Die NFL hat nach Week 6 ihre erste Trainer-Entlassung: Die Tennessee Titans trennten sich von Brian Callahan. Allerdings sitzen auch mehrere weitere Head Coaches nicht fest im Sattel.
Trainer-Entlassungen innerhalb einer Saison kommen zwar nicht so häufig vor in der NFL, doch die Tennessee Titans haben nun gezeigt, dass es eben doch passieren kann. Der Zeitpunkt mag im Fall Callahan durchaus überraschen, denn sechs Spiele sind noch kein echter Indikator für die Leistung einer ganzen Saison, doch zeigt dies eben auch, dass die Geduld vielerorts begrenzt ist.
Callahan bekam letztlich nur 23 Spiele als Head Coach der Titans. Seine Bilanz war mit 4-19 überschaubar. In diesem Jahr stehen die Titans nun bei 1-5 und haben nur durch ein chaotisches Finish und unter kräftiger Mithilfe der Arizona Cardinals überhaupt ein Spiel gewonnen. Diese Entlassung, die nicht einmal zwei Jahre nach der überraschenden Trennung von Mike Vrabel kam, setzt derweil einen bedenklichen Trend fort.
In diesem Jahrzehnt ist dies nun der vierte Fall, in dem ein Head Coach während der Saison entlassen wurde, in der das Team einen neuen Quarterback mit dem ersten Pick insgesamt im Draft gezogen hat. Urban Meyer begann diesen Trend 2021 bei den Jacksonville Jaguars, anschließend folgten Frank Reich (Carolina Panthers) und im Vorjahr Matt Eberflus bei den Chicago Bears.
Nun mag das nie am Quarterback und mehr an den Coaches selbst und am generell schwachen Kader - man bekommt nicht umsonst den ersten Pick im Draft - gelegen haben, doch zeigt es eben, dass der Druck auf einem Coaching Staff besonders hoch ist, wenn man einen potenziellen neuen Franchise-Quarterback in dessen Rookie-Vertrag hat.
Mit Callahan vom Tisch gibt es jedoch noch ein paar andere Namen, die nun in den Fokus rücken, was den Rest dieser Saison und die Zeit danach betrifft. Denn nicht nur in Tennessee läuft es so schlecht, dass man einen Head Coach infrage stellen sollte. Entsprechend betrachten wir im Folgenden die Coaches, die ebenfalls um ihren Job bangen müssen.
NFL: Head Coaches auf dem Hot Seat
Mike McDaniel - Miami Dolphins (seit 2022 im Job)
- Bilanz 2025: 1-5
- Karrierebilanz: 29-28 (.509)
Ab wann ist das, was McDaniel bei den Dolphins macht, nicht mehr cool? Man muss befürchten, dass dieser neuralgische Punkt mittlerweile erreicht ist. Zwar sorgte er seit Amtsantritt für frischen Wind und seine Highspeed-Finesse-Offense ist äußerst unterhaltsam, doch die Ergebnisse stimmten von Anfang an nur bedingt. Seine beste Saison war 11-6 (2023) und man wird nach dem 1-5-Start ziemlich sicher die Playoffs ein zweites Mal in Serie verpassen.
McDaniels offensiver Ansatz funktioniert nur solange, bis es kalt wird oder ein, zwei Star-Skill-Player - oder Tua - ausfallen. Einen Plan B hat er bis heute nicht entwickelt. Und da reden wir noch gar nicht darüber, dass die Defense mal wieder ein größeres Problem darstellt. McDaniel ist sicherlich auch in Teilen ein Opfer der zum Teil haarsträubenden Personalentscheidungen von General Manager Chris Grier, der schon das ganze Jahrzehnt damit verbringt, eine neue stabile Offensive Line zu bauen - ein weiterhin fortlaufender Prozess. Erschwerend kommt nun hinzu, dass dieser die Secondary komplett abgerüstet hat für diese Saison und man das einfach jede Woche merkt.
