Wenn es um die Entwicklung der NFL in den internationalen Märkten geht, sieht NFL-Deutschland-Chef Alexander Steinforth den deutschen Markt in einer sehr guten Position. Zudem verspricht er Großes für das Berlin Game im November und hat frohe Kunde für deutsche Fans.
Ferner sprach der General Manager der NFL Deutschland zum Start der neuen NFL-Saison im exklusiven Interview mit sport.de-Redakteur Marcus Blumberg über die gute Zusammenarbeit mit den nationalen Ligen, Medienpartner RTL und die steigenden Ticketpreise für die International Games der NFL.
Und: was bewegt die NFL überhaupt dazu, immer mehr Spiele auf internationalem Boden auszutragen?
NFL-Deutschland-GM Steinforth im Interview
Herr Steinforth, die NFL wird in diesem Jahr erstmals sieben Spiele auf internationalem Boden austragen und laut Commissioner Roger Goodell sollen es in naher Zukunft sogar 16 werden. Bleibt in dem Fall dann weiterhin Europa der Fokus oder wo soll die Reise nach Australien 2026 (designiertes Heimteam sind die Los Angeles Rams, Anm. d. Red.) hingehen?
Alexander Steinforth: Richtig, wir sind in diesem Jahr bei sieben Spielen und stecken auch schon in der Planung für die nächsten Jahre. Das bedeutet, dass gerade sehr viele Scouting-Trips rund um die Welt geschehen. Australien ist so etwas wie der erste Vorbote dessen, was in Zukunft vielleicht noch kommen kann. Wir gucken uns unterschiedliche Länder auf unterschiedlichen Kontinenten an, aber haben auch in Europa noch einige Optionen. Was klar für uns ist, ist, dass Europa natürlich ein unfassbar spannender, wichtiger Markt ist. Man sieht es jetzt daran, dass wir in diesem Jahr in Madrid sind. Man sieht es daran, dass wir in Dublin sind und natürlich historisch gewachsen schon in London und Deutschland. Es ist zumindest nicht unrealistisch, dass auch in Europa noch weitere Destinationen dazu kommen, um die erste wirklich globale Sportliga zu werden. Und das bedeutet für uns auch, dass wir den Blick außerhalb von Europa in die Richtung möglicher neuer Spielstätten richten.
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Welchen Stellenwert haben denn diese internationalen Spiele für die Liga, wenn man bedenkt, dass die ganz großen Medienverträge ja weiterhin in den USA liegen?
Steinforth: Das stimmt, dass die Liga gerade historisch sehr, sehr stark amerikanisch geprägt ist, und, dass der Großteil der Umsätze historisch bedingt natürlich aus dieser geografischen Region kam. Was wir aber sehen, ist, dass international sowohl das Interesse an der NFL, aber auch das Thema Umsätze unheimlich starkes Wachstum hinlegt und weiter hinlegen wird. Und wenn man dann auf die Spiele schaut, haben diese eine unheimlich große Wichtigkeit für uns. Und das ist auch gar nichts, was wir im ersten Schritt durch die monetäre Brille betrachten, sondern für uns sind das vor allem Wege, den Sport Football zu unseren Fans weltweit zu bringen und neue Fans dafür zu gewinnen. Denn ähnlich wie in anderen Sportarten, wenn man sich jetzt ein Formel-1-Rennen anschaut, das das erste Mal vielleicht in einem Markt stattfindet, bringt das eine ganz andere Möglichkeit mit sich, in Berührung mit der Sportart zu kommen. Man schafft nochmal eine ganz andere Aufmerksamkeit im jeweiligen Land, der jeweiligen Region und das hat ganz viele weitere positive Aspekte, denn wenn wir in Länder, Stadien und Städte gehen, dann sagen wir eben auch immer als Teil unserer Partnerschaften mit den Stakeholdern vor Ort, dass es uns unheimlich wichtig ist, auch Grass-Roots-Football zu stärken, also den Football an der Basis. Und deswegen sehen wir jetzt eben schon in den Städten auch in Deutschland, in denen wir gespielt haben, dass da unheimlich positive Entwicklungen in Gang gekommen sind. Ein ganz großer Teil unserer Partnerschaft mit Berlin ist, dass das Land Berlin auch intensiv in den Breitensport investiert. Das sind alles Dinge, die mit unserer Mission einhergehen, nicht nur die Liga zur ersten globalen Liga zu machen, sondern vor allen Dingen auch das Spiel wachsen zu lassen. "Grow the Game" steht über allem was wir machen und da wird eben nicht unterschieden zwischen Liga und Sportart.
