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Skispringen Sommer-GP
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Skispringen Sommer-GP

Kommentar zum "High-Five"-Modus

Skisprung-Novum: (Bedingt) gewollt, aber nicht gekonnt

Der Test des "High-Five"-Modus im Sommer-Grand-Prix ist beendet
Der Test des "High-Five"-Modus im Sommer-Grand-Prix ist beendet
Foto: © IMAGO/KAI TALLER/ARENA AKCJI
19. August 2025, 16:17

Mit dem "High-Five" wurde bei den ersten beiden Sommer-Grand-Prix im Skispringen ein neues Wettkampfformat getestet. Mehr als wenige gute Ansätze hatte der Modus allerdings nicht zu bieten – auch, weil sich herzlich wenig Mühe gegeben wurde, wie unser Autor meint.

Vom Glanz, den der Sommer-Grand-Prix im Skispringen einst versprühte, ist nicht erst seit 2025 wenig übriggeblieben. Im Grunde glänzt außer dem Namen der Wettkampfserie nicht mehr viel. Die Starterfelder sind mitnichten mit denen im Weltcup zu vergleichen und inzwischen fungieren die Wettkämpfe als Testballon für Neuerungen, die eingeführt werden (sollen).

So war es auch an den ersten beiden Wochenenden im französischen Courchevel und dem polnischen Wisła. Eben dort wurde, jeweils am Sonntag, ein neuer Gruppenmodus getestet. Diesen hat sich der Renndirektor des Ski-Weltverbands FIS, Sandro Pertile, ausgedacht, wenngleich er bei genauerer Betrachtung aus den zwei vorherigen Experimenten mit Gruppenmodi in den Jahren 2000 und 2014 zusammengeklont war. Beide Versuche scheiterten seinerzeit kläglich, aber aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei.

Kurz zusammengefasst sollte das Starterfeld von 40 Springerinnen bei den Frauen und 50 bei den Männern in jeweils gleich starke Fünfergruppen eingeteilt werden, aus denen die beiden Gruppenbesten sowie die fünf weiteren Punktbesten als Lucky Loser in den Finaldurchgang einziehen. Für 25 Teilnehmer sollte es dann in diesem einen Sprung um wortwörtlich alles gehen, denn ihre Punktzahlen wurden auf 0 zurückgesetzt. Sprich: Wirklich jeder hatte dieselbe Chance, mit diesem einen Sprung den Wettkampf für sich zu entscheiden.

Funktioniert hat das aber nur bedingt. Bei den Frauen waren die Starterfelder an beiden Wettkampforten kleiner als die Mindestanzahl, die es für das Format gebraucht hätte, wodurch auch die Größe der Gruppen angepasst wurde. Waren es in Courchevel immerhin noch acht Vierergruppen, also 32 Athletinnen, waren in Wisła 38 gemeldet, von denen aber wiederum zwei kurzzeitig mit Knieproblemen passen mussten, sodass es einen wilden Mix aus Vierer- und Fünfergruppen gab. Dem erst kurzfristig erdachten Namen dieses Formats, nämlich "High Five", der es noch nicht mal ins offizielle FIS-Regelwerk geschafft hatte, wurde man somit schon mal nicht gerecht.

Auch die Doppeldeutigkeit hinter dem Namen, nämlich, dass die Teilnehmer miteinander interagieren und sich nach dem Ende der jeweiligen Gruppen abklatschen sollten, wirkte sehr gewollt. Nicht zuletzt, weil in Courchevel mehrfach zu sehen war, wie Pertiles FIS-Kollege Berni Schödler in Animateur-artiger Manier sowohl Frauen als auch Männer andeutete, sie mögen sich doch bitte abklatschen – wobei er einem dabei fast schon leidtun konnte.

