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Boxer enthüllt schmutzige Tricks in Riad

Mikaelian: Rückkampf gegen Jack wird "easy peasy"

Noel Mikaelian (r.) - hier bei seinem WM-Triumph 2023 - brennt auf Revanche
Noel Mikaelian (r.) - hier bei seinem WM-Triumph 2023 - brennt auf Revanche
Foto: © © WARR DESIGN STUDIO
30. Juli 2025, 22:24

Anfang Mai zog Noel Mikaelian in Riad den Kürzeren - mal wieder. Obwohl der Deutsche den WM-Kampf im Cruisergewicht gegen Badou Jack aus Schweden bestimmte, verlor Mikaelian nach Punkten. Es war die dritte kontroverse Punktniederlage in seiner Karriere. Immerhin: Dank eines Protests beim Weltverband WBC bekommt der 34-Jährige noch dieses Jahr eine Revanche.

Im Interview mit sport.de blickt Noel Mikaelian auf den ersten Kampf gegen Jack zurück, berichtet von "dreckigen Tricks" der Strippenzieher in Saudi-Arabien und erläutert, warum der Rückkampf für ihn "easy work" wird. Auch zu Box-Influencer Jake Paul hat er eine klare Meinung.

Noel, Ihre umstrittene Punktniederlage gegen Badou Jack im Kampf um den WBC-Titel im Cruisergewicht ist jetzt rund drei Monate her. Wie haben Sie das Ganze verdaut?

Ich habe mich sehr gut erholt, weil ich die Erfahrung ja schon zweimal gemacht habe. Das ist jetzt das dritte Mal, dass ich bei einem großen Kampf beschissen wurde, das zweite Mal vom WBC und dieses Mal auch noch um einen Titel, der mir zu Unrecht entzogen wurde.

Sie haben den Kampf gegen Jack kurzfristig angenommen, hatten keine drei Wochen Vorbereitung. Wie schwer war das?

Es waren zweieinhalb Wochen Training, zwei Zeitzonen und dann haben die in Riad auch noch dreckige Tricks ausgepackt. Ich musste am Ende um fünf Uhr morgens kämpfen, obwohl im Regelmeeting angeordnet wurde, dass der Kampf vor zwei Uhr ist. Dementsprechend habe ich mich in den Tagen davor immer so eingestellt, bis drei, maximal vier Uhr aufzubleiben – und am letzten Tag musste ich dann um fünf Uhr kämpfen. Das ist 100 Prozent vom gegnerischen Lager eingefädelt worden. Aber das war nicht das Einzige, die haben alles Mögliche gemacht …

… was hat Ihnen noch missfallen?

Der Ringrichter! Jack hat mich immer wieder ins Auge gepikst, für Tiefschläge hat ihn der Ref nicht verwarnt. Mich hat er dagegen für jede Kleinigkeit verwarnt.

Ich bin also müde in den Ring gestiegen und trotzdem konnte mir Jack nichts anhaben. Die ganze Welt hat mich siegen sehen, außer die drei Punktrichter. Frank Warren (britische Promoter-Legende, Anm.d.Red.) hat von draußen in den Ring zu mir reingerufen. Er hat drei Finger gezeigt und meinte, ich hätte mit mindestens drei Runden gewonnen und solle die Hände hochreißen. WBC-Präsident Mauricio Sulaiman ist dann zu mir gekommen und hat vor der Verkündung des Urteils gesagt, ob er von mir 'Sportsmanship' sehen könne. Warum fragt er mich das? Da wusste ich schon, dass das ganze Ding nicht koscher und eingefädelt ist, auch mit Turki Al-Sheikh …

… der saudische Box-Mogul, der den Kampfabend veranstaltet hat …

Ja. Er war vor dem Kampf bei Jack in der Kabine, bei mir nicht, die waren auch zusammen in Mekka, haben die Fotos aber nicht gepostet. All diese Kleinigkeiten. In der Woche vor dem Kampf haben sie mich am Mittwoch noch drei Stunden zum Arzt geschickt, obwohl ich den Medizin-Check schon gemacht hatte, sollte ich das nachholen. Ich musste dreimal Gewicht machen in der Woche. Und doch haben diese ganzen Tricks Jack nicht geholfen: Ich habe ihn trotzdem geschlagen, obwohl ich müde war und nur zweieinhalb Wochen Trainingszeit hatte. Und jetzt habe ich die Revanche bekommen, weil wir beim WBC Protest eingelegt haben.

