Die Vorbereitungen auf das neue Formel-1-Reglement 2026 laufen auf Hochtouren, doch bei der Reifenentwicklung stößt Pirelli aktuell an Grenzen. Der Grund: Die von den Teams gelieferten Simulationsdaten zur Aerodynamik und Belastung der Pneus weichen zum Teil drastisch voneinander ab.
Schon an diesem Montag (1. September) musste Pirelli die Konstruktion der neuen Reifen festlegen. Sie fallen vorne um 25 Millimeter und hinten um 30 Millimeter schmaler aus als die aktuellen Pneus. Doch während die FIA Zielwerte für die Belastungen vorgibt, hat Pirelli teils Abweichungen von 20 bis 30 Prozent in den Daten der Teams festgestellt.
"Wenn man Unterschiede von 20 oder 30 Prozent bei den Lasten sieht, fragt man sich schon, welche die richtige ist", sagt Pirelli-Chefingenieur Simone Berra im Rahmen des Grand Prix der Niederlande. "Wir müssen im Moment vom Worst-Case-Szenario ausgehen, um auf der sicheren Seite zu sein."
Das Problem: Reifen werden vor der Saison homologiert und können dann das gesamte Jahr über nicht mehr verändert werden, selbst wenn die Autos im Zuge der Entwicklung im selben Zeitraum mehr Abtrieb oder andere Belastungen erzeugen.
Änderungen während der Saison sind nur in Ausnahmefällen möglich und benötigen entweder Einstimmigkeit in der F1-Kommission oder eine Sicherheitsfreigabe durch die FIA.
Formel 1 2026: Simulatoren liefern noch kein klares Bild
Dass die Daten so stark auseinandergehen, liegt auch daran, dass die Simulationsmodelle der Teams noch nicht ausgereift sind. Das Reglement bringt enorme Umwälzungen mit sich: schmalere, leichtere Autos, aktive Aerodynamik und ein 50:50-Verhältnis bei der Leistungsabgabe von Verbrennungsmotor und Hybridsystem.
Einige Teams halten ihre Fahrer daher noch bewusst von den 2026-Simulationen fern. Sauber-Sportdirektor Inaki Rueda erklärt: "Wenn ein Fahrer im Simulator sitzt, bereitet er sich eigentlich auf die nächsten Grands Prix vor. Dazu kommt, dass beim 2026er-Auto noch ein großes Entwicklungstempo herrscht. Man will den Fahrern nicht etwas zeigen, das später ganz anders aussieht."
Bis Oktober oder November wird nicht mit ausgereiften Simulationen gerechnet. Das erschwert Pirelli die Einhaltung der finalen Deadline am 15. Dezember, wenn die Mischungen der neuen Reifen homologiert werden müssen.
Unterschiedliche technische Ansätze erwartet
Zusätzlich erschwert wird die Lage durch die Vielfalt an Konzepten, die Teams verfolgen. Neben Aero-Unterschieden spielt etwa auch die Dimensionierung der Bremsscheiben eine Rolle: Manche Rennställe denken darüber nach, kleinere hintere Scheiben einzusetzen, um die Energierückgewinnung stärker in den Bremsvorgang einzubinden.
Das hätte unmittelbare Auswirkungen auf Gewichtsverteilung, Wärmeentwicklung und damit auch auf die Reifen, die die Wärme der Bremsen zum Teil aufnehmen. "Ich bin mir sicher, dass wir im nächsten Jahr unterschiedliche Ansätze sehen werden", sagt Berra. "Auch beim Thema Temperaturen gibt es noch keine Übereinstimmung in den Simulationen."
Pirelli steht damit vor einer schwierigen Aufgabe: Reifen für 2026 zu entwickeln, ohne verlässliche Daten darüber zu haben, wie die neuen Autos tatsächlich funktionieren werden.