Letztlich kommt nun zusätzliche Unruhe durch Tua Tagovailoas unbedachte Aussagen über seine Mitspieler rein, nachdem zuvor Tyreek Hill - jetzt schwer verletzt - noch am Ende der Vorsaison öffentlich erklärte, dass er nicht länger in Miami spielen wolle. Er ruderte zwar zurück, doch das Vertrauen seiner Mitspieler war ihm danach nicht mehr garantiert.
Nun blickt McDaniel auf den Scherbenhaufen seiner ersten Head-Coach-Station. Die Playoffs sind außer Reichweite, das Team scheint nicht mehr vollends zusammenzustehen und damit muss das komplette Konzept hinterfragt werden. Vermutlich dann sogar mit komplett neuem Regime, das jedoch dann vor dem Problem stünde, dass man Tagovailoa rein vertragstechnisch erst 2027 loswerden kann. Doch für McDaniel - und Grier? - dürfte spätestens am Saisonende Schluss sein in Miami.
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Aaron Glenn - New York Jets (seit 2025 im Job)
- Bilanz 2025: 0-6
- Karrierebilanz: 0-6 (.000)
Aaron Glenn hat Geschichte geschrieben und als erster Jets-Coach überhaupt seine ersten sechs Spiele im Job verloren - den Rekord holte er sich bereits mit dem 0-5-Start, der ebenfalls schon seinesgleichen suchte. Die Jets befinden sich im freien Fall und haben mit dem 11:13 in London womöglich einen neuen Tiefpunkt erreicht. Die Offense wirkt zusammenhanglos und Justin Fields entpuppte sich dann doch als Justin Fields und nicht als nächster Geno Smith oder gar Baker Mayfield, was die klare Hoffnung des neuen Regimes in New York war.
Erschreckend kommt hinzu, dass auch die Defense reihenweise schon enttäuscht hat. Dass es nun bei nur 13 Punkte für die Broncos blieb, lag mehr an Denver als alles andere. Und bis auf Durchhalteparolen scheint Glenn derzeit wenig zu bieten zu haben.
Bitter ist vor allem, dass er es war, der einen sicherlich über seinen Zenit hinaus befindlichen Aaron Rodgers ablehnte, um für eine neue, positive Teamkultur zu sorgen. Rodgers ist nun mit den Steelers auf Playoff-Kurs - auch wenn da viel Glück mitspielt -, während die Jets nun noch schlechter dastehen als im Vorjahr.
Wie wahrscheinlich nun eine frühe Trennung von Glenn ist, lässt sich derweil nur schwer sagen. General Manager Darren Mougey kam mit ihm zu den Jets, insofern müsste die Entscheidung wohl erneut von ganz oben kommen. Und man darf zumindest bezweifeln, dass Woody Johnson nach dem letzten Fiasko gewillt ist, schon wieder die Reißleine zu ziehen. Doch nach Saisonende wird man sicherlich genau drauf schauen, ob Glenn der Richtige für die schier unmögliche Aufgabe ist, dieses Schiff irgendwann wieder in ruhigere Fahrwasser zu steuern.
Zac Taylor - Cincinnati Bengals (seit 2019 im Job)
- Bilanz 2025: 2-4
- Karriere-Bilanz: 48-56-1 (.462)
Taylor hat nun vier Winning Seasons am Stück hingelegt und sich damit eigentlich genügend Jobsicherheit erarbeitet. Jedenfalls könnte man das denken, wenn man nur darauf schaut.
Taylor hat jedoch in seinen ersten sechs Jahren in Cincy auch nur zweimal die Playoffs erreicht, zuletzt 2022. Wenn man bedenkt, dass er über einen der besten Quarterbacks verfügt, dazu ein paar Superstar-Receiver hat und noch dazu einen der besten Pass-Rusher, dann ist das unterm Strich herzlich wenig.
Sicherlich stand man 2021 im Super Bowl, doch das ist länger her. Seither gewannen die Bengals nur noch ein Playoff-Spiel und verlor in den folgenden Jahren ein wenig den Anschluss. Und das hauptsächlich wegen Verletzungen oder der Tatsache, dass man im Vorjahr eine grausige Defense hatte.
