Heftige Diskussionen nach dem DTM-Titelfinale in Hockenheim wegen der schwarzen Flaggen gegen Emil-Frey-Ferrari-Pilot Jack Aitken und Grasser-Lamborghini-Fahrer Jordan Pepper: Den beiden Titelkandidaten wurden je drei Penalty-Lap-Strafen aufgebrummt, weil ihnen vorgeworfen wurde, Rivale Lucas Auer unter gelber Flagge überholt zu haben. Doch beide ignorierten die Strafe und wurden disqualifiziert!
Wie kam es zum Eklat? Zum Zeitpunkt des Zwischenfalls gab es einen Fehler im Rennleitungs-Meldungssystem und auf dem Display im Cockpit, das die gelbe Flagge in der fünften Kurve anzeigte. "Wir haben Pepper durchgesagt: Gelb in Turn 5! Er hat bei Turn 3 überholt", erklärt Teamchef Gottfried Grasser.
"Allerdings war auf der rechten Seite bei Turn 3 ein Streckenposten, der die gelbe Flagge geschwenkt hat. Den hat Jordan nicht gesehen. Das war aber auf der Streckenskizze falsch markiert, und die Info am Monitor war auch falsch."
Grasser-Team von falscher Anzeige in die Irre geführt
Aus diesem Grund war das Grasser-Team fest davon überzeugt, dass man im Recht sei. Und trat die Strafe nicht an. "Wir wussten nichts von Turn 3", erklärt Grasser, der sogar in Kontakt mit Renndirektor Sven Stoppe trat, um zumindest Peppers fünften Platz zu retten. "Es waren nur mehr drei Runden zu fahren. Wir wären weg gewesen, wenn wir die Strafe angetreten hätten."
Im Nachhinein sagt er aber: "Ausschlaggebend war nur der physische Streckenposten, der bei Turn 3 stand. Und die gelbe Flagge hat Priorität. Daher waren wir nicht im Recht."
Hat Jack Aitken gar nicht unter Gelb überholt?
Anders die Situation beim Emil-Frey-Team von Jack Aitken, der einen vierten Platz verloren hat. Die Truppe ist nach wie vor fest davon überzeugt, dass die Strafe eine komplette Fehlentscheidung war. "Aus unserer Sicht fand Jacks Überholmanöver nach der gelben Phase statt", so Technikchef Jürg Flach im Gespräch mit Motorsport-Total.com.
"Auch unsere Onboard zeigt, wie Jack uns gesagt hat, dass er erst nach der grünen Flagge zum Überholen angesetzt hat."
Daher wollte man die Verantwortlichen nach dem Rennen überzeugen, dass die Entscheidung falsch war. "Wir hatten gehofft, dass wir nach dem Rennen verhandeln und auch darlegen können, dass das schon korrekt war, was Jack gemacht hat", erklärt Flach, warum man die drei Penalty-Lap-Strafen, die 15 Sekunden entsprechen und den Briten ans Ende des Feldes zurückgeworfen hätten, nicht antrat.
"Das hat nichts mit unsportlichem Verhalten zu tun"
"Wir hätten nicht gedacht, dass dann die schwarze Flagge für uns kommt", zeigt er sich überrascht. "Das hat nichts mit unsportlichem Verhalten zu tun, sondern damit, dass wir noch um Positionen in der Meisterschaft gekämpft haben. Für ganz vorne hätte es nicht mehr gereicht, aber wir hatten eine gute Pace und wollten alles versuchen."
Man investiere "so viel in unser Engagement hier in der DTM. Da können wir nicht einfach alles über Bord werfen", argumentiert Flach. Abgesehen davon wäre es vorbei gewesen, wenn man die Strafe angetreten hätte.
"Wenn du das mal machst, wie wollen sie dich nachher noch irgendwo einstufen, wenn der Entscheid rückgängig gemacht wird?", fragt Flach. Kurios: Zehn Sekunden lang wurde auf dem Monitor sogar in Kurve 5 grün angezeigt. Und zwar ungefähr zum Zeitpunkt, als der Zwischenfall passierte.
Dennoch ist die Angelegenheit erledigt, da gegen Entscheidungen des Renndirektors kein Protest möglich ist. Welche Folgen die Disqualifikation hatte? Ohne sie wäre Aitken in der Gesamtwertung nicht mit 162 Punkten Achter geworden, sondern mit 175 Zählern auf Rang fünf gekommen.
