Für eine Ablösesumme von angeblich 75 Millionen Euro sichert sich der FC Bayern die Dienste von Luis Diaz vom FC Liverpool. Ist der Kolumbianer seine Ablöse auch wert? Oder ist er nur ein viel zu teurer Versuch von Sportvorstand Max Eberl, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen? Ein Pro und Contra.
PRO: Der FC Bayern hat das Beste aus seiner Situation gemacht
Bei Plan A (Florian Wirtz), Plan B (Nico Williams) und Plan C (Bradley Barcola) war der FC Bayern leer ausgegangen, dennoch kann bei Luis Diaz keinesfalls von einer Notlösung die Rede sein. Der Nationalspieler aus Südamerika stellte seine herausragenden Fähigkeiten schließlich zuletzt über Jahre hinweg in der Premier League beim FC Liverpool unter Beweis.
Es ist viel mehr ein echtes Ausrufezeichen des deutschen Branchenprimus, einen unbestrittenen Leistungsträger vom englischen Meister an die Säbener Straße locken zu können.
Die Reds verlieren im 28-Jährigen nicht weniger als einen Unterschiedsspieler, der mit 13 Toren und sieben Vorlagen maßgeblichen Anteil an der ersten Meisterschaft seit 2020 hatte.
Klar, 75 Millionen Euro sind viel Geld - insbesondere für einen Spieler, der aus dem Talente-Alter schon längst herausgewachsen ist, nur noch zwei Jahre unter Vertrag steht und recht offensiv seine Wechselabsichten kommuniziert hat. Doch der Preis war für die Führungsetage des FC Bayern um Sportvorstand Max Eberl wohl alternativlos.
Schließlich ist die Not auf den Flügeln nach dem Abgang von Leroy Sané groß. Dass die Suche nach einem Ersatz von Absagen und Pleiten geprägt war, ist auch anderen Klubs nicht entgangen. Auf Preisnachlässe konnten die Münchner von der internationalen Konkurrenz daher wohl kaum setzen.
Dass der FC Bayern nicht die zunächst geforderten 100 Millionen Euro auf den Tisch legen musste, kann somit schon als Eberl-Erfolg gewertet werden. Hinzu kommt: Was sind die Alternativen der Münchner? Wo findet man schon einen Spieler wie Diaz, der über so viel Premier-League -und Champions-League-Erfahrung verfügt, für diesen Preis?
Von dem Team wird nach einer durchwachsenen Saison mit "nur" einem Titel eine Steigerung erwartet - dafür muss die Qualität im Kader steigen. Ein erster Schritt ist mit der Verpflichtung des Linksaußen definitiv getan.
Jannis Bartling
CONTRA: Der FC Bayern pustet viel zu viel Geld in den Wind
Vorweg: Luis Diaz ist sicherlich ein toller Spieler, ein harter Arbeiter, der die Außenbahn intensiv beackert und das Potenzial hat, sich in die Herzen der Fans zu spielen, weil er auch nach vorne einiges drauf hat. Keine Frage! Aber ist das am Ende bis zu 75 Millionen Euro wert, für einen Spieler, der Anfang nächsten Jahres schon 29 Jahre alt wird?
Viel mehr beschleicht mich das Gefühl, dass der FC Bayern nun unbedingt einen Statement-Transfer brauchte. Nach dem Motto: Seht her! Wir haben einen recht großen Namen von einem sehr großen Klub geholt und dafür sehr viel Geld in die Hand genommen. Ein bisschen erinnert das Ganze an die Verpflichtung von Sadio Mané. Und wie das damals ausging, ist ja bekannt.
Warum hat man sich die 75 Millionen Euro nicht gespart und einem der hoffnungsvollen Nachwuchs-Stars eine Chance gegeben? Allen voran dem 17-jährigen hochtalentierten Lennart Karl oder dem 20-jährigen Neuzugang Tom Bischof?
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Der Ausfall von Jamal Musiala bis Jahresende wäre die große Chance gewesen, mit vergleichsweise kleinem Risiko mal eine andere Art von Statement zu setzen, einen Wink in Richtung des Campus und der Youngster zu geben und zu zeigen: Hier ist eure Chance, wir vertrauen euch! Immerhin kommt ihr aus der Nachwuchsschmiede eines der besten Klubs der Welt.
Wie und wo sollen sich die neuen Müllers, Lahms und Co. denn sonst in den Vordergrund spielen? Jene Top-Talente, die später mal 75 Millionen Euro (und mehr) einbringen könnten und nicht 75 Millionen Euro kosten.
Mit Serge Gnabry und Kingsley Coman wäre der linke Flügel zudem gut genug besetzt gewesen, die rechte Seite mit Michael Olise sowieso.
Schade, dass nicht nur der Mut fehlte, der Jugend eine Chance zu geben, sondern nun auch mehr als 100 Millionen Euro fehlen, die mehr oder weniger in den Wind geschossen wurden.
Denn Entwicklungs- und damit Weiterverkaufspotenzial besitzt Diaz wohl nicht mehr - anders als beispielsweise der 23-jährige Woltemade, wo die Millionen am Ende im Zweifel sicherlich besser aufgehoben gewesen wären.
Chris Rohdenburg