Die Philadelphia Eagles haben nach vier Siegen zum Start der NFL-Saison 2025 zuletzt zweimal am Stück verloren und damit Fragen aufgeworfen. Besonders die Leistung der Offense steht in der Kritik. Doch woran liegt das?
Es läuft nicht bei den Eagles. Und das buchstäblich. Die große Stärke des Teams, das Run Game, war zuletzt nicht der Faktor, der es eigentlich sein muss.
Beim überraschenden 17:34 in Woche 6 bei den New York Giants standen nur 73 Rushing Yards - 3,7 Yards pro Carry - auf dem Zettel. Eine Woche zuvor gegen die Denver Broncos (17:21) waren es sogar nur 45 Yards bei nur elf Carries. Der Schnitt mag höher sein, doch die Tatsache, dass Superstar-Running-Back Saquon Barkley nur 18 Mal in den vergangenen zwei Spielen den Ball tragen durfte, war so sicherlich nicht zu erwarten.
Barkley kommt derzeit im Schnitt nur auf 54,2 Rushing Yards pro Spiel, in seiner Ausnahmesaison 2024 waren es noch 125,3 Yards pro Spiel. 54,2 wäre der drittniedrigste Saison-Schnitt für einen amtierenden Rushing-Champion seit mindestens 1970. Das kann nun mehrere Gründe haben, doch bevor wir uns auf Themen wie Play-Calling und -Design stürzen, sei gesagt, dass die Offensive Line ein Faktor ist.
Run Blocking wird zum Hindernis
Im Vorjahr noch dominierten die Eagles die NFL auf dem Boden vor allem dank ihrer enorm starken Offensive Line, die dafür sorgte, dass die Running Backs des Teams im Schnitt 2,17 Yards vor dem ersten Gegnerkontakt erzielten. Das war der drittbeste Wert der NFL. In diesem Jahr, also nach dem Abgang von Guard Mekhi Becton (Chargers) und einigen Verletzungen von Leistungsträgern, kommen die Eagles hier noch auf 1,12 Yards. Das ist nur noch gut genug für Rang 22 der NFL!
Und mit dem Wissen allein lässt sich erklären, warum man vielleicht nicht mehr ganz so konsequent aufs Run Game setzt. Und hier könnte dann die Beobachtung, die Right Tackle Lane Johnson nach der Giants-Pleite angesprochen hat, eine größere Rolle spielen.
Johnson sagte in der Kabine danach zu Reportern: "Ich denke, die letzten beiden Wochen weiß man so ungefähr, was Sache ist: Man weiß, wann der Pass kommt, man weiß, wann der Lauf kommt. (...) Für die Zukunft müssen wir da einen besseren Job machen."
In der Sache hat Johnson recht, auch wenn seine erste Vermutung, woran das liegt, nicht zutrifft. Johnson sagte: "Ich hatte das Gefühl, dass vieles von dem, was wir letztes Jahr gemacht haben, Play-Action-Plays waren, und es hat sich irgendwie gegenseitig beflügelt. Und die Verteidigungen hatten wirklich Schwierigkeiten zu erraten, was es sein würde."
Eagles-Offense ist zu berechenbar
Play Action jedoch ist hier nicht das Problem. Die Play-Action-Quote hat sich im Vergleich zum Vorjahr nur bedingt verändert. Mit Jalen Hurts im Spiel nutzen die Eagles dieser Tage Play Action in 20,5 Prozent der Plays, im Vorjahr waren es 21,5 Prozent. Das ist also zu vernachlässigen. Was nicht zu vernachlässigen ist, ist die Tatsache, dass die Eagles in der Tat sehr berechenbar sind, was die Frage betrifft, ob sie laufen oder passen.
Wie nicht wenige Beobachter in den vergangenen Wochen - vermehrt - festgestellt haben, ist Offensive Coordinator Kevin Patullo nicht sonderlich kreativ, was diese Entscheidung angeht. Man kann sogar fast sagen, dass die Eagles die Art des Plays telegrafieren. Wenn Hurts in der Shotgun steht, dann passen die Eagles fast immer. Steht Hurts dagegen in der Pistol-Formation, dann wird in fast 90 Prozent der Fälle gelaufen. Und wir reden hier vor allem über die frühen Downs, die meist schon über den Ausgang einer Angriffsserie entscheiden, weil man hier mit einem negativen Play 3rd&Long heraufbeschwört, was natürlich keiner will, weil es so schwer zu überwinden ist.
Und wie NFL-Experte Emmanuel Acho zudem bemerkte, laufen die Eagles gerne bei 1st und 2nd Down und noch 10 Yards zu gehen - was an sich absurd ist, weil man aus analytischer Sicht dann schon gar nicht laufen sollte - und wenn sie entweder in Pistol oder Shotgun drei Receiver auf einer Seite haben.
Insgesamt laufen die Eagles bei 1st Down in 47,8 Prozent ihrer frühen Downs, was der dreizehnthöchste Wert der NFL ist. Und da der Gegner dann im Grunde weiß, was kommt, fällt es wenigen Teams schwer, nicht irgendwie Zugriff zu bekommen, selbst gegen ein Team, das eigentlich so gut ist wie die Eagles.
