalt, wie es die Winter in Wisconsin sind: Mit einer 10:6-Bilanz ging es in die Playoffs.
Den Cheeseheads, den Packers-Fans, hat Rodgers zudem das größte Geschenk gemacht: Er hat ihnen den Glauben an den Quarterback zurückgegeben. Sein berühmter Vorgänger Brett Favre, der Green Bay 1997 nach fast drei Jahrzehnten wieder zum Super-Bowl-Sieg geführt hatte, war 2007 tränenreich verabschiedet worden. Und schloss sich zwei Jahre später den Vikings an, dem verhassten Rivalen aus Minnesota. Rodgers, seit 2005 im Team und 2011 Super-Bowl-Sieger, prägte seine eigene Ära. Die Favre-Schmach ist fast vergessen.


































