Schwergewichts-König Oleksandr Usyk hat mit seinem Verzicht auf den WBO-Titel die Boxszene ähnlich kalt erwischt wie mit seinen schnellen Fäusten die meisten seiner Gegner. Jetzt erläutert Usyks Manager, was hinter der Teil-Abdankung steckt und deutet an, wo die Reise hingehen könnte.
Oleksandr Usyk legt seinen WBO-Gürtel nieder, Interims-Meister Fabio Wardley aus England wird zum neuen Weltmeister des Verbandes hochgestuft.
Diese Nachricht wirbelte vergangene Woche die Schwergewichts-Szene gehörig durcheinander. Usyk hatte den WBO-Titel seit seinem Sieg über Anthony Joshua im Sommer 2021 gehalten.
Durch den Verzicht auf den dunkelbraunen Gürtel des in Puerto Rico beheimateten Weltverbandes firmiert der Ukrainer definitorisch nun nicht mehr als "Undisputed Champion" aller vier großen Organisationen, trägt fortan "nur" noch die Titel von WBA, WBC und IBF sowie den prestigeträchtigen Gürtel der Box-Bibel "The Ring".
Usyk kennt das Spielchen. Schon 2024 hatte er nach seinem ersten Sieg über Tyson Fury die IBF-Krone abgegeben. Damals, weil Usyk vertraglich zu einer direkten Revanche gegen Fury verpflichtet war und so dem von der IBF angeordneten Duell mit Pflichtherausforderer Daniel Dubois nicht nachkam.
Den Engländer haute Usyk dann im Sommer 2025 im Wembley-Stadion um und holte sich sowohl den IBF-Titel als auch den Status des unumstrittenen Weltmeisters zurück.
Kämpft der Sieger aus Wardley vs. Itauma gegen Usyk?
Für seine Abdankung bei der WBO hatte der 38-Jährige andere Gründe, wie Usyk-Manager Serhii Lapin bei "Ready to Fight" erläuterte. "Oleksandr hat den Gürtel aufgegeben, um jungen Boxern die Chance zu geben, darum zu kämpfen. Schauen wir, wie sich das von hier ab entwickelt", stellte er seinen Schützling als Philantropen dar.
Lapin deutete auch an, wo die Reise bei der WBO hingehen könnte. "Fabio Wardley gegen Moses Itauma wäre ein wunderbarer Kampf, es wäre interessant zu sehen, wer da gewinnt."
Der 20-jährige Itauma gilt als Superstar der Zukunft, der saudische Box-Mogul Turki Al-Sheikh wünschte sich sogar schon einen Kampf des Briten gegen Usyk. Der Weltmeister ließ allerdings wissen, dass es dafür noch zu früh sei.
Und was steckt wirklich hinter Usyks Titelverzicht? Der von der WBO nach Wardleys Sensationssieg über Joseph Parker angeordnete Kampf gegen Usyk hätte dem Weltmeister finanziell wenig Reize geboten. Anders sieht das aus, sollte Wardley Supertalent Itauma schlagen - dann ließe sich ein Duell Usyk vs. Wardley wunderbar vermarkten. Das gleiche gilt, wenn Itauma - die Nummer 1 der WBO-Rangliste - Wardley entthronen sollte. Auch ein Kampf zwischen Altmeister und jungem Löwen wäre perspektivisch ein Kassenschlager.
Itauma trifft im Januar in Manchester in einem Aufbaukampf auf US-Prüfstein Jermaine Franklin. Gesetz eines Sieges, könnte er schon im Sommer in einem englischen Box-Kracher Wardley um dessen WBO-Titel herausfordern.
Usyks Optionen rar - kommt Kabayel zum Zug?
Usyks hat indes nicht sonderlich viele Optionen auf einen großen Zahltag. Tyson Fury ist weiterhin in Rente, das Interesse an einem dritten Kampf gegen den "Gypsy King" hält sich zudem in Grenzen, außerdem arbeiten die Strippenzieher um Al-Sheikh fieberhaft daran, dass es 2026 endlich zur Battle of Britain gegen Anthony Joshua kommt.
AJ wiederum hat sich Team Usyk angeschlossen, um sich auf seinen Kasperkampf gegen Youtuber Jake Paul am 19. Dezember vorzubereiten. Dass Joshua kommendes Jahr ein drittes Mal gegen Usyk boxt, ist also auch nicht gerade wahrscheinlich, zumal auch der Ex-Weltmeister immer wieder betont, er wolle Fury vor die Fäuste.
Nächster Pflichtherausforderer Usyks ist WBC-Interims-Weltmeister Agit Kabayel. Der "Leberking" aus Bochum steigt am 10. Januar in Oberhausen gegen den Polen Damian Knyba in den Ring und hofft bei einem Sieg auf seine WM-Chance.
Kabayel äußerte zuletzt Zweifel, ob der WBC ähnlich stringent vorgeht, wie zuletzt die WBO, die Usyk klipp und klar aufgefordert hatte, den Titel gegen Wardley zu verteidigen. Er wisse nicht, "ob der WBC strikt hinterher sein wird, den Mandatory-Status ausrufen wird (also Usyk zu einem Kampf gegen Kabayel verpflichtet, d.Red) und da Druck machen wird. Das wissen wir nicht", sagte der 33-Jährige bei sport.de.
Sein Manager Spencer Brown hofft indes, dem Weltmeister einen Kampf in Deutschland schmackhaft zu machen. "Außerhalb der Ukraine ist die Konzentration an Ukrainern nirgends so hoch wie in Deutschland. Mit diesem Kampf könnten wir hier jedes Stadion ausverkaufen", sagte der Brite bei sport.de.

