Außerhalb Bayerns drückt Fußball-Deutschland am Samstagabend wohl relativ kollektiv Borussia Dortmund die Daumen. Ein Sieg des BVB beim FC Bayern - und die Bundesliga wäre wieder halbwegs spannend. Ansonsten droht große Langeweile, die sogar eine Bayern-Legende wie Jean-Marie Pfaff einschläfert. Der Belgier sieht im Interview mit RTL/ntv und sport.de einen Identitätsverlust im deutschen Fußball - und einen Qualitätsverlust auf der Torwart-Position.
War früher alles besser? Müßig. War die Bundesliga früher spannender? Mit Sicherheit. Als Jean-Marie Pfaff in den 1980er Jahren das Tor des FC Bayern hütete, waren die Münchner zwar auch schon der deutsche Primus. Ein Dauer-Abo auf die Schale, wie praktisch seit mehr als einem Jahrzehnt, hatten sie aber nicht.
"Wenn du früher in Kaiserslautern gespielt hast - das war nie einfach", erinnerte Pfaff im Interview mit RTL/ntv und sport.de an gefühlt längst vergessene Bundesliga-Zeiten. Heute spielen die Roten Teufel in der Zweiten Liga - legendäre Betze-Duelle mit den Bayern sind weit weg.
Der moderne Fußball sei vom Geld beherrscht, kritisierte Pfaff. "Man sieht auch im Fußball: Die Sozialität ist weg", sagte die Torwart-Legende. Der FC Bayern habe in der Bundesliga praktisch keine Konkurrenz mehr.
Ein Klub mit Geschichte und Potenzial wie der HSV sei zwar in der Bundesliga zurück. "Aber auf welchem Niveau?", fragte Pfaff. Zu seiner Zeit hätten in Hamburg Spieler wie Felix Magath, Manfred Kaltz oder Uli Stein gespielt und die Bayern gefordert.
Der 1. FC Köln habe den Münchnern mit den Allofs-Brüdern und Toni Schumacher im Tor das Leben schwer gemacht. Heute hätten solche Klubs keinerlei Chance mehr, Spieler dieser Klasse zu halten, ergo gebe es für den FC Bayern national nicht "die großen Konkurrenten".
Was Jean-Marie Pfaff dem BVB rät
Auf den Klassiker des FC Bayern gegen den BVB am Samstag (18:30 Uhr) freut sich Pfaff aber schon. Er erwarte ein "schönes Spiel", sagte der 71-Jährige. "Dortmund ist wieder da oben, sie spielen erwachsen", lobte Pfaff die Mannschaft von Niko Kovac.
Der BVB dürfe in der Allianz Arena nur "nicht in die Falle des FC Bayern laufen und mitspielen in ihrer Schnelligkeit", warnte der Vize-Europameister von 1980.
Der FC Bayern agiere unter seinem Landsmann Vincent Kompany auf "Top-Niveau", so Pfaff. Der BVB müsse die Münchner "kommen lassen, sich Zeit nehmen, den Ball raus, mal auf Zeit spielen und dann in den Rücken der Abwehr kommen". Unterm Strich tippt Pfaff aber auf einen 2:0-Sieg für den FC Bayern.
Pfaff ist überzeugt, dass Kompany seinen Weg in München weitergeht. Der Belgier sei als Spieler selbst erfolgreich gewesen, habe "Ahnung vom Fußball" und wisse, "wie man die Spieler auffangen muss".
FC Bayern: Manuel Neuer "natürlich" noch Weltklasse
Lob hat Pfaff auch für Manuel Neuer übrig. Der 40-Jährige sei "natürlich" noch immer Weltklasse, betonte er. Vielleicht sei es für Neuer sogar gut gewesen, dass er aufgrund seiner schweren Verletzung Ende 2022 lange Zeit ausfiel, mutmaßte der ehemalige Tormann. Er sehe "noch keinen Torwart in Deutschland", der Neuer ersetzen könne.
Allerdings sieht Pfaff die Deutschen auf der Torhüter-Position in der Breite nicht mehr so gut aufgestellt wie zu seiner aktiven Zeit. "Wenn du jetzt in Deutschland fragst, wie steht ihr da, dann wissen das viele nicht mehr. Früher hast du in Deutschland viele gute Torleute gehabt." Er selbst wisse zum Beispiel nicht mehr, wer "in Kaiserslautern, in Köln, beim HSV im Tor steht". Das sei früher anders gewesen.
Ein guter Torwart müsse seiner Mannschaft in einer Saison "Minimum in sechs, sieben Spielen" drei Punkte gewinnen und auch dann "gut sein, wenn die Mannschaft schlecht ist", sagte Pfaff.




























