Das Fahrerkarussell der Formel 1 dreht sich noch. Sechs Plätze sind für 2026 offen, spannend wird vor allem, wer Red Bulls Karriere-Killer-Cockpit neben Max Verstappen bekommt. Auch bei zwei anderen Teams ist noch nichts amtlich. Hat Mick Schumacher vielleicht doch noch eine Chance?
Valtteri Bottas und Sergio Perez haben ihre Schäfchen ins Trockene gebracht. Die Oldies gehen in der Formel-1-Saison 2026 für Neueinsteiger Cadillac an den Start, sollen das F1-Abenteuer der Amerikaner mit all ihrer Routine anschieben. Mick Schumacher, der sich ebenfalls Hoffnungen auf ein Cadillac-Engagement gemacht hatte, ging mal wieder leer aus.
Zwei begehrte Cockpits sind also vom Markt, die Silly Season ist damit aber noch lange nicht vorbei. Drei Rennställe haben ihre Fahrer-Duos für kommendes Jahr noch immer nicht amtlich gemacht, darunter sind mit Red Bull und Mercedes zwei Schwergewichte.
Besonders spannend ist der Blick auf den Red-Bull-Kosmos um Formel-1-König Max Verstappen. Dessen Stallkollege Yuki Tsunoda tuckert dem Holländer seit seiner Beförderung von den Racings Bulls hoffnungslos hinterher: mindestens genauso hoffnungslos wie der nach nur zwei Grands Prix degradierte Liam Lawson und noch hoffnungsloser als der im Vorjahr geschasste Checo Perez.

Die spannendste Frage der Silly-Season-Endphase lautet daher: Wer übernimmt das Karriere-Killer-Cockpit neben Verstappen? Die Liste derer, die sich neben dem Dominator den Gasfuß verbrannt haben, ist lang: Pierre Gasly, Alex Albon (heute wieder etablierte Piloten), in Teilen Perez, zuletzt eben der als Toptalent gehandelte Lawson sowie Tsunoda.
Dass Letzterer auch 2026 für Red Bull fährt, ist aus mehreren Gründen unwahrscheinlich. Da ist zum einen der Blick auf die nackten Zahlen: Tsunoda fährt Verstappen meilenweit hinterher, sammelte für die Bullen bis dato mickrige neun Punkte. In Zandvoort fuhr der Japaner zuletzt als Neunter zwar in die Punkte, profitierte dabei aber von mehreren Ausfällen.
RTL-Experte Danner: "Tsunoda fliegt hundertprozentig" - kommt Palou?
Unterm Strich bringt Tsunoda viel zu wenig und auf Unterstützung von Honda kann der 26-Jährige nicht mehr zählen. Seine Landsleute statten mit Beginn des neuen Motorenreglements 2026 Aston Martin exklusiv mit Motoren aus. Red Bull baut seine Triebwerke künftig in Kooperation mit Ford selbst.
"Tsunoda fliegt hundertprozentig", legt sich RTL-Experte Christian Danner im Interview mit sport.de fest. Wer beerbt den Rohrspatz aus Fernost? "Da drehen sich zurzeit die wildesten Gerüchte um Alex Palou, der in den USA in der IndyCar-Serie fährt", so der frühere Formel-1-Pilot. Der Spanier hat die US-Serie schon dreimal gewonnen, gilt als der Verstappen der IndyCar-Serie.
Palou und sein Management selbst dementierten Berichte über ein Red-Bull-Engagement zuletzt. Fraglich ist, ob der 28-Jährige sein Cockpit bei Chip Ganassi und das Leben als Motorsport-Star in Amerika aufgeben würde. Auf der anderen Seite ist die Formel 1 Palous Kindheitstraum.
Geht es nach Danner, sollte Red Bull Palou "einfach mal reinhocken, weil es einfach super ist". Ein F1-Einstieg des Indy-Champions "würde mich am meisten freuen", weil Palou "echt gut ist", betonte der RTL-Experte, der früher selbst in der US-Serie fuhr. "Ob er gut genug für die Formel 1 ist? Das wäre schön, es herauszufinden."
Isack Hadjar ist Red Bulls logische Wahl
Will Red Bull neben Platzhirsch Verstappen einen renommierten "Rookie"? Wahrscheinlicher ist, dass Bullen-Eminenz Helmut Marko einen Mann aus dem Nachwuchsprogramm hochzieht. Isack Hadjar wäre die logische Wahl. Der Franzose hat beim Niederlande-GP gerade sein erstes Podest eingefahren und mächtig Rückenwind.
Marko lobte den Jungbullen nach dem Zandvoort-Rennen auffallend: "Ganz toll, Hadjar, der ist unter sehr viel Druck fehlerfrei gefahren und in diesen jungen Jahren schon auf das Podium zu fahren, ist vielversprechend", sagte der Österreicher. Hadjar stecke auch Rückschläge weg und sei immer positiv. Prädestiniert ihn das für den harten Sitz neben Verstappen?