Boxen: Mikaelian wartet auf Bestätigung für Rematch-Deal

Sie hatte einige prominente Fürsprecher, die Sie nach dem Kampf vorne sahen.

Julio Cesar Chavez Senior, die mexikanische Box-Legende, ist zu mir gekommen und sagte: Du hast den Kampf gewonnen. Chavez Senior hat dann auch WBC-Boss Sulaiman persönlich angerufen und sein Wort dazu gesprochen. Jetzt habe ich das Rematch, fokussiere mich darauf. Mit einem richtigen Trainingscamp wird das dieses Mal easy work für mich.

Sie haben den Kampf mittlerweile sicher oft auf Tape gesehen. Zu welchem Urteil kommen Sie?

Ich sehe mich 9:3 oder 8:4-Runden vorne, also 117:111 oder 116:112. Ich habe die ersten fünf Runden alle gewonnen. Sechs und sieben hat Jack gewonnen, da war ich echt tot, das habe ich auch meinem Trainer Don Charles in der Ecke gesagt. Dann hat er mich aufgerüttelt und ich habe acht und neun gewonnen. Die Zehnte habe ich meines Erachtens auch gewonnen, elf er und zwölf wieder ich. Selbst wenn man Jack wegen seines Namens die ein oder andere Runde gibt, bin ich immer noch mit 115:113 vorne, so wie es auch der DAZN-Kommentator gesehen hat. Auch die Fan-Scorecards auf boxrec.com sind eindeutig. Ich habe Jack auch laut Statistik geschlagen, habe mehr Schläge abgegeben und mehr Treffer gelandet. Boxen ist treffen und nicht getroffen werden.

Gibt es trotzdem etwas, was Sie im Ring boxerisch besser machen hätten können?

Ich hätte sehr vieles besser machen können! Aber die Umstände waren eben so wie sie waren. Wann gab es in der Boxgeschichte schonmal einen Weltmeister, der einen WM-Kampf mit drei Wochen Vorbereitungszeit annimmt?

Wie sehen jetzt Ihre Pläne für den Revanchekampf aus, wie ist der Stand?

Das Rematch wurde angeordnet, die Verhandlungen laufen. Ich warte nur noch auf die Bestätigung des Datums und des Ortes. Mitte August muss der Deal stehen. Im Gespräch sind Dubai, England oder Los Angeles, wobei L.A. für mich wohl am besten wäre. Mal schauen. Ich warte auf die Bestätigung, dann geht es ab ins Trainingscamp – dieses Mal mindestens sechs, sieben Wochen. Und dann hole ich mir den Titel wieder!

Sie kennen das Geschäft – kann da noch etwas dazwischenkommen?

Es kann immer etwas dazwischenkommen, eine Verletzung oder vielleicht macht sich Jack in die Hose (lacht). Ich hoffe, ich komme verletzungsfrei durch die Vorbereitung und er auch, damit ich mir meinen Titel zurückholen kann.

Welche Rolle hat ihr Promoter Don King bei dem Protest an die WBC gespielt – war es da nochmal ein Vorteil, beim alten Paten unter Vertrag zu stehen?

Eigentlich nicht, wir haben den Protest direkt durch meinen Manager eingereicht. Don King ist nur sauer, dass ihn Turki Al-Sheikh über den Tisch gezogen hat, dass sein Kämpfer nach Punkten verloren hat. Ich kann aber Promotern nicht vertrauen. Wie gesagt: Julio Cesar Chavez hat angerufen, Frank Warren hat sich positioniert – das sind keine kleinen Leute. Thomas Pütz (Präsident des Bundes deutscher Berufsboxer BDB, Anm. d. Red.) hat mir erzählt, dass mich auch die Supervisor der anderen Weltverbände vorne hatten. All das hat dem Protest sicher geholfen.

Don King hat noch immer Einfluss. Aber es scheint, als wären Sulaiman und der WBC irgendwie ausgebrochen und zeigen Turki Al-Sheikh jetzt mehr Loyalität.

Video: Don King hält Boxer "wie kleine Püppchen"

Wie gehen Sie boxerisch die Revanche an?