In diesem Jahr ist es mal wieder ein langer Ausfall von Joe Burrow, der wohl einen positiven Ausgang unmöglich macht - es sei denn, Joe Flacco erlebt seinen dritten oder vierten Frühling und überrascht uns alle.
Passiert Letzteres nicht, wäre dies schon die dritte Saison in Serie ohne Playoffs. Und eine, in der man gerade erst für viel Geld mit Ja'Marr Chase und Tee Higgins verlängert hat, ohne, dass dies zum Erfolg führte. Gut vorstellbar also, dass Teameigner Paul Brown da in naher Zukunft Fragen haben wird. Zwar nicht während der Saison, aber womöglich danach.
Brian Daboll - New York Giants (seit 2022 im Job)
- Bilanz 2025: 2-4
- Karriere-Bilanz: 20-36-1 (.360)
Vermutlich wäre dieser Stuhl noch viel heißer gewesen, wenn Daboll nicht vor wenigen Wochen selbst die Reißleine gezogen und Rookie Jaxson Dart zum Start gemacht hätte. Mit ihm und Running Back Cam Skattebo gewannen die Giants recht überraschend zwei ihrer jüngsten drei Spiele gegen die Chargers und Eagles. Dieser plötzliche Leistungsanstieg dürfte Daboll mindestens mal noch Zeit bis zum Saisonende erkauft haben.
Sollte die Saison dann in der Rückschau positiv verlaufen sein - selbst die Division scheint nicht gänzlich ausgeschlossen, wenn man derzeit nur zwei Spiele hinter den Eagles rangiert -, dann spräche nichts dagegen, mit Daboll und Co. weiterzumachen. Sollte sich diese Nummer am Ende aber doch als Reinfall entpuppen und die Giants nach der Anfangseuphorie in ihren normalen Trott verfallen, dann könnte es eng werden für Daboll, der nach seiner Rookie-Saison 2022 mit dem unglaublichen Playoff-Erfolg über die Vikings, schon ein wenig unter Druck steht.
Schon vor der Saison hatte es Teambesitzer John Mara für nötig gehalten, in einem Statement Coach Daboll und GM Joe Schoen öffentlich das Vertrauen auszusprechen. Das verheißt selten etwas Gutes.
Kevin Stefanski - Cleveland Browns (seit 2020 im Job)
- Bilanz 2025: 1-5
- Karriere-Bilanz: 41-49 (.456)
Stefanski war seit 2020 zweimal Coach of the Year der "Associated Press". In diesen beiden Jahren (2020, 2023) erreichten die Browns entsprechend jeweils die Playoffs. Es waren die einzigen Playoff-Teilnahmen des Teams seit 2002. Und dennoch stellt sich die Frage, ob Stefanski wirklich alles aus diesem Team herausholt. In dieser Saison steht man schon wieder bei 1-5 und es muss hinterfragt werden, wie man die Quarterback-Situation insgesamt angegangen ist.
Zwar kann man Stefanski nicht alleine vorwerfen, dieses Chaos im Draft angerichtet zu haben mit Dillon Gabriel an Tag zwei und Shedeur Sanders am dritten Tag. Und auch die Verpflichtung von Joe Flacco ging wohl nicht vollends nur auf seine Kappe. Doch, dass man nun nach nur wenigen Wochen die Reißleine zog und dann auch noch Flacco abgab, um gänzlich ohne Erfahrung auf Quarterback dazustehen, wirft durchaus Fragen auf.
Gabriel legte einen guten Start in London gegen die Vikings hin, doch schon gegen die Steelers eine Woche später verpuffte der positive Eindruck wieder und Gabriel wirkte überfordert. Er kassierte sechs Sacks und kam auf ein Total QBR von 33,6 und seine Offense erzielte keinen Touchdown.
Stefanski hat somit nun nicht nur absolut keine Ruhe mehr auf der Quarterback-Position, er entfachte mit dem Wechsel nun auch noch neuerliche Diskussionen, was Sanders angeht, der jetzt der Backup ist und zumindest medial für noch mehr Unruhe sorgen wird. Diese Situation hätte man besser managen können und wohl auch müssen.