Und wenn Sie jetzt diese anderen Städte und Länder scouten, was gibt dann normalerweise den Ausschlag für eine Entscheidung, in den jeweiligen Markt zu gehen?
Steinforth: Es sind sehr viele Faktoren, die da mit reinspielen. Das erste ist von unserer Seite eine strategische Überlegung, was die Länder sind, in denen es für uns am sinnvollsten ist, zu spielen. Sinnvoll bedeutet für uns, wo sehen wir, dass wir entweder schon eine große existierende Fanbasis haben, wo sehen wir, dass da viel Bewegung ist und Platz für eine weitere Sportart ist. Und wo sehen wir, dass es vielleicht auch einen großen interessierten Medienmarkt gibt. Es gibt also eine ganze Reihe von Kriterien, die da mit reinspielen, damit wir sagen können: Okay, das ist der Startpunkt, der in einer Art High-Level-Betrachtung besagt, welche Länder von Interesse sind und sein könnten. Und dann geht es sehr stark um die Gespräche vor Ort, um zu verstehen, was für Partner, potenzielle Partner hat man, wie schauen die auf das Thema? Sehen sie das eher als etwas, was mal da ist und dann wieder weg? Denn das ist eben nicht unsere Vision. Wir wollen nachhaltige Entwicklung mit den Spielen einhergehen lassen im semi-professionellen Bereich, aber vor allen Dingen auch im Breitensport und da braucht man natürlich die richtigen Partner vor Ort. Das betrifft dann, wenn man auf Deutschland schaut, die jeweilige Stadt, das Bundesland und zum Teil auch den Fußballklub, der uns das Stadion zur Verfügung stellt. Insofern ist es nicht der eine Punkt, der ausschlaggebend ist. Klar, es wäre schwierig, wenn nicht sogar ausgeschlossen für uns, in einer Region zu spielen, die ein Stadion mit nur 20.000 Plätzen hat und dünn besiedelt ist. Das würde für uns einfach keinen Sinn machen. Ansonsten ist es aber sehr vielschichtig, zumal für uns gilt, dass die Fans an erster Stelle stehen. Wir wollen schauen, dass wir an den Orten sind, an denen auch unsere Fans sind oder potenzielle Fans sind. Und dann schauen wir aber auch, wie wir es schaffen, diese langfristigen Entwicklungen anzustoßen.
Sie haben bereits Medienpartner angesprochen: Welche Bedeutung hat denn RTL Deutschland mit all seinen bisherigen Investitionen und dem ganzen Engagement für den Wachstum der NFL in Deutschland?
Steinforth: RTL ist für uns ein unheimlich wichtiger Partner beim Wachstum der NFL in Deutschland und auch einer der Kerngründe, warum die NFL jetzt in den letzten Jahren so eine positive Entwicklung im gesamten DACH-Markt gesehen hat. Was ein ausschlaggebender Grund war, zu RTL zu gehen, war die gemeinsame Überzeugung, dass, wenn man Football breit denkt und breit erzählt - also über einzelne Medienformate hinweg wie Print, TV und Radio -, man dadurch eben noch mal ganz neue Zielgruppen damit in Berührung bringen kann. Und das ist etwas, in dem RTL natürlich über sehr viel Kompetenz verfügt, aber diese auch immer wieder im Sinne der Sportart, im Sinne der Liga mit einbringt. Was man sagen kann, ist, dass sich RTL mittlerweile auch im internationalen Vergleich zu wahrscheinlich dem Broadcaster für die NFL entwickelt hat, der am meisten nach vorne geht, der am meisten macht, der auch am meisten ausprobiert. Und keiner von uns geht da mit der Herangehensweise ran, dass da zehn von zehn Dingen funktionieren werden, die man ausprobiert. Aber diese Innovationskraft und der Versuch, immer wieder neue Wege zu beschreiten, das ist etwas, was uns nicht nur vereint, sondern was auf jeden Fall auch Fundament der Partnerschaft ist. Und das ist ein ganz, ganz wichtiger Teil dessen, warum wir so zufrieden sind mit der Partnerschaft mit RTL.
