Bei der Niederlage gegen die Philadelphia Eagles verwandelte Buccaneers-Kicker Chase McLaughlin Field Goals aus 58 und 65 Yards. In der Preseason traf Jaguars-Kicker Cam Little sogar aus 70 Yards. Was vor einigen Jahren noch eine größere Reaktion hervorgerufen hätte, wird langsam zur Normalität in der NFL. Der Grund dafür ist ebenso einfach wie überraschend.
McLaughlin sicherte sich einen Platz in den Geschichtsbüchern der NFL. Zwar war sein Treffer aus 65 Yards ein Yard kürzer als der NFL-Rekord von Justin Tucker, allerdings schoss dieser seinerzeit in einem Dome, McLauglin hingegen ist der erste NFL-Kicker, der in einem Regular Season Game unter freiem Himmel aus 65 Yards traf.
In der noch jungen Spielzeit sahen die NFL-Fans bereits 76 Field Goals aus 50 Yards oder mehr. 56 davon fanden ihr Ziel unter anderem, vier Versuche sogar aus 60 Yards und mehr. In Prozenten ausgedrückt bedeutet das eine Treffer-Quote von 73,7 Prozent. Im Vergleich zur Regular Season 2024 liegt man damit bereits knappe vier Prozent über dem letztjährigen Schnitt (69,9 %) aus einer so langen Distanz.
Doch liegt das nur an der gestiegenen Qualität der Kicker? Nein! Denn nach einer starken Saison 2023, als 85,9 Prozent aller Field Goals verwandelt wurden, sank die Quote schon im Vorjahr auf 84 Prozent, während sie aktuell nur bei 83,6 Prozent liegt. Die Tendenz ist also sinkend.
Doch warum verwandeln die Kicker plötzlich regelmäßiger weite Field Goals?
NFL ändert das Regelwerk
Der Grund dafür liegt beim Spielmaterial selbst. Genauer gesagt am Ball. Für das Kicking werden seit jeher nämlich besondere Bälle, die sogenannten "K-Balls", genutzt. Diese werden ausschließlich zum Kicken genutzt und hatten eine Sonderstellung.
Denn im Gegensatz zu den normalen Spielbällen, wurden die K-Balls erst rund eine Stunde vor dem Start an die Teams ausgegeben.
Eine kurze Zeit, denn jeder Ball in der NFL bekommt eine ausführliche Vorbereitung. So werden auch die normalen Spielbälle stundenlang mit Bürsten, Pasten, Reinigungsmitteln und Wärme behandelt, um sie möglichst geschmeidig zu bekommen. Die Vorbereitung eines Balles ist eine Wissenschaft für sich.
Und dieser Wissenschaft unterliegen seit dieser Saison auch die K-Balls, die den Teams bereits seit Saisonstart zur Verfügung stehen. Insgesamt 60 Exemplare bekam jedes Team zu Beginn der neuen Spielzeit.

Die Teams trieben es zu weit
Damit kehrt die NFL im Übrigen zu einer Regel zurück, die es bis 1999 bereits gab. Bis dahin konnten die Teams ihre K-Balls ebenfalls nach Belieben vorbereiten.
Schlussendlich schob der NFL dem Ganzen jedoch einen Riegel vor, denn die Teams trieben es zu weit. So wurden Bälle in der Vorbereitung auf das Spiel unter anderem minutenlang in Mikrowellen erhitzt oder beim Sauna-Gang mitgenommen.
Man sieht, Wärme spielt eine große Rolle. Ein geschmeidiges und griffiges Leder ist für den Kicker von großer Bedeutung. Zudem wird das Leder so gut es geht glatt gebürstet. Jede Unebenheit soll, auch im Bereich der Naht, möglichst vermieden werden.
Hierfür hatten die Teams zuletzt im Übrigen neben der kurzen Vorbereitungszeit nur bestimmte Werkzeuge, wie eine Bürste des Ball-Herstellers zur Verfügung.
McAfee sagte Wandel voraus
Der frühere Colts-Punter Pat McAfee spielte in seiner gesamten NFL-Karriere mit den "schlecht" vorbereiteten K-Balls. Dennoch oder vielleicht auch gerade deshalb war ihm die Bedeutung der Regeländerung offenbar bewusst.
Noch vor der Saison schrieb der heutige "ESPN"-Host , dass er davon ausgehe, man könne mit einem gut vorbereiteten Ball "zehn bis 15 Yards weiter kicken als mit einem frischen Ball. Es wird ein großartiges Jahr", frohlockte er.
Diese Freude teilen allerdings nicht alle. So äußerte sich Vic Fangio, Defensive Coordinator der Philadelphia Eagles, und erklärte die längeren Field Goals würden es den Defenses schwerer machen.
"Die Kicking Balls, die es seit diesem Jahr gibt, haben das Kicking drastisch verändert, vor allem die Field Goals", erklärte der Übungsleiter. "Ich glaube, der Typ in Dallas (Brandon Aubrey, Anm. d. Red.) wird in diesem Jahr ein 70-Yard-Field-Goal schießen, da bin ich mir sicher", sagt Fangio, der erklärte, dass sich seine Art zu coachen auch ändert.
Spannend dabei: Die Eagles waren eines der Teams, das sich vor der Saison für die Regeländerung aussprachen. Und sie profitierten selbst bereits davon. Kicker Jake Elliott versenkte bislang alle seiner drei Field-Goal-Versuch aus mehr als 50 Yards. Und das war im Vorjahr noch ein wunder Punkt. Elliott hatte große Probleme mit diesen Distanzen und war nur bei einem von sieben solcher Versuche in der gesamten Saison erfolgreich.