Der Season Opener der NFL hatte es in sich. Der 24:20-Erfolg der Philadelphia Eagles über die Dallas Cowboys war chaotisch, dramatisch und lieferte erste Einblicke in mögliche Trends für diese Saison. Die Erkenntnisse zum Auftakt der neuen Saison.
Eagles: Carters Disziplinlosigkeit enthüllt große Schwachstelle
Ob er nun von Dak Prescott kurz davor provoziert wurde oder nicht, sollte höchstens im Zusammenhang mit einer Strafe in den kommenden Tagen relevant sein. In jedem Fall aber muss sich ein so wichtiger Spieler wie Jalen Carter in solch einer Situation - noch dazu vor dem ersten Scrimmage-Snap überhaupt im Spiel (!) - einfach besser im Griff haben. Es ist einfach abartig und unverzeihlich, dass er seinen Gegner anspuckt.
Und da dies klar ist, müssen wir das auch nicht weiter erörtern. Was wir jedoch erörtern müssen, ist, was das zur Folge hatte. Die Eagles-Defense nämlich hatte alle Arten von Problemen mit den Cowboys und ihrem Run Game. Das Run Game, das im Vorjahr lahmte. Die Cowboys haben in der gesamten letzten Saison in keinem einzigen Spiel zwei Rushing Touchdowns erzielt. Gegen den Super-Bowl-Sieger waren es bereits diese zwei!
Und sie liefen dabei fast immer einfach durch die Mitte - durch die riesige Lücke, die Carter mit seinem Platzverweis gerissen hat. Nach der Pause wurde es allmählich besser, was aber auch damit zusammenhing, dass nach der Gewitter-Unterbrechung generell der offensive Schwung auf beiden Seiten raus war. Doch bis dahin merkte man deutlich, wie wichtig Carter ist.
Das machte sich natürlich auch gegen den Pass bemerkbar. Prescott sah laut "PFF" nur neun Pressures im ganzen Spiel, kassierte keinen Sack und hatte mit im Schnitt 2,90 Sekunden eine gefühlte Ewigkeit, den Ball zu werfen. Die Eagles konnten am Ende von Glück sagen, dass die Gäste daraus nahezu nichts gemacht haben, als es am Ende zählte.
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Überstunden für die Backups
Der Carter-Ausfall hatte aber noch eine weitere Konsequenz: Moro Ojomo und Jordan Davis spielten beide 50 Snaps, was 89 Prozent der Gesamt-Snaps im Spiel entsprach. Laut "Next Gen Stats" war dies das erste Mal seit der Datenerfassung 2016, dass zwei Eagles-Defensive-Tackles jeweils in mehr als 85 Prozent der Snaps auf dem Platz standen. Das kostet Kraft und hilft gerade im Run Game nicht.
Die Eagles verfügen weiter über einen starken Kader, doch merkte man deutlich, dass nicht alle Spieler gleichwertig ersetzt werden können. Carter ist einer, Guard Landon Dickerson ein anderer. Er verließ das Spiel spät im vierten Viertel und kam nicht zurück. Die Folge: Läufe durch die Mitte funktionierten für Saquon Barkley nahezu nicht mehr. Die Guard-Positionen wurden dann nämlich von Tyler Steen und Brett Toth besetzt, die beide im Vorjahr nicht in der Nähe der Startformation waren.
Die Eagles mögen den Start gewonnen haben, doch der Konkurrenz hat man mit dieser Vorstellung eben auch Hoffnung gemacht.
NFL will Taunting härter bestrafen
In den vergangenen Wochen und Monaten wurde viel über neue Regeln und dergleichen gesprochen. Eine "Neuerung" ist, dass die NFL nun härter durchgreifen will bei unsportlichem Verhalten. Taunting, also das Verhöhnen des Gegners, stand dabei ganz oben auf der Liste.
Die Vermutung lag daher schon im Vorfeld nahe, dass der eine oder andere Schiedsrichter hier übertreiben und eine unnötige Flagge werfen würde. Und es sollte nicht allzu lange dauern, bis genau das passierte.