NFL: Wichtig für Fans, Anknüpfungspunkte außerhalb des Spiels zu haben
Stichwort Innovation: RTL zündet nun mit der Show "Guten Abend Football" (sonntags, ab 18:15 Uhr live bei NITRO) gewissermaßen die nächste Ausbaustufe. Freuen Sie sich auf diese neue Sendung und was erwarten Sie von diesem wöchentlichen Kickoff-Talk am Sonntagabend?
Steinforth: Ich freue mich auf jeden Fall. Vor allem freue ich mich, weil ich glaube, dass es für die Fans unheimlich wichtig ist, Anknüpfungspunkte auch außerhalb des eigentlichen Spielgeschehens zu haben. Football ist und bleibt eine Sportart, in der es unheimlich viele Geschichten gibt, in der man aber gerade für diejenigen, die jetzt nicht gerade in den USA aufgewachsen sind, an der einen oder anderen Stelle auch mal den Schritt zurück machen und ein bisschen erklären muss. Und das ist etwas, worauf wir als Liga sehr viel Wert legen und wo wir uns deswegen umso mehr freuen, dass das auch von RTL jetzt in dieser Saison nochmal unterstrichen wird. Aber gleichzeitig sprechen wir ja auch über eine Highlight-Show, die dann auf YouTube läuft ("NFL Sideline - Das Highlight Magazin" - jeden Montag ab 18 Uhr auch auf sport.de, Anm. d. Red.), aber auch von RTL produziert wird, über RTL NFL Radio, wo man auch noch mal die Möglichkeit dazu hat, zu erklären. Diese Berührungspunkte redaktionell auch außerhalb des eigentlichen Spiels zu schaffen und dadurch nochmal Kontext und Erklärung für die Fans zu liefern, das ist etwas, was uns sehr wichtig ist und wo wir uns freuen, dass RTL das auf die Straße bringt.
Blicken wir nun mal voraus nach Berlin. Wie laufen denn die Vorbereitungen?
Steinforth: Wir haben dazu diese Woche erst noch intern ein Gespräch gehabt: Man muss wirklich sagen, dass die Vorbereitung wirklich so eingespielt läuft wie wahrscheinlich bei keinem anderen Spiel bisher, in Deutschland, aber vielleicht auch darüber hinaus. Das hat unterschiedliche Gründe. Zum einen ist es natürlich unser Team, das jetzt eben schon die dritte Stadt sieht, was ein gewisses Verständnis mit sich bringt. Zudem herrscht nun ein größeres Verständnis aus den USA, auch aus London für den deutschen Markt. Zum anderen ist es so, dass wir unheimlich gute Partner in Berlin haben, die einfach sehr professionell im Umgang sind, sodass wir unterm Strich sagen können, dass wir total im Zeitplan liegen.
Was können die Fans denn erwarten?
Steinforth: Ich glaube, die Fans können von uns wieder erwarten, dass wir versuchen, die Stadt bestmöglich zur NFL-Hauptstadt in der Woche des Spiels zu verwandeln. Wir werden mehr Aktivierungen als jemals zuvor bei einem Deutschland-Spiel sehen. Wir werden alle elf NFL-Teams mit Marketingrechten vor Ort haben. Es wird viele Aktivierungen von der Liga geben, sei es am Brandenburger Tor, in den Kneipen oder am Stadion. Es wird ein unfassbar breites, buntes Programm geben, dessen Details wir aber erst in ein paar Wochen offiziell verkünden werden. Aber ja, die Vorfreude bei uns ist schon riesig und ich glaube, wenn wir jetzt das alles schon teilen könnten mit den Fans, würde das bei ihnen ebenfalls noch einmal die gleichen Gefühle hervorrufen.
