Der coole Oscar Piastri gegen Nervenbündel Lando Norris - die Rollenverteilung im Formel-1-Titelkampf der McLaren-Piloten schien bisher festgelegt. F1-Experte Johnny Herbert sieht nach Singapur allerdings erste Risse in der Piastri-Fassade.
Mächtig Boden gutgemacht hat Lando Norris beim Grand Prix von Singapur auf seinen Stallrivalen Oscar Piastri zwar nicht. Aber: Der Brite setzte einen kleinen, schmerzhaften Nadelstich.
In Kurve zwei quetschte er sich innen kompromisslos an seinem Papaya-Nachbarn vorbei, rumpelte mit seinem rechten Vorderrad gar gegen Piastris Boliden.
Der Australier steckte zurück und verlor Rang drei an Norris, der so immerhin drei Zähler aufholte und in der WM nur noch 22 Punkte zurückliegt.
Noch im Team-Radio beschwerte sich Piastri bitterlich über die "unfaire" Aktion seines Teamkollegen. Der ehemalige F1-Pilot Johnny Herbert sieht dafür keinen Anlass.
"Ich denke nicht, dass an dem, was Lando getan hat, etwas falsch war. Ja, sie haben sich ein bisschen gerieben, aber das ist Racing", sagte der Brite bei "BettingLounge".
Formel 1: "Selbstsüchtigkeit" gehört zum Geschäft
Wolle man in eine Position kommen, um eine Weltmeisterschaft zu gewinnen, "muss man hart sein", so Herbert, der auf Titelverteidiger Max Verstappen und Größen der F1-Historie wie Ayrton Senna verwies.
"Lando wurde in der Vergangenheit kritisiert, dass er vielleicht nicht hart genug sei. Das (in Singapur, d.Red.) war gutes Racing", lobte Herbert seinen Landsmann.
Piastris Verhalten zeige dagegen, dass der WM-Leader unter dem Druck des Titel-Duells zu bröckeln beginne, so der 61-Jährige. "Wir sehen anhand seiner Kommentare kleine Risse. Der coole Oscar Piastri, von dem jeder zu Saisonbeginn gesprochen hat, ist nicht da."
Norris habe in Singapur zwar kein "perfektes Ergebnis" eingefahren, "aber er war vor Oscar. Er baut also Druck auf und macht einen tollen Job. Er zeigt wieder seinen Speed, beide liegen sehr eng beieinander", sagte Herbert.
Dass McLaren einen der beiden Fahrer bevorzugt, glaubt der ehemalige Teamkollege von Michael Schumacher nicht. Das Team versuche "so fair wie möglich zu sein", so Herbert und übertreibe es dabei sogar manchmal. "Das mag ich nicht, denn wenn man im Auto sitzt, ist man auf sich allein gestellt. Man fährt für sich selbst. Eine gewisse Selbstsüchtigkeit muss zu einem Fahrer dazugehören, um Rennen, aber vor allem eine WM zu gewinnen."
Herbert gab mit Blick auf die 2026 kommenden Regel-Revolution zu bedenken, dass 2025 womöglich "Oscars und Landos einzige Chance ist in den nächsten Jahren, die WM zu gewinnen"-