Positiv: "High-Five" bringt Sensationspodium hervor

Während diese Bilder herzlich wenig mit Sport zu tun hatten, brachte zumindest der Sonntag in Wisła ein historisches Ergebnis hervor: einen zweiten Platz für Danil Vassilyev. Einem Kasachen, der, genau wie seine Landsmänner vorher, nicht im Verdacht stand, ein Podestspringer zu sein. Doch sein erstes Podest auf Weltklasse-Level, was noch keinem kasachischen Skispringer gelungen war, ist eine direkte Folge des Modus. Wären, wie üblich, beide Durchgänge gewertet worden, wäre er auf Rang sechs gelandet – womit er das beste kasachische Ergebnis in der Geschichte eingestellt hätte.

Somit hat das "High Five" zumindest einen großen Pluspunkt: Seine Unberechenbarkeit könnte für weitere Farbtupfer wie diesen sorgen, eben weil nur ein Durchgang über das Endergebnis entscheidet. Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Wahrscheinlichkeit dafür ist im Sommer, wo die Top-Athleten größtenteils fehlen, viel größer als im deutlich relevanteren Weltcup. Noch dazu wird aus diesem einen Durchgang im Falle von Wetterkapriolen eine Lotterie, sodass am Ende nicht der Beste, sondern der Glücklichste gewinnt.

Das noch größere Problem des Experiments liegt aber in der Nachvollziehbarkeit des Modus. Und da müssen sich Pertile und seine FIS-Kollegen nicht nur einen Schuh anziehen.

Negativ: Ungenügende bis fehlende TV-Grafiken

Weder im Vorfeld auf Social Media noch in der TV-Übertragung ist der Ablauf des "High-Five" adäquat erklärt worden. Wie die Gruppen gebildet wurden, wurde gar nicht dargelegt und wie viele Teilnehmer jeder Gruppe ins Finale einzogen, erfuhr man auch erst am Ende jeder Gruppe.

Zudem wurde es, abseits der obligatorischen Bewässerungspausen, versäumt, während des laufenden Wettbewerbs den Gesamt-Zwischenstand, aber auch den Zwischenstand der jeweiligen Gruppen einzublenden. Wenn also etwa der vierte von fünf Springern an der Reihe war, wusste der TV-Zuschauer nicht, wie die drei Kontrahenten zuvor abgeschnitten hatten. Zudem fühlte sich der zweite Durchgang beim Schauen wie ein erster an. Vor allem deshalb, weil man nicht wusste, wie viele Athleten noch kommen würden.

Dabei sind das alles elementare Voraussetzungen, um das Geschehen zu verstehen. Es reicht nicht, die Startliste im Vorlauf des Wettkampfs lediglich um die Durchnummerierung der Gruppen zu ergänzen und den Ausgang jeder Gruppe einzublenden, um den Modus in seiner Gesamtheit zu verstehen.

Video: Experte: Das Skispringen hat ein neues Problem

Von den Zuschauern wurde etwas erwartet, was sie gar nicht leisten konnten und auch die Athletinnen und Athleten wirkten gelegentlich etwas verloren und äußerten sich in toto sehr zurückhaltend. Bei den Fans fiel die Kritik in den sozialen Netzwerken nachvollziehbarerweise hart aus. Denn wenn sich schon eingefleischte Skisprung-Fans nicht mitgenommen fühlten, weil man sich vor allem bei der Darstellung in der TV-Übertragung herzlich wenig Mühe gegeben hat, wie könnte man dann für neue attraktiv sein?

Dabei war genau das ein Hintergedanke bei der Einführung des Modus: neue Zielgruppen anzulocken. Angesichts der zuletzt zurückgehenden Einschaltquoten ist dieses Ansinnen ja auch richtig. Obendrein täte dem Skispringen angesichts der Masse an Einzelspringen eine gewisse Formatvielfalt gut, ansonsten droht Eintönigkeit.

In dieser Umsetzung war das "High-Five" aber wie seine Vorgänger ein Musterbeispiel von (bedingt) gewollt, aber nicht gekonnt. Ohne Nachbesserungen gibt es wenig, das seine geplante Einführung für die Weltcup-Saison 2026/2027 rechtfertigen, geschweige denn erfordern würde.

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