Für die Liga geht das Abenteuer Berlin aber schon am kommenden Sonntag los, richtig?
Steinforth: Ja, wir haben jetzt tatsächlich schon diese Woche unseren offiziellen Kickoff der Aktivierungsstrecke in Berlin. Wir werden zum Kickoff-Wochenende in Berlin das erste mal ein Kickoff-Fan-Event veranstalten, was auch schon viele Berührungspunkte mit der Liga schafft. Da kann man Football mal selbst ausprobieren, es wird eine Watch Party geben und all solche Dinge. Insofern wird es ein langgestrecktes Programm von jetzt bis in den November, aber mit den Vorbereitungen sind wir mehr als zufrieden.

Steinforth: "Local Heroes spielen uns in die Karten"
Ja, die Vorfreude steigt auch bei mir so langsam. Nun ist es allerdings so, dass beim Spiel der Falcons und Colts abermals wahrscheinlich kein Deutscher mit dabei sein wird - Max Mang und Lenny Krieg stehen immerhin in den Practice Squads der Teams. RTL fährt in diesem Jahr derweil eine große Werbekampagne mit Amon-Ra St. Brown. Wie wichtig ist es denn aus Ihrer Sicht, einen großen nationalen Star im jeweiligen internationalen Markt zu haben?
Steinforth: Also was wir gesehen haben, ist, dass die Liga aus sich heraus schon in vielen Ländern genügt. Die Liga ist ein Spektakel und so ein hochklassiger Sport, dass uns das allein schon geholfen hat, in vielen Märkten unglaubliches Wachstum in den letzten Jahren auf die Strecke zu bringen. Es ist ein bisschen wie mit der Formel 1 oder Boxen. Es muss nicht immer der Athlet aus dem eigenen Land sein, sondern wenn man sieht, das es die besten der Besten sind, dann haben viele zumindest per se schon mal ein Interesse daran, sich das anzuschauen. Aber natürlich wissen wir, dass uns Local Heroes unfassbar in die Karten spielen und helfen. Jedes Gesicht, mit dem wir zusammenarbeiten können, das für uns ein Fürsprecher im Markt sein kann als Repräsentant des deutschen, österreichischen oder schweizerischen Footballs, ist für uns unheimlich wertvoll. Deswegen freuen wir uns auch über Bernhard Raimann, der mittlerweile ein absoluter Superstar bei den Colts, aber auch in den USA insgesamt geworden ist mit dem riesigen Vertrag, den er gerade unterschrieben hat. Genau diese Gesichter und diese Storys braucht es dann auch, um so ein Spiel bestmöglich auch auch für diejenigen nahbar zu machen, die vielleicht in der Vergangenheit noch kein Footballspiel gesehen haben, aber vor allen Dingen auch um den vielen, vielen Kindern und Jugendlichen, die im deutschsprachigen Raum spielen, die Fantasie zu geben, das dies etwas ist, was ich auch schaffen kann. Und da sind wir wieder beim Thema Breitensport, beim Thema, wie wir auch die Jugendlichen noch mehr in diesen potenziellen Weg in die NFL reinkriegen.
Und da kommen dann Dinge wie das International Pathway Program ins Spiel ...
Steinforth: Genau. Da machen wir unheimlich viel, sei es die NFL Academy, sei es das IPP, wo wir sehen, dass die Anzahl der deutschen Spieler wirklich kontinuierlich Jahr von Jahr für Jahr in der Academy steigt, in den Division-I-Colleges, also wo dann irgendwann die die besten Spieler gedraftet werden und deswegen sind wir sehr, sehr hoffnungsvoll, dass wir innerhalb der nächsten Jahre, natürlich alles mit gewissem Vorlauf, aber in drei, vier, fünf Jahren auch mal wieder den einen oder anderen Spieler aus Deutschland sehen werden, der tatsächlich im regulären Draft den Schritt in die NFL schafft.