Man steuert auf die dritte Losing Season in sechs Jahren hin und muss dann wohl auch 2026 wieder darauf hoffen, mit erneut hohem Draftpick den nächsten neuen Quarterback zu holen, der dann eventuell der Richtige ist. Und so wie die College-Saison bislang läuft, scheint es dann erneut kein ganz sicheren Nummern zu geben.
Spätestens an dem Punkt wird man sich dann auch in Cleveland fragen müssen, ob Stefanski am Ende noch der Richtige ist, um die lang erhoffte sportliche Konstanz herbeizuführen. Bisher gelang ihm das nicht.

Jonathan Gannon - Arizona Cardinals (seit 2023 im Job)
- Bilanz 2025: 2-4
- Karriere-Bilanz: 14-26 (.350)
Nach dem 2-0-Start in diese Saison sah die Welt noch ganz anders aus in der Wüste. Jetzt jedoch, nach vier Niederlagen in Serie herrscht mal wieder Tristesse bei den Cardinals. Man ist wieder da, wo man immer ist - am Ende der NFC West. Im Vorjahr lief es teilweise besser und man sah wie ein Playoff-Anwärter aus, ehe man dann doch zum Schluss einbrach und mit fünf Niederlagen in den letzten sieben Spielen doch noch die Playoffs verspielte.
Laut "Football Power Index" von "ESPN" haben die Cardinals nun noch den viertschwersten Restspielplan in dieser Saison, stehen ohnehin bei 2-4 und haben mit James Conner bereits einen ihrer besten Offensivspieler verloren. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass dies die dritte Losing Season in Serie für Gannon wird, dem dann allmählich die Argumente ausgehen dürfte.
Die jüngste Episode im Spiel gegen die Tennessee Titans, die zu ihrem Sieg wie die Jungfrau zum Kind kamen, als Gannon Running Back Demercado tätlich anging, dürfte zudem nicht beim Gesamteindruck geholfen haben. Die Geldstrafe (100.000 Dollar) war die erste Konsequenz, doch könnte man das schon dahingehend werten, dass Gannon nun angezählt ist. Und das vor aller Öffentlichkeit.
Entsprechend braucht es womöglich eine deutliche Leistungssteigerung dieses Teams, um eine Trennung vom Coach nach dann drei Jahren zu verhindern.
John Harbaugh - Baltimore Ravens (seit 2008 im Job)
- Bilanz 2025: 1-5
- Karriere-Bilanz: 173-109 (.613)
Eigentlich wirkt es undenkbar, dass die Ravens am Stuhl von John Harbaugh sägen könnten. Seit er 2008 übernahm, verpassten die Ravens ganze fünfmal die Playoffs - zuletzt 2020. Zum ganz großen Wurf reichte es natürlich nur in der Saison 2012, doch war man immer im Konzert der großen dabei.
In dieser Saison läuft es bislang nicht und man steht bei 1-5. Was wieder mal deutlich wird, ist, dass die Offense ohne Lamar Jackson nicht funktioniert. Erschwerend hinzu kommt, dass auch die Defense überwiegend hilflos wirkte und aktuell im Schnitt 32,3 Punkte abgibt. Damit ist man derzeit die Schießbude der Liga.
Sicherlich ist das nur eine Momentaufnahme und zumindest die Offense dürfte wieder konkurrenzfähig sein, sobald Jackson wieder da ist - womöglich schon in Woche 8 gegen die Bears -, doch ist auch mit ihm scheinbar nicht garantiert, dass dann der Turnaround kommt. Das letzte Mal, dass die Ravens so schlecht in eine Saison gestartet sind, war 2015, als man das Jahr 5-11 beendete. Es war zugleich die schlechteste Saison unter Harbaugh und der Anfang von drei Jahren ohne Playoffs.
Wenn man also die Chance auf einen Neustart wollte, wäre vermutlich dieses Jahr der Zeitpunkt gekommen, ihn anzugehen.
Ist das wahrscheinlich? Nein. Aber ultimativ wollen sie in Baltimore einen Super Bowl gewinnen und das gelang zuletzt vor 13 Jahren. Unantastbar sollte also keiner mehr sein in diesem Franchise.