Vor allem mit Konditionstraining. Vor dem ersten Kampf hatte ich nur dreimal Sparring, zweimal sechs, einmal zehn Runden. Dann werde ich auf Nummer sicher reingehen und so boxen, wie ich auch gegen Ilunga Makabu (bei Mikaelians WM-Sieg Ende 2023, d. Red.) geboxt habe – den Gegner einfach ausfuchsen. Ich bin schneller, größer als er und habe ihm auch wehgetan, einmal ist er ja fast in die Knie gegangen. Er wird wahrscheinlich dieses Mal sehr vorsichtig sein. Aber ich werde mir mit meinem Trainer schon was einfallen lassen. Mit einem normalen Trainingslager und Konditionstraining sollte die Sache dieses Mal easy peasy sein. Jack konnte mich in meiner schlechtesten Verfassung nicht schlagen – wie soll er mich in Bestform schlagen?!

Wollen Sie wieder mit dem englischen Starcoach Don Charles trainieren?

Nein, dieses Mal werde ich wahrscheinlich wieder mit meinem Heimtrainer Pedro Diaz trainieren. Ich bin letztes Mal zu Don Charles gegangen, weil er in London sozusagen auf dem Weg von den USA nach Riad war, und nur zweieinhalb Wochen Zeit war. Pedro Diaz hätte das nie gemacht, er hat mir davon abgeraten.

Noel Mikaelian zollt Jake Paul Respekt

Ist diese Revanche gegen Jack Ihre letzte Chance auf einen WM-Titel und die großen Pötte im Cruisergewicht?

Ach, das wird im Boxen immer so verkauft. Warum denn? Da sind so viele Kämpfe möglich. Ich glaube nicht, dass das meine letzte Chance ist.

Na ja, wenn Sie klar verlieren, sind Sie doch erstmal raus die nächsten Jahre …

… aber das wird ja nicht passieren! So stellen wir uns gar nicht ein. Failure is not an option!

Umgekehrt: Mit einem Sieg wären Sie wieder mitten in der Verlosung auf große Kämpfe gegen die anderen Weltmeister Jai Opetaia und Gilberto Ramirez …

Das wäre natürlich ideal. Vereinigungskämpfe. Sonst ist da ja nicht viel im Cruisergewicht. Oder Jake Paul (lacht).

Sie sprechen den YouTuber an. In den Medien war zu lesen, Don King habe einen Antrag von Jake Paul beim WBC verhindert, damit der Verband eine Ausnahme macht, und Paul einen WM-Kampf gestattet. Was war das für eine Nummer?

Keine Ahnung, Don hat mich angerufen und mir gesagt, dass man mir anbiete, für Step-aside-Money auf den WM-Kampf zu verzichten. Jake Paul hat dann ja auch ein Statement herausgegeben, dass das eine Lüge sei. Jetzt muss man schauen, wer die Wahrheit sagt. Ich kenne Jake Pauls Ex-Trainer, mit dem ich befreundet bin. Daher weiß ich: Paul hat kein Interesse gegen mich zu boxen, aber vielleicht sieht er bei Badou Jack ja eine Chance.

Aber Ihnen persönlich lag kein Angebot auf dem Tisch, für Betrag X auf die Revanche gegen Jack zu verzichten, wie es Don King verbreitet hat?

Nein, das lag nicht auf dem Tisch.

Was halten Sie von Jake Paul, einem Social-Media-Star, der bisher fast nur gegen alte Herren geboxt hat und jetzt von Oleksandr Usyk bis Anthony Joshua jeden herausfordert?

Das ist doch alles nur Vermarktungs-Strategie! Er hält sich bei seinen Kämpfen geradeso über Wasser, dass er bei den echten Leuten auftauchen kann und die sehen, dass er dort ist, mitten im Geschehen. Eine schlaue Vermarktung.

Angenommen, Paul würde mit Ihnen im Ring stehen – würden Sie mit ihm nicht Katz und Maus spielen?

Doch, ja. Jake Paul ist sehr gut geworden. Er kann boxen, aber er ist noch nicht einmal ein B-Level-Boxer. Sein letzter Kampf gegen Julio Cesar Chavez Junior war wahrscheinlich auch arrangiert, man hat in der letzten Runde ja gesehen, dass sich Chavez da zum Teil zurückhalten musste. Jake Paul ist ein sehr guter Promoter, wahrscheinlich zurzeit sogar der Beste überhaupt. Deswegen muss man ihm Respekt zollen, ich ziehe meinen Hut vor ihm, er weiß, wie man Kohle macht.

Mit Noel Mikaelian sprach Martin Armbruster

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