Da sind wir natürlich alle dran interessiert. Bleiben wir nochmal kurz beim Breitensport. Hier ist es ja so, dass die GFL oder auch die ELF jetzt nicht die ganz großen Zuschauermassen anziehen. Wenn diese Ligen nun um Rat bitten würden, was würden Sie diesen raten, wie man das Interesse steigern kann?
Steinforth: Es ist ohnehin so, dass wir mit den Ligen im engen Austausch sind und eine gute Beziehung haben. Wir sehen das nicht als Konkurrenzprodukte, sondern als komplementäre Ligen, die sich jetzt keine Aufmerksamkeit gegenseitig wegnehmen. Das sieht man schon an den Saisonverläufen beziehungsweise wann eigentlich gespielt wird. Aber uns liegt es fern, da irgendwelche Ratschläge zu erteilen und zu sagen, so und so müsst oder sollt ihr das machen. Es ist natürlich, wenn man das jetzt auf einer Ebene kleiner durchführt, auch eine komplexe Sportart, weil es eben viele Spieler sind, viele Athleten, die man finden und synchronisieren muss. Das Ganze geht natürlich gerade bei so einem europäischen Projekt wie der ELF, was ja mehr oder weniger immer noch ein Startup ist, auch durchaus mit Herausforderungen einher. Aber ja, wir sind nicht derjenige, der da Ratschläge erteilt, sondern versuchen bestmöglich zu unterstützen, wo es geht. Zum Beispiel mit Synergien im Flag Football oder der Fanaktivierung, wo wir auch Partnerschaften zwischen NFL-Teams und ELF-Teams vermittelt haben. Das ist die Rolle, die wir da im Zusammenspiel für uns sehen.
Wie wichtig ist es denn generell für die NFL, starke nationale Ligen, also nicht nur in Deutschland, sondern auch in den anderen Märkten, zu haben, um das Wachstum der NFL weiter voranzutreiben?
Steinforth: Ich glaube, es ist kein Muss, aber auf jeden Fall hilfreich. Man sieht es auch in anderen Sportarten, nicht jeder fährt ein Formel-1-Auto oder Kart, der sich dann ein Formel-1-Rennen im Fernsehen anschaut. Aber natürlich ist es für uns etwas, was wir unterstützen wollen. Wir versuchen deshalb im Bereich Tackle aber auch im Bereich Flag Dinge anzustoßen, die schlussendlich der Basis und auch den Ligen zugutekommen. Denn wir wissen natürlich, dass jeder, der spielt - besonders wenn er jünger anfängt -, vielleicht auch jemand ist, der mal die Option hätte, ambitionierter zu spielen und vielleicht sogar mal den Sprung in die NFL zu schaffen. Aber vor allen Dingen dieser organisierte Sport, das einmal selbst zu spielen, das bringt auch einen ganz anderen Zugang zum Thema Football mit sich. Und deswegen sind wir uns der Wichtigkeit solcher Ligenstrukturen bewusst. Und man muss ja auch gleichzeitig sagen, dass Deutschland da ganz weit vorne ist im internationalen Kontext. Es gibt wahrscheinlich kein Land außerhalb Nordamerikas, was ein so gewachsenes Ligensystem hat, auf das vor ein paar Jahren sogar noch ein europäisches Ligensystem draufgesetzt wurde. Insofern sind wir hier deutlich breiter aufgestellt als viele andere Märkte.
Entsprechend viele Fans gibt es hierzulande. Im Vorjahr sprachen Sie bei uns im Interview von rund 19,6 Millionen Fans und Interessierten in Deutschland, dazu 3,6 Millionen sogenannter Hardcore-Fans. Hat sich an diesen Zahlen etwas geändert seither?
Steinforth: Ja, wir sind jetzt bei 20,9 Millionen Fans, haben also nochmal eine Schippe draufgelegt. Wir freuen uns, dass das Thema weiter wächst, was für uns im ersten Schritt bedeutet, dass es immer mehr Leute gibt, die damit in Berührung kommen. Es gibt immer mehr Leute, denen die NFL auffällt und die sich grundsätzlich dafür interessieren und unsere gemeinsame Aufgabe mit unseren Medienpartnern ist dann, es eben zu schaffen, die Leute dann auch noch näher heranzuführen, häufiger mal vor den Fernseher zu bringen und sicherzustellen, dass diejenigen, die sagen, ich bin interessiert, dann auch dabei bleiben.
