Das Berlin Game liegt hinter uns und in der NFL kristallisieren sich allmählich die Contender heraus. Bei den Colts ist nicht alles gut, während die Patriots erneut aufhorchen ließen. Zudem meldete sich ein einstiger Favorit zurück.
sport.de-Redakteur Marcus Blumberg nennt an jedem Montag seine Erkenntnisse der NFL-Woche.
Ein langes Berlin-Wochenende liegt hinter uns. Entsprechend gelten wie im letzten Jahr nach dem Munich Game die CFL-Regeln, wir machen also nur drei Downs. Doch die könnten wegweisenden sein für den Rest dieser Saison!
Diese Patriots werden ein Problem!
Disclaimer: Die folgenden Zeilen haben nichts mit meinem privaten Fan-Dasein oder der Tatsache zu tun, dass ich am Wochenende den Ring von Super Bowl LIII in den Händen halten durfte.
Die New England Patriots, die im Draft noch an Position vier picken durften, haben derzeit die beste Bilanz der NFL (8-2) gemeinsam mit den Colts und Broncos - nein, über deren Thursday-Night-Sieg über die Raiders reden wir ganz bestimmt nicht! Und sie haben mächtig Rückenwind. Sie haben ihre vergangenen sieben Spiele gewonnen und nun auch noch auswärts bei den Tampa Bay Buccaneers ein enges Spiel am Ende beeindruckend für sich entschieden.
Erneut war es die Defense, die nach dem mittlerweile üblichen schwachen Start die Dinge besser in den Griff bekam. Die Zahlen sahen nicht unbedingt imposant aus, doch man machte Plays, als es sein musste.
Das größte Play dieser Unit war dabei der 4th-Down-Sack von K'Lavon Chaisson in der Red Zone gegen Baker Mayfield. Doch insgesamt gelang es der Defense, nahezu keine Big Plays zuzulassen, was mitunter ein Problem war in den vergangenen Wochen.
Das längste Play der Bucs war ein 31-Yard-Catch von Emeka Egbuka, der Cornerback Christian Gonzalez das Leben schwer machte. Doch ansonsten waren eher kleinere Nadelstiche, die den Bucs offensiv gelangen.
Patriots: Rookies lassen aufhorchen
Und dann wären da noch die Rookies, die auf sich aufmerksam machten. Starting Running Back Rhamondre Stevenson musste verletzt erneut passen und Terrell Jennings verletzte sich dann auch noch früh im Spiel, doch dafür übernahm Rookie TreVeyon Henderson und zeigte, warum man ihn in Runde 2 gezogen hat. Henderson lief für 147 Yards und zwei Touchdowns.
Unterm Strich waren das +93 Rushing Yards over Expected und 110 nach Kontakt. Dass er pfeilschnell ist, war bei seinen Touchdown-Läufen über 55 und nach dem Stopp spät im vierten Viertel über 69 Yards ersichtlich. Doch dass der eher schmächtige Back auch die nötige Härte mitbringt, um Gegner abzuschütteln, beeindruckte durchaus.
Damit aber nicht genug, denn erstmals kam auch Drittrundenpick Kyle Williams erstmals richtig zur Geltung. Williams sorgte für einen 72-Yard-Touchdown-Catch-and-Run - es war seine einzige Reception des Tages bei zwei Targets, doch immerhin wurde deutlich, dass Potenzial in ihm schlummert.
Der Schwierigkeitsgrad gegen die nun 6-3-Bucs war deutlich höher als in den vergangenen Wochen für New England, doch wenn sie jetzt auch noch die schwierigen Spiele gewinnen, muss man mit diesem Team einfach rechnen, denn sie haben eben eines der leichtesten Restprogramme in der Liga ...
Fun Fact: Tom Brady hat bis zu diesem Sonntag seit 2001 alle Spiele zwischen diesen beiden Teams gewonnen. Im Klartext bedeutet das, dass die Patriots seither eine Bilanz von 5-1 gegen die Bucs haben, wobei der einzige Sieg Tampa Bays in diesem Vergleich im Jahr 2021 kam, als Brady für die Bucs gespielt hat.
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Colts trotz Sieg in Berlin nicht sorgenfrei
Die Colts haben das erste Berlin Game der NFL mit 31:25 in der Overtime gewonnen und dabei eine grandiose Vorstellung von Jonathan Taylor gesehen. Der Running Back lief 32 Mal für 244 Yards und drei Touchdowns. Bei genauerer Betrachtung wird diese Leistung aber noch besser: Laut "Next Gen Stats" lief Taylor nämlich für sagenhafte 228 Yards nach erstem Kontakt. Seit 2017 ist dies das erste Mal, dass jemand auch nur die 200er-Marke in diesem Zusammenhang durchbrochen hat.
