Die zwölfte Etappe der 103. Tour de France hinauf zum legendären Mont Ventoux ist kurz vor der Zielankunft von einem handfesten Skandal überschattet worden, in dem unter anderem der Topfavorit Chris Froome verwickelt war. Sein Gelbes Trikot durfte er dennoch behalten.
Nachdem der Belgier Thomas De Gendt, der zuvor in einer Ausreißergruppe unterwegs war, sich kurz vor dem Ziel von seinen beiden Begleitern Serge Pauwels und Dani Navarro lösen konnte und als Erster über den Zielstrich fuhr, überschlugen sich in der Gruppe der Favoriten die Ereignisse.
Zunächst versuchte der Kolumbianer Nairo Quintana sein Glück mit einer Attacke auf den Gesamtführenden Chris Froome. Allerdings wurde der 26-Jährige nur wenige Sekunden später vom Team Sky gestellt. Kurz darauf trat der Träger des Gelben Trikots selbst an und ließ die Konkurrenz einmal mehr stehen. Froomes unwiderstehlichem Antritt konnten lediglich der Australier Richie Porte und der Niederländer Bauke Mollema folgen.
Kurz vor dem Ziel kam es dann zum Eklat: Aufgrund fehlender Absperrgitter und dicht gedrängter Zuschauermassen kam ein Begleitmotorrad unvermittelt zum Stehen. Richie Porte fuhr ungebremst in das Heck des Motorrads und stürzte. Froome kollidierte ebenfalls und zerstörte sich dabei sein Rad. Der Brite nahm daraufhin die Beine wortwörtlich in die Hand und joggte den legendären Anstieg hinauf, bis ihm eine gefühlte Ewigkeit später ein Ersatzrad gereicht wurde.
Das Ziel erreichte der Favorit auf den Gesamtsieg letztlich mit einem Rückstand von 1:40 Minuten auf Bauke Mollema, der dem Crash als einziger des Spitzentrios schadlos entgehen konnte. Der Brite verlor zudem viel Zeit auf Quintana und Co., das Gelbe Trikot durfte er letztlich aber doch behalten. Nach dem Rennen entschied die Jury, dass Froome mit der gleichen Zeit wie Bauke Mollema gewertet wird.
"Ich bin sehr erleichtert. Die Entscheidung der Kommissare ist korrekt. Ich danke der Organisation der Tour de France", sagte Froome, nachdem die Jury um 18:04 Uhr am Donnerstagnachmittag die einzig richtige Entscheidung getroffen und das Etappenergebnis zugunsten des Briten noch einmal gekippt hatte. Im Sky-Team herrschte nach der Entscheidung gelöste Stimmung. So nutzte Geraint Thomas die Gelegenheit und witzelte: "Chris ist Kenianer. Da erwartet man, dass er zu Fuß losrennt, wenn er kein Fahrrad hat."
Aus deutscher Sicht war lediglich der Auftritt von Sprint-Ass André Greipel bemerkenswert. Der "Gorilla", der zur teilweise 20 Minuten einteilten Ausreißergruppe zum Chavanel gehört hatte, versuchte sich als "Berg-Gorilla" und attackierte am Fuße des Ventoux. Letztlich war das 34 Jahre alte Kraftpaket aus Rostock aber chancenlos und wurde schnell durchgereicht.
Wegen heftiger Sturmböen mit Windgeschwindigkeiten über 100 km/h und Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt auf dem Gipfel lag das Ziel sechs Kilometer tiefer. Die Etappe endete deshalb nach 178 Kilometern auf 1435 Metern Meereshöhe.