Eagles haben ihre Identität verloren
Erschwerend kommt für sie dazu, dass es so scheint, als hätten die Eagles ihre Identität verloren. Es fehlt einfach eine klare Linie in ihrem Spiel. In den ersten Wochen der Saison hatten sie noch das Passspiel ignoriert beziehungsweise bekamen damit keinen Fuß auf die Erde. Beim Sieg in Tampa Bay in Woche 4 etwa haben sie nach der Pause keinen einzigen Pass angebracht. Und in den Wochen davor - und teilweise danach - machte Wide Receiver A.J. Brown seinem Ärger auf seine Weise Luft, weil er kaum vernünftige Targets sah.
Er sah in Woche 1 gegen die Cowboys nur ein Target (1 REC, 8 YDS), danach allerdings waren es dann nie weniger als sieben im Spiel, was sich ungefähr mit der Anzahl des Vorjahres deckt. Aber die Qualität der Pässe respektive der angesagten Routes ließ zu wünschen übrig. Denn Brown kommt derzeit auf 1,32 Yards pro gelaufener Route, was fast die Hälfte des Vorjahres sind (2,61) und der mit Abstand schlechteste Wert seiner Karriere. Seit seiner Rookie-Saison 2019 in Tennessee (2,42) war er nicht mehr so ineffektiv unterwegs.
Und an der Stelle sei erwähnt, dass er sich laut "PFF" in diesem Jahr noch keinen Drop geleistet hat. Und auch Hurts ist hier nur bedingt der "Schuldige", denn laut "Next Gen Stats" bringt er es trotz aller Probleme in Summe auf eine Completion Percentage over Expected von +4,7 Prozent, wirft also auch nicht allzu unpräzise.
Und dann sind wir eben unweigerlich bei Patullo, der diese Offense letztlich als Play-Caller verantwortet. Mike Sando von "The Athletic" zitierte zu diesem Thema einen anonymen Coach eines anderen NFL-Teams mit den Worten: "Das ist Brian Johnson 2.0, nur früher in der Saison." Zur Erinnerung: Brian Johnson war derjenige, der nach der erfolgreichen Saison 2022 der Eagles (NFC Champion) auf Shane Steichen (nun Head Coach der Colts) als Offensive Coordinator gefolgt war. Damals legten die Eagles einen starken Start hin und standen bei 10-1 in der Saison 2023, ehe sie im Grunde einen kompletten Systemabsturz erlebten und sechs der letzten sieben Spiele (inklusive Playoffs) verloren.
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Patullo als Kern des Problems?
Anschließend wurden sowohl Johnson als auch sein defensiver Gegenpart entlassen und durch Vic Fangio (DC) und Kellen Moore (OC) ersetzt, was letztlich dazu führte, dass die Eagles in die Erfolgsspur zurückfanden. Fangio blieb nach dem Super-Bowl-Triumph, doch Moore schloss sich den New Orleans Saints als Head Coach an, wodurch die OC-Stelle erneut vakant war.
Patullo ist es bislang nicht gelungen, die Offensivmaschinerie der Vorsaison ins Rollen zu bringen. Noch wird er nicht direkt hinterfragt, doch ein paar Stimmen aus dem Mannschaftskreis kann man zumindest in die Richtung deuten. Jalen Hurts umschrieb es wie folgt: "Es ist, als hätte man all die gleichen Zutaten, aber einen anderen Koch in der Küche. Ich denke, das war in gewisser Weise über die Jahre bei uns der Fall", sagte Hurts. "Man kann die gleichen Zutaten haben, und jemand kann das gleiche Gericht zubereiten, und es schmeckt anders."
Patullo ist der besagte neue Koch und wurde handverlesen von Head Coach Nick Sirianni als OC auserkoren. Wie Johnson damals auch war er bereits seit ein paar Jahren in der Eagles-Organisation unterwegs und bekleidete seit 2021 den Posten des Pass Game Coordinators. Er kennt also die Offense, was vermuten lässt, dass es eher am Play-Calling liegen mag. Und so zu tun, als wäre dies nur eine Momentaufnahme der vergangenen zwei Wochen, ist ebenfalls fehlgeleitet.
Lane Johnson sprach auch diesen generellen Punkt an: "Wir haben im ersten Monat gewonnen, aber wir haben nicht dominiert. Es ist frustrierend. Man sieht, welche Jungs wir haben - auf der offensiven Seite des Balls sollten wir viel mehr tun, um unserer Defense zu helfen. Es ist frustrierend, aber nichts, was wir nicht noch umdrehen können."

Eagles erfolgreich, aber nicht dominant
Hier liegt er richtig. Alle vier Siege waren One-Score Games. Umso bitterer dann, dass man ausgerechnet in New York eine klare Pleite mit 17 Punkten Unterschied kassierte. Und jene kann man mit den Turnovers im Spiel relativieren. Dennoch bleibt der Gesamteindruck, dass einiges nicht stimmt.
Die Defense dürfte schon am Sonntag gegen die Minnesota Vikings (ab 19 Uhr live bei RTL) wieder besser aussehen, da mit Defensive Tackle Jalen Carter (Ferse) der wichtigste Mann nach Verletzung wohl zurückkehrt. Doch was die Offense angeht, wird sich zeigen, ob Patullo und Co. die nötigen Anpassungen nach verlängerter Pause nach dem Thursday Night Game in Woche 6 gemacht hat. Denn berechenbar darf man gegen die Vikings erst recht nicht sein.