Formel-1-Rekordweltmeister Lewis Hamilton sichert sich im Ferrari die Freitagsbestzeit beim Grand Prix von Aserbaidschan, während die McLaren-Fahrer den Spott der Kommentatoren auf sich ziehen.
"Muss Piastri jetzt eigentlich auch in die Mauer fahren, für Chancengleichheit?" So lautete die hämische Reaktion eines Beobachters in der Redaktion während des zweiten Freien Trainings zum Grand Prix von Aserbaidschan 2025. McLaren-Pilot Lando Norris war nämlich gecrasht, und nach der Monza-Stallorder machen sich im Internet viele Fans über die sogenannten "Papaya-Rules", mit denen McLaren das WM-Duell steuert, lustig.
Norris hatte genau zur Halbzeit in Kurve 4 die Kontrolle über das Heck seines McLaren verloren und schlug mit der linken Seite in die Leitplanken ein. Dabei wurde seine Radaufhängung krumm, und Norris schleppte sich mühsam in die McLaren-Box zurück. Bitter, denn er war gerade auf jener Runde mit frischen Softreifen, die eigentlich seine schnellste hätte werden sollen.
Fast so, als hätte der McLaren-Kommandostand wirklich die Finger im Spiel (hatte er natürlich nicht!), landete nur fünf Minuten später auch Oscar Piastri in der Mauer. Beim Australier war der Mauerkuss aber weniger heftig, rechts, in Kurve 15. "Sieht alles gut aus", gab sein Renningenieur sofort Entwarnung. Später handelte sich Piastri dann auch noch eine Untersuchung wegen eines angeblichen Verstoßes gegen gelbe Flaggen ein.
Es war ein kleiner Fehler, "aber einer, der kostet", ärgert sich Norris: "Bis dahin fühlte es sich gut an. Ich wäre gern ein paar Runden mit vollem Tank gefahren, vor allem mit diesen Reifen, die ja weicher sind als vor einem Jahr. Ferrari war schon damals am schnellsten, auch wenn Oscar gewonnen hat. Und Red Bull muss man immer auf dem Zettel haben. Ich erwarte morgen einen Kampf von mindestens drei Autos."

Piastri habe "auch ein bisschen Probleme mit dem Auto" gehabt, sagt Norris. Piastri selbst ist optimistisch, was den schieren Speed betrifft, weiß aber, dass es schwierig ist, in Baku fehlerfrei zu bleiben: "Die Pace ist da, aber es ist im Moment nicht einfach, das Maximum herauszuholen."
Schneller waren diesmal andere: Lewis Hamilton ("Einige gute Lektionen gefunden") stellte im zweiten Baku-Training eine Bestzeit von 1:41.293 Minuten auf und sicherte sich damit den ersten Platz, 0,074 Sekunden vor seinem Ferrari-Teamkollegen Charles Leclerc, der als ausgemachter Baku-Spezialist gilt und sich auf dem Stadtkurs zuletzt vier Poles hintereinander gesichert hat.
Schumacher: Ferrari macht und hat Hoffnung
"Ferrari macht auf jeden Fall guten Eindruck", findet "Sky"-Experte Ralf Schumacher. "Aber was noch viel wichtiger war: Man hat das Gefühl, dass Fahrer und Ingenieur sich jetzt gegenseitig Hoffnung machen."
Dritter wurde George Russell (Mercedes), allerdings bereits mit einem Rückstand von fast einer halben Sekunde - und immer noch heiser, weil gesundheitlich angeschlagen. Dahinter landeten Andrea Kimi Antonelli (Mercedes), Oliver Bearman (Haas), Max Verstappen (Red Bull), Liam Lawson (Racing Bulls) und Esteban Ocon (Haas) auf den Positionen 4 bis 8 des Freitagsklassements.
Die beiden McLaren-Piloten konnten nach ihren Fahrfehlern keine schnellen Rundenzeiten mehr fahren und mussten sich so mit den Positionen 10 und 12 begnügen, nachdem sie im ersten Freitagstraining noch die Positionen 1 und 2 belegt hatten.
Trotzdem gelten sie weiterhin als Topfavoriten auf den Sieg im Grand Prix am Sonntag, auch wenn "ORF"-Experte Alexander Wurz analysiert: "Ich glaube, dass es ein Dreikampf wird, bei dem sich McLaren gegen Ferrari und Mercedes strecken muss. Zumindest im Qualifying."
Red Bull kämpferisch
Bei Red Bull gibt man sich nach dem Freitag aber nicht geschlagen: "Bei den Longruns sind wir dabei", sagt Helmut Marko im Interview mit "Sky", "und auch mit dem Reifenverschleiß schaut es gut aus. Im Qualifyingtrimm fehlen uns eineinhalb Zehntel. Das kann man mit der Feinabstimmung noch erreichen. Und das Positive war auch, dass Yuki im Longrun erstmals fast auf dem gleichen Niveau wie Max war. Generell kann man sagen, der Aufwärtstrend hält an."
Nico Hülkenberg sicherte sich am Nachmittag in Baku den 18. Platz, mit 1,527 Sekunden Rückstand auf Hamiltons Bestzeit, und 0,259 Sekunden hinter seinem Sauber-Teamkollegen Gabriel Bortoleto (15.). Im ersten Training hatte Hülkenberg Bortoleto noch hinter sich gelassen und den zwölften Platz belegt.