Die deutschen Handballerinnen haben ihren ersten echten Härtetest unter Bundestrainer Michael Biegler mit Bravour bestanden. Das 32:18 gegen den EM-Zweiten Spanien macht Lust auf mehr.
Michael Biegler war mächtig stolz auf seine Ladies. "Das war ein Big Step", sagte der Bundestrainer: "Wir sind auf dem richtigen Weg". Er lächelte.
Überbewerten wollte Biegler, in der Szene nicht gerade für seine Gefühlsausbrüche bekannt, den 32:18-Kantersieg gegen den Vize-Europameister freilich nicht. Doch seiner Mannschaft attestierte Biegler ein "tolles Spiel. Sie haben sich für ihre überragende Trainingsarbeit belohnt."
Tatsächlich machte der Auftritt der neu formierten deutschen Mannschaft Lust auf mehr. 55 Tage vor der Europameisterschaft in Schweden präsentierte sich das Team um Spielführerin Anna Loerper im Angriff variabel und äußerst spielfreudig, hinten überzeugte Torhüterin Clara Woltering mit zahlreichen Paraden.
Zum großen Trumpf auf dem Weg zur ersehnten WM-Medaille im eigenen Land könnte aber Biegler werden. Der 55-Jährige kommt bei seinen Spielerinnen an, die Vorstellung gegen Spanien nährt die Hoffnung auf die Rückkehr in die Weltspitze und die seit Jahren vermisste Konstanz im deutschen Spiel.
Loerper lobt: "Wir lernen viel von ihm."
"Wir lernen viel von ihm. Er schafft es, das Beste aus uns rauszuholen", sagte Loerper und schwärmte von der "hohen Trainingsqualität". Auch Woltering, seit 13 Jahren in der Nationalmannschaft, meinte anerkennend: "Er gibt uns einen konkreten Matchplan an die Hand und bringt es auf den Punkt - das ist genial."
Nach nur sechs Monaten im Amt und erst drei (siegreichen) Länderspielen ist Bieglers Handschrift deutlich zu erkennen. Beispielhaft für die imponierende Leistung der stark verjüngten DHB-Auswahl gegen Spanien waren die rotzfrechen Auftritte des Team-Kükens Emily Bölk (18) und der Länderspiel-Debütantin Alicia Stolle (20/3 Treffer).
"Es macht Spaß, mit ihm zusammenzuarbeiten", sagte Bölk, die in Hamburg ihr zweites Länderspiel bestritt und mit vier Treffern zu den besten Torschützinnen gehörte.
Doch auch Biegler, der zuvor 32 Jahre als Männertrainer arbeitete, brannte am Spielfeldrand ein kleines Feuerwerk ab. Er zeigte nach Toren immer wieder die Faust, applaudierte seinen "Ladies", wie er seine Spielerinnen liebevoll nennt, nach gelungenen Aktionen und schnappte sie sich zum Einzelgespräch - mit Erfolg: Bis zum Ende hielt das DHB-Team das Tempo hoch und bestimmte zu jeder Zeit das Geschehen nach Belieben.
Die Heim-WM voll im Fokus
"Das Ergebnis ist zweitrangig. Wir brauchen diese Spiele gegen große Mannschaften für unser Projekt", sagte Biegler. Mit "Projekt" meint der Rheinländer die Heim-WM 2017. All sein Handeln ist auf dieses eine Ziel ausgerichtet.
Auch der DHB leitete mit der Partie gegen Spanien die heiße Phase in der Vorbereitung auf das Turnier im eigenen Land (1. bis 17. Dezember 2017) ein. Unter dem Motto "Simply wunderbar!" wirbt der Verband künftig für das Event, am Freitag wurde die Internetseite der Veranstaltung (www.germanyhandball2017.com) freigeschaltet, über die ab dem 27. Oktober Tickets zu kaufen sind.
"Wir wollen das Halbfinale erreichen. Danach ist alles möglich", sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann. Spätestens beim Turnier in 14 Monaten soll es für die deutsche Mannschaft um Medaillen gehen - eine Mammutaufgabe. Bei der WM im vergangenen Jahr landete das DHB-Team abgeschlagen auf Platz 13, bei der EM vor zwei Jahren reichte es immerhin für Rang zehn.