Noch dazu sorgte er für elf Missed Tackles, woraus 165 mehr Yards Extra-Yards entstanden sind. Und er lief unterm Strich für +111 Yards over Expected oder +3,5 im Schnitt pro Run. Ganz nebenbei brach er auch noch Marshall Faulks (267) Franchise-Rekord mit 286 Scrimmage Yards aus dem Jahr 1998.
Doch vollends zufrieden können die Colts trotz dieser Glanzleistung eben auch nicht sein. Vielmehr bleiben Zweifel, ob dieses Konstrukt wirklich zu höheren Aufgaben bereit ist - trotz der besten Bilanz der AFC zusammen mit New England (8-2). Der Grund dafür ist die eigentliche Cinderella Story dieser Saison, Daniel Jones.
Der Quarterback, der sein schlechtestes Saisonspiel vor Wochenfrist bei der Niederlage in Pittsburgh absolviert hatte, erholte sich in Berlin nur bedingt davon. Er hatte seine Momente und brachte einige wichtige Pässe an, darunter den Deep Ball auf Alec Pierce oder das Chunk Play zu Tyler Warren in der OT vor Taylors Walk-Off-Touchdown. Doch insgesamt ließ Jones erneut vieles zu wünschen übrig.

Jones unter Dauerbeschuss
Er machte vor allem wieder Fehler. Er warf eine Interception und verlor einen Fumble. Zudem steckte er sieben (!) Sacks ein und fumbelte insgesamt dreimal im Spiel. Zum Teil ging das auf seine Offensive Line, die teils nicht sattelfest wirkte gegen den immensen Pass Rush der Falcons, die nun in den vergangenen zwei Spielen zwölf Sacks produzierten. Und Jones' Pressure Rate von 41 Prozent war höher als sein Saisonschnitt (35,3), doch selbst dann merkte man ihm an, dass er zuweilen schnell nervös wurde.
Er trennte sich auch im Schnitt eine Zehntelsekunde schneller vom Ball als sonst (2,67 Sekunden), was jedoch nicht half, dem Pressure entgegen zu wirken. Und man kann nach den vergangenen zwei Spielen auch nicht argumentieren, dass dies nur am speziellen Gegner lag. Die Falcons kamen jetzt ganz anders zu ihren Pressures als die Steelers in der Woche zuvor. Die Steelers nämlich schafften gegen die Colts nur eine Pressure Rate von 32,1 Prozent und blitzten nur in einem Viertel von Jones' Dropbacks, hatten aber trotzdem fünf Sacks. Die Falcons nun schickten Extra-Rusher in 46,2 Prozent der Dropbacks.
Um Jones in die Bredouille zu bringen führen insofern mehrere Wege nach Rom. Und das wird ein Problem sein, wenn die noch größeren Aufgaben in dieser Saison anstehen.
Die Ravens-Defense ist zurück
Der Hauptgrund für den schwachen Saisonstart der Baltimore Ravens war deren Defense, die aussah wie die zweitschlechteste in der gesamten NFL - die Cowboys kann man hier nur schwer vom Thron stoßen. Hinzu kam natürlich der wochenlange Ausfall von Lamar Jackson.
Der zweimalige MVP ist zurück und auch die Defense hat wieder mehr Stabilität zu bieten. Beim 27:19-Erfolg über die Minnesota Vikings schafften es die Ravens zum vierten Mal in Serie, keine 20 Punkte zuzulassen. Und sie erzwangen gleich drei Turnovers, hatten zudem gleich drei Turnovers on Downs. Zuvor standen für diese Unit lediglich zwei Turnovers in fünf Spielen zu Buche, während es nun in den besagten jüngsten vier Spielen ganze acht waren.
Ein Schlüssel dazu ist der verbesserte Pass Rush, was nicht zuletzt an Neuzugang Dre'Mont Jones liegen mag mit seiner Präsenz großen Anteil an mehr Durchschlagskraft an der Front sorgt.
Das alles in Kombination mit einem Lamar Jackson, der selbst einen eher schwachen Tag erwischte (-0,08 EPA/Dropback) gegen Minnesota. Doch mit ihm auf dem Feld ist der Floor für diese Offense deutlich höher. Der Spielraum für Fehler ist größer und man hat einfach mehr Möglichkeiten. Entsprechend stehen die Ravens nach nunmehr drei Siegen am Stück nur noch ein Spiel hinter den Steelers in der AFC North, denen so langsam die Puste auszugehen scheint (drei Niederlagen in den vergangenen vier Spielen).
Nach schwachem Beginn sind die Ravens wieder mittendrin im Rennen und sehen mit ihrem Rückenwind wie das Team aus, das es in dieser Division zu schlagen gilt - was wir natürlich alle so erwartet hatten.






