"Will Hadjar das?", fragt nicht nur Danner mit Blick auf die Liste der Gescheiterten. Der 20-Jährige selbst hält sich bedeckt. In Zandvoort gönnte er sich auf die Frage nach seiner Red-Bull-Zukunft lediglich einen Witz: "Ich mag Max nicht." Aber: Die Red-Bull-Beförderung hat noch keiner abgelehnt – auch Hadjar wird nicht "No" sagen, wenn Marko und Teamchef Laurent Mekies den Aufstieg ins Seniorteam anordnen.
Vom zweiten Cockpit bei Red Bull hängen indes die Plätze bei den Racing Bulls ab, wo die Verträge von Hadjar und Lawson am Jahresende auslaufen. Sollte tatsächlich ein "Externer" à la Palou in den RB-Kosmos kommen, würde Hadjar ein zweites Jahr beim B-Team anhängen, das ist klar. Steigt er auf, steht mit dem 18-jährigen Arvid Lindbald (zurzeit Siebter der Formel-2-Meisterschaft) ein weiterer Youngster aus Markos Kaderschmiede parat, um für das Juniorteam Stoff zu geben.
Der viel gescholtene Lawson dürfte ein weiteres Bewährungsjahr bekommen – vorausgesetzt, er performt bis Saisonende. Immerhin hat sich der Neuseeländer nach seiner knüppelharten Red-Bull-Degradierung bei den Racing Bulls gefangen, seit Monaco fuhr der 23-Jährige viermal in die Punkte.
Eine schnelle Entscheidung der Red-Bull-Bosse ist nicht zu erwarten. "Wir werden am Ende der Saison über unsere Cockpits entscheiden", sagte Marko auf sport.de-Nachfrage. Heißt: Die drei offenen Plätze werden im Paket vergeben. Bis dahin stehen alle Kandidaten unter Beobachtung.
Mercedes-Paarung gesetzt
Schneller dürfte die Fahrerfrage bei Mercedes geklärt sein. Noch haben George Russell und Kimi Antonelli keine Verträge für 2026. Dass beide auch kommende Saison im Silberpfeil sitzen, ist Formsache. Toto Wolff hat seinen Nummer-1-Mann Russell so oft gelobt und versichert, der Brite mache natürlich in Silber weiter, dass sich die Gebetsmühle verselbstständigt hat.
Antonelli ist nach seinem happigen Bock von Zandvoort zwar angezählt und macht seine erste kritische Phase in der Formel 1 durch. Wolff wird seinen Zögling aber nicht fallen lassen, dazu hat der 18-jährige Italiener zu viel Potenzial (das er auch schon angedeutet und ausgespielt hat). Außerdem hat Mercedes auch keine attraktive Wechsel-Option: Das große Ding mit Max Verstappen wird frühestens 2027 möglich. Bis dahin ist das Duo Russell/Antonelli safe.
Was zaubert Briatore für Alpine aus dem Hut?
Bleibt Alpine. Der einst so stolze französische Renault-Rennstall hat seine Paarung ebenfalls noch nicht festgezurrt. Als sicher gilt, dass Routinier Piere Gasly auch 2026 – dann mit Mercedes-Motoren im Heck womöglich aussichtsreicher – für Alpine fährt. Der 29-Jährige ist eine verlässliche Größe, der für das Team regelmäßig und alleine die Kohlen aus dem Feuer holt.
Problematisch wird es neben Gasly. Rookie Jack Doohan musste nach nur sechs Grands Prix seinen Platz für Franco Colapinto räumen. Der Argentinier hat in neun Einsätzen allerdings überhaupt nicht überzeugt, hinkt hinter Gasly her, hat nicht einen WM-Punkt zusammengefahren. Stößt Colapinto den Bock nicht zügig um, dürfte ihm Alpine-Boss Flavio Briatore die Tür zeigen. Die Formel 1 ist und bleibt eine Leistungsgesellschaft.
Dass Doohan nochmal ran darf, ist unwahrscheinlich, womöglich zaubert Briatore einen Kandidaten aus dem Hut, den keiner auf dem Zettel hat – oder einen aussortierten Tsunoda? Bei Alpine lauert außerdem Reservefahrer Paul Aron auf eine Chance. Der Este überzeugte 2024 mit Rang drei in der Formel 2 und einem Sieg.
Und Mick Schumacher? Der 26-Jährige träumt weiterhin von der Formel 1. Dass bei Alpine ein Türchen aufgeht, ist eigentlich ausgeschlossen, obwohl Schumacher zurzeit noch für die Franzosen in der Langstrecken-Serie WEC fährt. Laut "auto motor und sport" spielt er in den Überlegungen von Briatore keine Rolle.