NFL auch 2026 und 2028 in Deutschland
Stellvertretend für diese ganzen Fans muss ich natürlich pflichtbewusst fragen, wie es denn nach Berlin 2025 mit der NFL hierzulande weitergeht im Wissen, dass Berlin auch 2027 und 2029 Spiele bekommt ...
Steinforth: (lacht) Ich würde sagen, wir sind in guten, fortgeschrittenen Gesprächen, aber es ist noch nichts, was wir jetzt verkünden könnten. Aber was ich verkünden kann, ist, dass wir auch 2026 und 2028 Spiele in Deutschland haben werden.
Mir ist natürlich klar, dass Sie das jetzt nicht beantworten wollen, aber schauen Sie denn bloß auf München und Frankfurt oder sind da noch andere Städte im Rennen?
Steinforth: Also wir gucken immer breit gefächert. Wir haben, das freut uns sehr, auch viel Interesse aus anderen Städten gehabt. Wir wissen gleichzeitig, dass natürlich die Komplexität eines solchen Spiels unheimlich groß ist und deswegen haben die beiden genannten Städte auf jeden Fall einen Startvorteil und mit denen sind wir auch dauerhaft in einem guten Austausch gewesen. Aber ja, wir wissen auch, dass andere Städte Interesse zeigen und alles weitere verkünden wir dann in den nächsten Wochen.
Worüber wir an dieser Stelle auch noch reden müssen, weil es viele Fans bewegt, ist das Thema Ticketpreise. Hier ist ja mittlerweile ein steiler Anstieg der Preise - nicht nur hierzulande - bei den International Games zu beobachten. Das teuerste Ticket beim ersten Munich Game 2022 lag noch bei 155 Euro, jetzt werden in Berlin 375 Euro aufgerufen - ein Anstieg von rund 142 Prozent. Der Einstiegspreis liegt derweil bei 83 und nicht mehr 62 Euro. Wie lässt sich das erklären?
Steinforth: Da gibt es mehrere Punkte. Das eine ist, dass die Organisation eines solchen Spiels einfach unheimlich teuer ist. Wir haben nie, also auch in den ersten Jahren tatsächlich nie die Spiele als Umsatz- oder als Gewinntreiber gesehen, sondern die haben mehr oder weniger die hohen Kosten eingespielt, die wir mit der ganzen Logistik und mit der Organisation drumherum gehabt haben. Wir sehen grundsätzlich natürlich, dass jetzt in den letzten zwei, drei Jahren Preise in ganz vielen Bereichen stark gestiegen sind. Für uns war es aber wichtig, dass wir sagen, wir halten die Einstiegskategorien nahezu identisch. Wir haben auch weiterhin vergünstigte Tickets für Kinder und Jugendliche. Wir laden viele Vereine ein. Also, wir gucken schon, dass wir breiten Zugang für diejenigen schaffen. Aber klar ist auch, dass das natürlich ein Premiumprodukt ist, ähnlich wie ein Champions-League-Spiel oder vergleichbare Dinge. Da versuchen wir die richtige Balance zu finden.
Besteht denn da nicht die Gefahr, dass man eventuell den Bogen überspannt mit zu hohen Preis? Zuletzt war es zu beobachten, dass dieses Mal im Vergleich zu früher nicht ganz so schnell ging, bis die Tickets ausverkauft waren.
