Borussia Mönchengladbach hat zweifellos erneut die "Todesgruppe" in der Champions League erwischt. Erster Gegner ist Manchester City (am Dienstag ab 20:45 Uhr im sport.de-Liveticker), das nach dem Derby-Sieg gegen United einen Traumstart hingelegt hat. Und generell: Bei den Sky Blues scheint sich nach der Ankunft von Pep Guardiola so einiges geändert zu haben. Veränderungen – ein Begriff mit Tragweite beim Katalanen.
Denn Änderungen waren beim FC Bayern München unter Guardiola letzten Endes in den drei Jahren seines Schaffens an der Tagesordnung. Der Perfektionist und Pedant, wie er allerorts gerne beschrieben wird, veränderte die Triple-Bayern von Heynckes grundlegend und führte sukzessive verschiedene, in dieser Weise noch nie so da gewesene taktische Varianten beim deutschen Rekordmeister ein. Am Ende standen zwar drei Meisterschaften und zwei DFB-Pokale in der Vitrine - aber nicht der ersehnte Henkelpott.
Durch den Ballbesitzfußball, den Guardiola schon in Barcelona zur Perfektion trieb, schuf er in München ein variables Gebilde, das mitunter zu einem 2-3-5-System umgewandelt werden konnte, bei dem vor allem von den Außenverteidigern noch mehr Zug zum Tor gefordert wurde. Die Außenverteidiger liefen vermehrt ins Halbfeld und schufen nach schier endlosen Ballstafetten neue Räume für Torgefahr.
Jeder Spieler sollte jede Position bekleiden können. Philipp Lahm wurde bei Bayern zwischenzeitlich zum defensiven Mittelfeldspieler, Javier Mascherano bei Barça zum Innenverteidiger umfunktioniert.
Beständigkeit statt Rotation
Von einem solchen Umbruch ist in England allerdings noch nicht viel zu sehen. Die ständige, unbedingte Rotation ist für Guardiolas Verhältnisse beeindruckend gering. Der Katalane scheint mit Millionen-Neuzugang John Stones und dem in der letzten Saison nicht immer sattelfest wirkenden Nicolás Otamendi ein gutes Duo für die Innenverteidigung gefunden zu haben.
Nachdem Bacary Sagna nach muskulären Problemen im Derby gegen Manchester wieder überzeugte und auch Aleksandar Kolarov nun variabler in seiner Rolle als Defensivspezialist eingesetzt werden kann, ist die Basis für eine gute Defensive gefunden. Zwei Gegentore in fünf Pflichtspielen – so die bisher überzeugende Bilanz.
Im Mittelfeld sorgte im Vorfeld die Aussortierung von Altstar Yaya Touré bei den Citizens für große Aufregung. Seit Sommer 2010 spielt der Ivorer schon in Manchester, seither war er nie wegzudenken. Doch für zu unbeweglich und zu langsam im Spielaufbau ist er vom Trainer befunden worden. Eine im Umfeld unbeliebte Entscheidung. Auch Joe Hart, der mitnichten als sicherster Rückhalt gilt, musste schon früh erkennen, dass Guardiola ein anderes Torwartprofil verlangt. Claudio Bravo von Peps Ex-Verein Barcelona soll jetzt den mitspielenden Torhüter geben.
Dass Pep nicht vor unbequemen Entscheidungen zurückschreckt, ist dabei hinlänglich bekannt. Mario Gomez beispielsweise wurde direkt nach Guardiaolas Ankunft in München aussortiert und nach Florenz verkauft. Auch Edeltechniker Cesc Fàbregas fiel der Taktikvorgabe des Trainers zum Opfer und musste seinen FC Barcelona verlassen, da er ungerne auf die Außen auswich.
Doch Pep wäre nicht Pep, wenn er in Manchester nicht schon seine neue Schaltzentrale gefunden hätte: Fernandinho übernimmt im Mittelfeld noch mehr Verantwortung als zuvor und lässt sich immer wieder zurückfallen, um den Spielaufbau voranzutreiben.
De Bruyne das Herzstück
In den Angriffsreihen bewies der Übungsleiter bisher ein gutes Händchen. Im August sorgte Kun Agüero binnen vier Tagen mit fünf Toren für Furore. Auch Neuzugang Nolito präsentierte sich als Schütze und Vorbereiter ohne Anpassungsschwierigkeiten. Und da wäre noch ein gewisser Kevin De Bruyne, der das Derby beinahe im Alleingang entschied.
Ihm gewährt Guardiola alle Freiheiten. Zusammen mit David Silva und Raheem Sterling bildet er das offensive Herzstück der Mannschaft, weicht auf die Flügel aus und initiiert derzeit einen Angriff nach dem nächsten.
Gegen United ging Guardiolas Matchplan letztlich vollkommen auf: Ballbesitzfußball (60%) im Mittelfeld mit Kurzpassspiel (insgesamt 593 Pässe) im letzten Drittel. Am Ende standen 18 Torschüsse zu Buche, sechs davon auf den Kasten von Keeper de Gea. Nach 90 Minuten rannten seine Schützlinge ganze 8,3 Kilometer mehr als Mourinhos Reds. Statistiken, die förmlich nach Pep riechen.
Kein Wunder, dass Matchwinner De Bruyne nach dem Spiel von einem "neuen Anfang" der Citizens sprach: "Ich denke, dieses System ist das beste für mich. Wir brauchen sehr schnelle, technisch gute Außenspieler. David Silva und ich versuchen so viel zu pressen wie möglich."
"Wir verbessern uns täglich"
Der Angesprochene hatte Ähnliches schon nach dem Sieg gegen West Ham im Kopf: "Ich denke, wir verbessern uns täglich. Wir haben viele Torchancen kreiert. Wir haben unseren eigenen Stil." Man könnte meinen, Pep Guardiola hat nun wieder einen Verein gefunden, bei dem seine Veränderungen und Spielideen auf Händen getragen werden. Sie wirken in England nicht krampfhaft durchgedrückt, sondern zwingend notwendig. Die englischen Gazetten schwärmen von der "Manchester Revolution". Die "Daily Mail" verkündete gar die "Geburtsstunde eines neuen Fußballs in England".
Ob Revolution oder Evolution – wie es noch in München hieß – Pep Guardiola ist im Norden Englands angekommen. Aus Gladbacher Sicht bleibt nur zu hoffen, dass eine bestimmte Regel der letzten Jahre Bestand hat: Gegen Pep hat die Borussia in den vergangenen vier Spielen nicht verloren. Und was sagt Guardiola selbst? Er bleibt sich bei all den Veränderungen im Umfeld treu und sagte auch nach dem sechsten Pflichtspielsieg in Serie: "Wir müssen uns noch verbessern."
Gerrit Kleiböhmer












