Eagles-Edge-Rusher Nolan Smith schaffte im zweiten Viertel einen sehenswerten Tackle gegen Running Back Miles Sanders und reagierte darauf aus Freude mit einer Flexing-Pose. Schlimm genug für den nächstgelegenen Unparteiischen, eine Flagge für Taunting zu werfen. Sanders hat die Pose offenkundig nicht mal gesehen, wo genau dann also ein Fehlverhalten für eine gute Defensiv-Aktion vorliegt, wissen die Zebras wohl nur selbst.
Doch genau mit solch einer Situation war zu rechnen. Die NFL setzt ihre Schiedsrichter auf irgendwas - banales - an und die schauen dann eben mit Argusaugen drauf und werfen im Zweifel lieber eine Flagge zu viel als zu wenig, einfach um zu zeigen, dass sie das Problem im Blick haben und die Vorgabe umsetzen werden.
Alle Jahre wieder haben wir solche Fälle. Und wenn es nicht gerade wirklich relevante Dinge wie Illegal Contact oder Holding sind, dann muss eben so etwas harmloses wie das simple Zeigen von ein klein wenig Emotionen herhalten als etwas, dass man untersagen könnte. Es heißt schließlich nicht umsonst spöttisch "No Fun League".
Weitere solcher Szenen werden wir mit Sicherheit in den ersten Wochen der Saison vielerorts sehen. Und dann sollte da keiner allzu überrascht drüber sein.
Cowboys lassen große Chance liegen
Die Cowboys haben Micah Parsons abgegeben und nicht nur ich habe ihnen daraufhin nicht mehr allzu viel zugetraut. Was sie dann am Donnerstagabend in Philadelphia gezeigt haben, macht zumindest mal Hoffnung. Sie haben sich nicht überrennen lassen, was sicherlich gegen Ende auch am Ausfall von Guard Landon Dickerson sowie am ziemlich sturen Play-Calling von Kevin Patullo gelegen haben mag.
Doch sie waren bis zum Ende im Spiel gegen den Titelverteidiger.
Das Problem ist nur, dass sie es am Ende waren, die das Spiel hätten gewinnen können und die Chance verstreichen ließen. Die Eagles hatten die bereits erwähnten Probleme, die sich nicht in den Griff bekamen. Carter riss eine große Lücke an der defensiven Front, der Dickerson-Ausfall später an der offensiven. Und damit funktionierte dann auch das Run Game beziehungsweise dessen Verteidigung so gut wie länger nicht bei den Cowboys.
Doch machten sie daraus unterm Strich zu wenig. Zum einen waren da ein paar empfindliche Strafen - allen voran die übertriebene Härte von George Pickens nach einem Play in der Red Zone. Zum anderen verlor Miles Sanders kurz darauf einen Fumble. Wirklich verloren haben sie das Spiel jedoch erst, als CeeDee Lamb begann, reihenweise Pässe fallen zu lassen. Je nach dem, wen man fragt, waren es drei bis vier Drops - der letzte kann auch als zu langer Pass von Prescott betrachtet werden. Doch wie auch immer man das sieht, bleibt unterm Strich die Erkenntnis, dass man etwas liegen gelassen hat. Und wer weiß, ob man gerade gegen die Eagles so eine Chance nochmal bekommt.
Owner Jerry Jones erklärte nach dem Spiel auf eine Nachfrage zu Micah Parsons' Abgang, dass ja vor allem Sam Williams einen großen Einfluss hatte. Das allerdings muss man relativieren. Klar hatte er laut "PFF" mit 4 die meisten Pressures seines Teams. Aber wirklich zu Pressure kamen die Cowboys erst, als Defensive Coordinator Matt Eberlus den Druck erhöhte. Nachdem er im Grunde gar nicht blitzte vor der Pause, schickte er nach dem Break sehr häufig einen Extra-Rusher zu Hurts. Und erst dann kamen die Pressures.
Und auch das Run Game der Eagles bekam man erst in den Griff, als diese nur noch stur durch die Mitte liefen, also genau in die Arme der Cowboys. Ging es off Tackle, dann sahen die Cowboys wenig Land.
Das wiederum dürfte ein Trend für die Saison bleiben, doch dieses Spiel früh in der Saison war in jedem Fall zu gewinnen. Und das könnte am Ende nochmal weh tun.