Steinforth: Die Tickets waren auch in weniger als einem Tag vergriffen, eher so limitiert durch die Kapazitäten des Onlineshops. Da gibt es natürlich immer gewisse Kontingente, die dann im Laufe der Wochen und Monate nach der ersten Vorverkaufswelle noch eingestellt und aufgelöst werden, deswegen kommen da immer mal wieder, wie aber auch in den letzten Jahren, noch mal Tickets rein. Aber es gibt wenige Events, die so schnell ausverkauft sind, wie das NFL-Spiel auch in diesem Jahr. Natürlich ist es für uns aber etwas, auf das wir sehr sensibel hören und schauen, dass wir da die die richtige Balance finden und etwas, was wir auch intern immer ganz intensiv mit mit unseren US-Kollegen besprechen. Und natürlich ticken da auch Länder ganz unterschiedlich. Also, etwas was in den USA zum Beispiel ganz normal ist, das ist es bei uns vielleicht dann weniger. Genauso geht es auch in die andere Richtung und da sind wir in einem sehr, sehr engen und regelmäßigen Austausch auch mit unserem zentralen Ticketing-Team.
Abschließend möchte ich noch kurz auf das immer beliebtere Thema Flag Football zu sprechen kommen. Die WM findet im nächsten Jahr in Düsseldorf statt. Was muss denn passieren, damit die Aufmerksamkeit für den Sport gerade auch durch dieses große Event hierzulande gesteigert wird?
Steinforth: Es sind unterschiedliche Faktoren. Man braucht Infrastruktur, man braucht Spieler, man braucht Gesichter. Das ist alles nichts, was von heute auf morgen passiert, aber für uns ist es schon mal ein ganz großer Schritt nach vorne, dass das im nächsten Jahr in Deutschland, in Düsseldorf stattfindet, in einer Stadt, die schon gezeigt hat, dass für sie Football sehr sehr wichtig ist und sich deswegen da auch schon dazu committet hat, das in ein ganz zentrales Event im Sportkalender zu verwandeln. Gleichzeitig hilft dann natürlich extremst das, worauf die NFL gemeinsam mit dem Weltverband hingearbeitet hat, nämlich, dass Flag Football Olympisch sein wird. Denn wenn man diesen Stempel hat, dann schafft man nochmal eine ganz andere Aufmerksamkeit und natürlich auch Verbreitung in die Tiefe hinein, in die Sportstrukturen etc. Also deswegen gibt es nicht die eine Antwort, sondern ganz ganz viele Themen, wo wir auch versuchen unseren Beitrag zu leisten, das deutschlandweite Flag-Football-Programm, was wir an Schulen durchführen, was dazu führt, dass immer mehr Kinder spielen, die dann auch im Verein landen. Wir sehen gerade, dass ganz, ganz viele Vereins und Klubs deutschlandweit entstehen oder Vereine neue Flag-Football-Sparten anbieten und deswegen glauben wir, dass wir da auch auf einem sehr, sehr positiven Weg sind.
Okay, letzte Frage, weil Sie schon Olympia angesprochen haben: Was wäre denn besser für den Sport? Wenn ein Team Gold holt, das viele NFL-Stars aufbietet oder ein Team, das keine hat, weil man dann sagen kann: "Hey, die waren besser als NFL-Spieler, also kann ich das auch sein, wenn ich selbst Flag spiele!"?
Steinforth: Ich würde es gar nicht so als entweder oder sehen. Ich glaube, dass das natürlich unfassbar hilfreich ist, wenn man NFL-Spieler bei so einem Turnier dabei hat. Man merkt, wenn man die Spieler hört, dass es für die unfassbar spannend ist, in einer Sportart, die es ansonsten nie bei Olympia gegeben hat, dann eventuell als Athlet dabei zu sein. Da haben ganz viele Riesen-Bock drauf, weswegen diese Starpower, die damit einhergeht, mit Sicherheit etwas ist, was der Aufmerksamkeit und auch dem Sport hilft. Gleichzeitig darf man nicht unterschätzen, dass es eben doch auch eine leicht andere Sportart ist und deswegen da zum Teil auch andere Skills und Fähigkeiten benötigt werden, als auf einem Platz, der deutlich größer ist und in einer Sportart, die deutlich physischer ist. Deswegen würde ich es jetzt gar nicht mal als gesetzt sehen, dass dann die NFL-Spieler immer besser sind als diejenigen, die das eben fokussiert auf Flag machen. Also ich glaube, es wird in beide Richtungen sehr, sehr spannend.