Yuki Tsunoda hat beim Saisonfinale in Abu Dhabi vorerst sein letztes Formel-1-Rennen bestritten. Der 25-jährige Japaner muss sein Red-Bull-Cockpit in der kommenden Saison an Isack Hadjar abgeben, bleibt dem Team jedoch als Ersatzfahrer erhalten.
Nun verrät Tsunoda, dass ihn die Nachricht über sein Formel-1-Aus durchaus überrascht habe - und zwar aus gutem Grund. "Ich wurde nach dem Rennen in Katar informiert, aber ehrlich gesagt kam es mir zunächst nicht real vor", sagt der diesjährige Red-Bull-Pilot in einem Interview mit "DAZN Japan".
"Ich hatte mich auf diese Möglichkeit vorbereitet, aber die Nachricht unterschied sich von dem, was mir zuvor gesagt worden war, daher war ich überrascht", betont Tsunoda. "Ich habe gehört, dass die Entscheidung möglicherweise kurz vor der Übermittlung an mich geändert wurde."
"Ich bin mir sicher, dass es dafür viele Gründe gab." Dennoch habe der Red-Bull-Pilot die Mitteilung gut verkraftet. "Aber als sie mir sagten, dass ich nächstes Jahr kein Cockpit habe, war das nicht das Ende der Welt. Wir hatten ja noch Abu Dhabi vor uns, also dachte ich nur an das nächste Rennen."
"Es besteht die Chance, dass sich mein nächstes Jahr nicht nur auf Simulator- und Ersatzfahrer-Aufgaben beschränkt. Ich habe von ein paar möglichen Szenarien gehört", deutet der Japaner leicht geheimnisvoll an. Was er genau meint, bleibt jedoch unklar.
Wovon Tsunoda bei Red Bull "wirklich beeindruckt" war
Tsunoda begann die Saison 2025 zunächst bei Racing Bulls, wechselte jedoch schon nach zwei Rennen zu Red Bull, was ihm einen interessanten Vergleich zwischen den beiden Formel-1-Teams erlaubt. "Es gab definitiv Teile, die schwieriger waren, als ich es mir vorgestellt hatte", sagt er.
"Die Teamstruktur ähnelt der von Racing Bulls, aber es gab auch Dinge, die völlig anders waren. Ich war überrascht, wie groß dieser Unterschied wirklich war", betont Tsunoda, der sogar zu einem Scherz aufgelegt ist: "Die Hotels sind viel schöner geworden!"
"Ein großer Unterschied ist, dass sie, wenn das Auto nicht gut läuft, keine Angst haben, große Set-up-Änderungen vorzunehmen", sagt der Japaner über Red Bull. "Sie sind bereit, aggressiv zu sein, sogar vor dem Qualifying oder in Momenten, die die Meisterschaft beeinflussen könnten. Das hat mich wirklich beeindruckt."
Dass Tsunoda im Vergleich zu Teamkollege Max Verstappen oft schlechter aussah, erklärt er mit mehreren Faktoren, insbesondere der verspäteten Einführung neuer Teile. "Ich denke, dies war die engste Saison in der F1-Geschichte. Eine Zehntelsekunde konnte dich zwei oder drei Positionen nach vorne oder hinten bringen, also war der Einfluss von Updates riesig."
"Selbst eine Lücke von zwei oder drei Zehnteln zu Max konnte fünf bis sieben Plätze Unterschied bedeuten, und das verändert die Ergebnisse drastisch", erinnert der Red-Bull-Pilot. "In diesem Umfeld Feedback zu geben und meinen Wert zu zeigen, war besonders schwer."
Tsunoda-Ingenieure "haben nicht so viel Erfahrung"
Dazu kommt: Verstappen-Ingenieur Gianpiero Lambiase ist nicht nur für den Niederländer verantwortlich, sondern als "Head of Racing" bei Red Bull auch für andere Aufgaben innerhalb des Teams, einschließlich Tsunodas Auto. Und das sei nicht immer einfach gewesen, verrät der Japaner.
"GP ist ehrlich gesagt einer der beeindruckendsten Ingenieure, mit denen ich je gearbeitet habe. Seine Ideen sind unglaublich", sagt Tsunoda. "Er betreut auch mein Chassis, aber wenn Max Schwierigkeiten hat, muss er sich natürlich darauf konzentrieren."
"Mein Ingenieurteam ist sehr fähig, aber sie haben einfach nicht so viel Erfahrung, daher brauchten wir manchmal Hilfe. Aber ich konnte nicht immer danach fragen." Tsunoda bekam offenbar mehrfach zu spüren, dass Verstappen im Mittelpunkt des Teams steht.
"Ich habe mir angehört, wie GP und Max während FP1 kommunizieren, und es ist einfach komplett anders. Man merkt sofort, wie effizient alles abläuft. Ich wollte auch diese Art von Kommunikation haben", gibt der 25-Jährige zu. "Wenn man zuerst Dinge mit jemand anderem abklären muss, ist man einen Schritt zurück."
Und genau das sei ihm in dieser Saison passiert. Dennoch zieht Tsunoda ein positives Fazit: "Ich denke, dies war das Jahr, in dem ich am meisten gewachsen bin - sowohl als Mensch als auch als Fahrer. Besonders mental habe ich große Fortschritte gemacht. Es war ein intensives Jahr."
Yuki Tsunoda hat "noch viel Entwicklungspotenzial"
In den vergangenen Jahren war der Japaner mehrfach durch Wutausbrüche im Funk aufgefallen. "Was die emotionale Kontrolle angeht, konnte ich mich immer wieder neu fokussieren, egal was passiert ist, mich auf meine Leistung konzentrieren und abliefern", sagt er.
"Ich konnte mich von mentalem oder situativem Druck nicht aus der Ruhe bringen lassen, dank der Unterstützung meines Managers und Trainers." Am Ende reichte das jedoch nicht, um sein Red-Bull-Cockpit für die kommende Saison zu sichern.
Wie es nun weitergeht? "Für den Moment werde ich mich ausruhen und dann mit dem Training für die nächste Saison beginnen", sagt er - und blickt hoffnungsvoll nach vorn: "Ich bin erst 25, also habe ich noch viel Entwicklungspotenzial. Das ist erst der Anfang."
"Vielleicht ändert sich ein Kapitel, aber ich bin gespannt, wie ich mich von hier aus weiterentwickeln kann. Ich werde Dinge sehen, die ich vorher nicht sehen konnte, aus einem anderen Blickwinkel lernen, und darauf freue ich mich. Meine Motivation für nächstes Jahr ist unglaublich hoch."

